16.09.13
Kein glanzvoller Sieg der CSU
Ein Zwischenruf zum Ergebnis der Landtagswahl in Bayern
(MEDRUM) Die CSU kann wieder ohne Koalitionspartner in Bayern die Regierungsbank übernehmen. Sie ist nicht nur stärkste Partei geblieben, sondern hat 2013 auch eine absolute Mehrheit der Sitze im bayerischen Landtag erreicht. Die Kommentatoren werten das Wahlergebnis überwiegend als großen, manche auch als historischen Erfolg. Seehofer sei der Sonnenkönig der CSU. Doch übersehen oder verdecken solche überschwenglichen Wertungen einige Schattenseiten des Wahlerfolges. Denn Seehofers Ergebnis ist kein glanzvoller Sieg und könnte schnell verblassen, wie genaueres Hinsehen zeigt.
47,7% für die CSU
Wer in die Geschichte der bayerischen Wahlen zurückblickt, kann unschwer feststellen, dass die CSU bei den Landtagswahlen seit 1970 meist weit über 50% der gültigen Stimmen erzielte (zwischen 52,8 und 62,5%). Davon gab es nur eine Ausnahme: die Wahlen 2008, bei denen die CSU große Verluste zu verbuchen hatte und nur 43,4% der Stimmen erreichte.
So gesehen ist das gestrige Ergebnis von 47,7% nach Auszählung von 90 aus 90 Stimmkreisen (02.14 Uhr, Tabelle links) zwar eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu 2008 (+4,3%), führt die CSU aber trotz absoluter Mehrheit der Sitze im künftigen Landtag längst nicht in früher gewohnte Höhen zurück. Der Zugewinn der CSU hat insgesamt eher bescheidene Ausmaße. Das Wahlergebnis, das die CSU unter Seehofer jetzt erzielte, ist immerhin das zweitschlechteste Ergebnis seit 1970 und daran gemessen alles andere als ein glanzvoller Sieg. Sehr viel besser als Becksteins Ergebnis (43,4%), der nach Stoibers vorzeitigem Abgang als Ministerpräsident nur ein Jahr Zeit hatte, die Wähler für sich zu gewinnen, ist Seehofers Ergebnis nach fast fünf Jahren Regierungszeit nicht.
Der erste Schein trügt also. Superlative sind unangebracht. Der "Super-Horst" (SPIEGEL) ist bei genauerem Besehen kein Super-Seehofer, auch kein "Sonnenkönig der CSU" (dpa), sondern ein Seehofer, der nicht zuletzt vor allem vom schlechten Ergebnis der FDP profitiert, die, ersten Wahlanalysen zufolge, mit einem Stimmenverlust von fast 5 Prozentpunkten den größten Teil ihrer Wähler an die CSU verloren haben soll. In Seehofers Glanz spiegelt sich der Niedergang der bayerischen FDP wieder.
Stimmenverlust für Schwarz-Gelb von 0,4 Prozentpunkten - Zugewinn von 2% für SPD
Vor allem mit Blick auf Berlin darf das Landtagswahlergebnis keine Euphorie bei CSU, CDU und FDP aufkommen lassen. Denn rechnet man die Stimmen von CDU und FDP zusammen, haben die in Berlin regierenden bürgerlichen Parteien im Vergleich zu 2008 nicht zugelegt. Sie hatten 2008 einen Stimmenanteil von 51,4% und liegen jetzt nur noch bei 51,0%. De facto aber zählen nur die Stimmen der CSU, denn die 3,3% Stimmen für die FDP sind ein Opfer der 5%-Hürde und haben kein Gewicht. Rechnet man nur die Stimmen, die tatsächlich im Landtag vertreten sein werden, hat das christlich-liberale Regierungslager nicht nur keinen Stimmenanteil hinzugewonnen, sondern sogar deutlich verloren. CSU und FDP hatten zusammen 107 von 187 Sitzen, die CSU kommt jetzt auf 101 Sitze, die FDP ist nicht mehr im Landtag vertreten. Und festgehalten werden kann auch, dass Steinbrück recht hat, wenn er sagt: "Die SPD hat zulegen können." Die SPD konnte sich um 2 Prozentpunkte von 18,6 auf 20,6% verbessern. Das alles könnte auch in Berlin passieren. Deshalb sind Siegesposen in Bayern zwar verständlich, mit Blick auf den Bund aber alles andere als angebracht. Hinzu kommt: Das Gewicht der CSU im Bund zählt nur, solange sie zusammen mit der Schwesterpartei CDU an der Regierungsverantwortung der beteiligt ist. Ein "Super-Horst", der in Berlin mitreden will, könnte schnell zu einem Landespolitiker werden, dessen Rufe bei einer rot-grünen Bundesregierung in der Bedeutungslosigkeit verhallen.
Sind wir wieder da oder dann erst mal weg?
Erst am Wahlabend der Bundestagswahl wird Klarheit bestehen, was Seehofers heutiger Wahlerfolg wirklich wert sein wird. Rot-Grün wird in den nächsten Tagen alles daran setzen, den dünnen Vorsprung, den die christlich-liberale Koalition in den letzten Umfragen auf Bundesebene noch hatte, zum Einsturz zu bringen. Dabei hilft ihr auf Bundesebene noch zusätzlich der Aderlaß von CDU und FDP an die Anti-Euro-Partei AfD. Sollten es weder FDP noch AfD schaffen, in den Bundestag einzuziehen, werden die Chancen von Rot-Grün zum Machtwechsel in Berlin groß sein. Der vermeintliche Glanz von Seehofers Erfolg in Bayern wird dann binnen Stunden verblassen. Ob die CSU also auch nach der Bundestagswahl immer noch sagen wird, "wir sind wieder da", oder dann nicht gleichermaßen sagen muss, "wir sind dann erst mal weg", bleibt die spannende und letztlich entscheidende Frage.