06.11.08
Gutachter, Richter in Weiß, und Behördenmitarbeiter, vor denen die Kinder Angst bekommen
(MEDRUM) Die Rolle von Gutachtern wird besonders im Streitfall "Kinder, Sorgerecht und Jugendamt" immer wieder zum Gegenstand von Kontroversen. Im Interview in einem Film zum Thema "Jugendfürsorge" beschreibt ein Gutachter seine Rolle als die eines "Richters in Weiß" und Helfers des Gerichtes, für den Eltern ein Problem seien, die als Querulanten streiten, aber nicht sähen, wie die Kinder immer mehr Angst bekämen.
Der Gutachter, ein Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie, erläuterte solche gutachterlichen Aufgaben mit den Worten: "Wir sind Helfer des Gerichtes als Sachverständige und diese Familienrechtsbegutachtungen sind gerichtsöffentlich, aber nicht öffentlich für das Publikum, für die große Öffentlichkeit. Das heißt: Wir dürfen nicht unsere Dinge nach außen tragen. Und es ist so, dass wir oft auch gefragt werden oder dass wir also Gegenwind bekommen von Lobbyisten. Eine Lobby ist zum Beispiel, sind Väter, die glauben, dass jetzt Ihr Umgangskontakt, der eingeschränkt wurde oder vielleicht sogar ausgesetzt wurde, dass sie diese Situation jetzt erleiden mussten, weil der Sachverständige, als Richter in Weiß, ihnen die Erziehungs- oder Umgangskontaktfähigkeit abgesprochen hat. Und dann ist es besonders problematisch, wenn solche Elternteile persönlichkeitsgestört sind. Wenn es sich um Personen handelt, die eine Persönlichkeitsstörung haben, die Querulanten sind, die, sag ich mal Michael Kohlhaas artig von Pontius zu Pilatus gehen und immer weiter streiten und gar nicht sehen können, dass das, was sie jetzt tun, dazu führt, dass die Kinder immer mehr Angst bekommen."
Natürlich dachte der Gutachter bei diesen Ausführungen verständlicherweise nicht an Jugendämter, sondern an "querulierende" Väter aus seiner Erfahrungspraxis aus Sorgerechtsverhandlungen. Dabei geht es ja eben nicht um Mitarbeiter eines Jugendamtes, denen das Sorgerecht durch ein Gericht entzogen werden soll, sondern um Väter und Mütter, wie es im Fall der Familie Gorber geschehen ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt nur einen Paragraphen 1666, nach dem Eltern Sorgerechte entzogen werden können, nicht aber einen vergleichbaren Paragraphen, nach dem Jugendämtern ihre Befugnisse, Sorgerechte wahrzunehmen, weggenommen werden können.
Wer allerdings mit dem Fall der Familie Gorber aus Überlingen vertraut ist, dem wird vermutlich schnell deutlich, dass hier die Verhältnisse wohl umgekehrt liegen und es eigentlich auch einen Paragraphen geben müsste, nach dem Eltern beantragen können, einem Jugendamt das Sorgerecht für ihre Kinder zu entziehen. Die Feststellungen des Gutachters scheinen in diesem Fall nämlich auf diejenigen Personen zuzutreffen, die die Gorber-Kinder in einer Blitzaktion den Eltern entrissen und sie in Gewahrsam genommen haben. Keines der betroffenen Kinder oder der Elternteile hat auch nur geringste Spuren einer Einfühlsamkeit empfunden, die der Gutachter im Interview mit Recht zumindest indirekt reklamiert hat. Seine Botschaft: Was geschieht, darf nicht auf dem Rücken von Kindern ausgetragen werden!
Bei den Gorber-Kindern ist erkennbar, dass es nicht gelungen ist, dieses Prinzip zu wahren. Anders als bei einem chirurgischen Eingriff haben die Gorber-Kinder die ihnen widerfahrenen Operationen der Behördenseite keinesfalls als hilfreich oder heilsam sondern als äußerst schmerzhaft erfahren. Während Chirurgen bei einem Eingriff stets auf Einwilligung des Patienten angewiesen und um minimalinvasive Eingriffe und möglichst große Schmerzvermeidung oder wenigstens Linderung bemüht sind, haben die Gorber-Kinder bei den behördlichen Eingriffen in ihren Lebensweg Gegenteiliges empfunden. An ihnen wurde auf Verdacht und gegen ihren Willen herumoperiert. Keines der Gorber-Kinder hat diese Eingriffe gewollt, keines der Gorber-Kinder hat diese Eingriffe eingesehen oder ihnen je zugestimmt. Jedes der Gorber-Kinder wollte nichts sehnlicher als zu den Eltern und in die Familie zurückkehren, und vor allem die jüngeren Gorber-Kinder haben unter diesen Eingriffen massiv gelitten. Sie haben auch Ängste ausstehen müssen, die einigen von ihnen schlaflose Nächte und erhebliche Frustrationen bereitet haben, teilweise derart stark, dass sie traumatische Formen annahmen.
Für die Schmerztherapie und Beseitigung der Folgen sind de facto nun die Eltern zuständig. Bei ihnen suchen die Kinder Heilung. Es spricht vieles dafür, dass im Fall der Familie Gorber die Behördenmitarbeiter die Rolle querulierender Väter eingenommen haben, die nicht einsehen wollten und wollen, dass ihr Eingreifen nicht kindeswohlgerecht war, ganz so, wie der Gutachter im Interview für Väter feststellte: Sie haben gar nicht sehen können, dass das, was sie getan haben, dazu geführt hat, dass die Kinder immer mehr Angst bekamen (Ergänzung der Redaktion: und vermutlich auch nicht sehen wollen).
Im Fall der Gorber-Kinder ging die Angst oder Ablehnung von Kinderheim und Jugendamt sogar so weit, dass sie am Ende auch dem Gutachter selbst teilweise mit ablehnender Distanz begegnet sind. Sie haben weder Kinderheim, noch Jugendamt, noch Gutachter als Helfer, sondern als Übel empfunden, denen sie sich ohnmächtig ausgesetzt sahen. Diese Empfindung brachte eine der jüngeren Gorber-Töchter bei einer so genannten Königin-Frage des Gutachters markant auf den Punkt: „Stelle dir vor, du wärest einen Tag lang Königin, könntest befehlen, diese Befehle müssten ausgeführt werden, was würdest du befehlen?", hieß die Frage. Ihre Antwort lautete: „Dass es kein Kinderheim mehr gibt, kein Jugendamt und keine Richter und keinen Streit." Die Antwort des Mädchens spricht Bände. Sie ordnet die Rolle des Querulanten nicht den Eltern, sondern Kinderheim und Jugendamt zu. Auch die Antwort einer anderen Gorber-Tochter ist aufschlußreich. Auf die Frage, welche Wünsche sie habe, antwortete sie, sie wünsche sich, dass Psychiater abgeschafft werden, und dass die Stunde bald zu Ende sei (gemeint die Befragung beim Gutachter). Es ist aufschlussreich und tröstlich zugleich, dass diese Erkenntnisse im Verlauf der Begutachtung gesammelt und festgehalten wurden.
Auch wenn im Fall der Gorber-Kinder vom Gutachter selbst aus solchen Befunden nicht die offenkundigen Schlüsse gezogen wurden, besteht zumindest Grund zur Hoffnung, dass der Richter den streitenden Personen des Jugendamts durch seinen Beschluss Einhalt gebieten wird. Denn auf eine Wandlung von Jugendamtsansichten wie bei Dostojewskis Romanfigur Raskolnikow besteht derzeit wohl keine Aussicht, obwohl das Gutachten des Tübinger Professors zwar keine direkten, aber durchaus deutliche, indirekte Anstöße dafür geben könnte. Daher kann vom Richter, als einer unabhängigen, rechtsprechenden und umsichtigen Instanz, durchaus die Einsicht erwartet werden, dass die Eingriffe der Vergangenheit im Fall der Gorber-Familie zu Ängsten und Belastungen bei den Kindern geführt haben, die sich nicht fortsetzen dürfen. Kinder und Eltern verbinden deshalb mit der Verhandlung des Familiengerichtes am 12. November verständlicherweise die Erwartung, dass das Ende der Schrecken und Ängste nun richterlich besiegelt werden wird.
Der Film "Jugendfürsorge" ist im Internetportal des österreichischen Nachrichtenmagazins "X-Large" unter URL www.xlarge.at/?page_id=351 abgelegt.
Zum Fall Familie Gorber:
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