31.07.09
Ein mögliches Interview mit Ulla Schmidt
Zu politischen Einsichten und der Logik von Recht und Gesetz in der Politik
Manchmal gelten für politische Einsichten und die Logik in der Politik besondere Gesetze, die sich nicht jedermann sofort offenbaren. Dies könnte auch im Fall der so genannten Dienstwagenaffäre von Ulla Schmidt zutreffen. Das nachfolgende erfundene Interview will dies veranschaulichen.
Frage: Frau Ministerin, warum haben Sie ihren Dienstwagen mit Chauffeur nach Alicante kommen lassen?
Ministerin: Als Ministerin habe ich einen Anspruch darauf, jederzeit meinen Dienstwagen bei mir zu haben. Das Gesetz macht für Spanien keine Ausnahme. Und zum Dienstwagen gehört auch der Chauffeur.
Frage: Frau Ministerin, kostet das den Steuerzahler nicht recht viel Geld, wenn Sie Ihren Dienstwagen durch halb Europa fahren lassen?
Ministerin: Nein, das kostet nicht viel. Mein Ministerium hat ausgerechnet, dass der Sprit gerade mal 500 Euro kostet.
Frage: Frau Ministerin, und wie ist eine solche weite Autofahrt unter ökologischen Gesichtspunkten und der CO2-Belastung zu bewerten?
Ministerin: Wie Sie wissen, bin ich im Kabinett nicht für Ökologie zuständig. Das müsste mein Kollege, Herr Gabriel, beantworten. Der kennt sich da, glaube ich, besonders gut aus und ich möchte mich nicht in seine Zuständigkeit einmischen.
Frage: Ja, Frau Ministerin, der macht es ähnlich wie Sie. Herr Gabriel fährt mit der Bahn und lässt seinen Chauffeur mit dem leeren Fahrzeug neben her fahren. Damit zeigt er sein Umweltbewußtsein und hat trotzdem sein Fahrzeug immer dabei ...
Ministerin: Ja sehen Sie, so habe ich das doch auch gemacht. Ich bin mit dem Flugzeug geflogen und mein Chauffeur ist auch mit dem leeren Fahrzeug hinterher gefahren. Man kann mir schließlich nicht vorwerfen, dass das Fahrzeug nicht im Flugzeug mitfliegen kann. Im Übrigen: Wenn das der Umweltminister auch so macht, muß das dann ja auch ökologisch sein. Ich glaube, damit ist Ihre Frage doch schlüssig beantwortet.
Frage: Nicht ganz, Frau Ministerin, denn Ihr Fahrzeug war ja nicht leer. Es fuhr doch der 15-jährige Sohn ihres Chauffeurs mit und ...
Ministerin: Das macht doch überhaupt keinen Unterschied. Der Sprit kostet deswegen gleich viel. Der Preis an den Zapfstellen ist unabhängig davon, wieviele Leute in einem Auto sitzen.
Frage: Ja, das schon, aber wieso fuhr der Sohn überhaupt mit auf Dienstfahrt nach Spanien. Was, wenn dem Sohn unterwegs bei einem Unfall etwas zugestoßen wäre. Wer wäre dann für die Folgen aufgekommen? Sie oder der Steuerzahler?
Ministerin: Diese Frage stellt sich nicht. Unser Gesundheitssystem bietet unseren Bürgern umfassende Leistungen. Dafür stehe ich als Ministerin für Gesundheit. Und da darf für den Sohn meines Chauffeurs schließlich keine Ausnahme gemacht werden.
Frage: Gut, Frau Ministerin, das sehen wir durchaus ein, aber gilt das auch für eine solche Fahrt nach Spanien?
Ministerin: Natürlich gilt das auch in Spanien. Spanien gehört doch zur EU und der Gesundheitsschutz muß EU-weit gelten, schon wegen der Anti-Diskriminierungsrichtlinie der EU. Kein Bürger darf aufgrund seiner Herkunft, Rasse usw. diskriminiert werden. Das gilt für alle Menschen, auch den Sohn meines Chauffeurs.
Frage: Frau Ministerin, gilt diese EU-Richtlinie auch in Deutschland? Nicht wenige Ärzte fühlen sich durch Sie diskriminiert.
Ministerin: Natürlich gilt das auch für Deutschland, aber Ärzte fallen meines Erachtens nicht unter diese Richtlinie. Sie sind zumindest nicht dort aufgeführt, nur die Herkunft, die Rasse, Religion, oder die sexuelle Orientierung gehören dazu. Da fallen Ärzte also nicht drunter. Deswegen können sie auch nicht diskrimiert werden.
Frage: Frau Ministerin, demnach können also auch Politikerinnen nicht diskriminiert werden?
Ministerin: Doch, die fallen auch darunter. Denn in der Richtlinie steht auch, dass niemand wegen seiner politischen Anschauung diskriminiert werden darf. Auch die politische Orientierung darf also nicht diskriminiert werden. Und wie Sie gerade in meinem Fall sehen, werde ich wegen meiner politischen Anschauung, dass mir auch im Urlaub mein Dienstwagen jederzeit zur Verfügung stehen muß, ganz erheblich diskriminiert. Ich finde dies ungerecht, denn ich habe völlig nach Recht und Gesetz gehandelt. Jede Fahrt wird ganz korrekt im Fahrtenbuch eingetragen, auch im Urlaub. Und damit hat alles seine Richtigkeit.
Frage: Frau Ministerin, trotzdem hat Sie der Kanzlerkandidat der SPD noch nicht in sein Kompetenzteam gerufen. Warum nicht?
Ministerin: Das ist einfach erklärbar. Er konnte noch nicht mein Fahrtenbuch nachprüfen. Ich bin überzeugt, wenn er mein Fahrtenbuch selbst einmal gesehen hat, wird er von meiner Kompetenz überzeugt sein. Jeder muß sachlichen Argumenten zugänglich sein. Nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch Walter Steinmeier.
Frage: Ja, schon Frau Ministerin, aber manchmal müssen sich sachliche Argumente auch politischen Einsichten beugen. Gilt das nicht für Ihren Fall?
Ministerin: Nein, denn mein Fahrtenbuch ist politischen Einsichten unzugänglich. Hier geht es um Recht und Gesetz, und das muss auch die Politik beachten. Ich stehe in der SPD für Recht und Gesetz. Das wird auch künftig so bleiben. Ich bin deswegen auch ganz sicher, dass mich Walter Steinmeier bald in das Kompetenzteam aufnehmen wird. Denn gerade auf dem Gebiet von Recht und Gesetz ist Kompetenz unverzichtbar. Das habe ich ja schließlich jahrelang in meiner Politik im Gesundheitswesen immer wieder nachgewiesen.
Frau Ministerin, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch.