23.10.21
AfD-Abgeordnete bei Gesinnungsprüfung eines Hotels der Amanigroup durchgefallen
Bundestagsabgeordnete Dr. Christina Baum wird in Berliner Hotel als unerwünschte Person behandelt
(MEDRUM) Was praktizierte Weltoffenheit und gelebte Diversität bedeuten kann, erfuhr vor einigen Tagen eine frei gewählte Abgeordnete des deutschen Volkes. Sie musste sich von einem Hotel in Berlin damit konfrontieren lassen, dass Buchungen von ihr aufgrund ihrer "Gesinnung" unerwünscht sind.
Richter über "richtige" und "falsche" Werte
Rechtsstaatliche Prinzipien und die Werte der Europäischen Union werden immer wieder intensivst beschworen. Bürger der Bundesrepublik Deutschland könnten daher davon ausgehen, dass die dazu gehörigen Freiheitswerte nicht nur von staatlichen, sondern auch nichtstaatlichen Stellen und im allgemeinen Wirtschaftsleben respektiert werden. Doch das ist nach Überzeugung nicht weniger Kritiker längst nicht immer der Fall. Selbst eine frisch in den Deutschen Bundestag gewählte Abgeordnete und noch praktizierende Zahnärztin, Dr. Christina Baum, musste nun die Erfahrung machen, dass sie nach Auffassung eines Hotels nicht die "richtige" Gesinnung und Weltanschauung hat. Ihre Meinungsfreiheit findet ihre Schranken in dem, was für die Hotelleitung die "richtigen" menschlichen Werte der Hotelgäste sein sollen. Sie soll deshalb von Buchungen Abstand nehmen.
Das Hotel teilte dem Mitglied des Deutschen Bundestages, Dr. Christina Baum (AfD), mit:
"Wie Sie bestimmt wissen, steht die AMANO Group für eine weltoffene Gesellschaft und gelebte Diversität. Als Gruppe mit jüdischen Wurzeln gehört dies zu unseren Grundpfeilern des Unternehmens. In unseren Hotels, Restaurants und Bars beschäftigen und beherbergen wir Menschen mit verschiedensten kulturellen Hintergründen, egal ob Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität.
Wie Sie sicher verstehen, werden immer nach einer Bundestagswahl die Bundestagsabgeordnete von unserer Seite recherchiert, damit uns keine Fehler, in Bezug auf die Voraussetzung zur Buchung der Bundrate, unterläuft, da alle Abgeordneten des Deutschen Bundestags berechtigt sind die Sonderkonditionen des Bundes zu buchen.
Nachdem wir auch Ihren Namen recherchiert haben, sahen wir, dass Sie gegen Diversität in Religion und sexuelle Orientierung stehen, zudem die AMANO Group steht, was wir außerordentlich bedauern! Da Ihre Weltanschauung und menschlichen Werte sehr von der AMANO Group unterscheiden, bitte wir Sie, nach dem bereits gebuchten Aufenthalt, von zukünftigen Reservierungen in unseren Häusern abzusehen."
Dass Menschen in in Deutschland nicht aufgrund ihrer politischen Anschauung benachteiligt werden dürfen, scheint für die Hotelleitung kein leitendes Handlungsmotiv zu sein. Sie hält es für wichtiger, nur solche Personen als Gäste zu behandeln, deren politische Anschauungen mit denen der Hotelleitung konform sind. Abweichende politische Anschauungen werden der Abgeordneten Baum nicht zugebilligt. Es bleibt jedoch unklar, wie die Hotellleitung zu ihrem Urteil gelangt ist.
Die Werte der Abgeordneten und ihre Reaktion
Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, wie die Abgeordete reagiert hat. Sie hat sich mit folgenden Zeilen an das Hotel gewandt:
"Ihre Antwort zeugt von einer solch unglaublichen Doppelmoral, dass ich mir erlaube, sie zu veröffentlichen.
Sie stellen sich moralisch überhöhend, mich dabei diskriminierend und herabwürdigend, über einen Menschen, den sie überhaupt nicht kennen, postulieren für sich und Ihr Hotel gleichzeitig aber Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz.
Durch Ihre Abweisung meiner Person verstoßen Sie gravierend gegen unser Grundgesetz Art. 3, Abs. 3, in dem es heißt: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seine Abstammung […] seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Dazu kommt Ihre gänzlich unbewiesene Behauptung, dass ich „gegen Diversität in Religion und sexueller Orientierung stehe“ und unterstellen mir irgendeine Weltanschauung und (negative) menschliche Werte.
Sie sind anscheinend nicht in der Lage, Kritik an bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungen von einer, wie auch immer für Sie sich darstellenden, Weltanschauung zu unterscheiden.
Ich habe interkulturelle Verständigung schon gelebt, da waren Sie noch nicht einmal geboren. Seit 42 Jahren arbeite ich nun schon als praktizierende Zahnärztin, habe in dieser Zeit Diktatur und wahre Demokratie erlebt und dabei Menschen aus aller Herren Länder und mit vielen verschiedenen religiösen Anschauungen gleichermaßen nach bestem Wissen und Gewissen behandelt.
Meine menschlichen Werte wurden mir durch eine humanistische Erziehung meiner Eltern vermittelt, die Sie offensichtlich nicht mal ansatzweise verinnerlicht haben.
Sie sind der typische Vertreter unserer selbsternannten Demokraten, die in Wahrheit einen der wichtigsten Grundpfeiler einer Demokratie, den offen geführten Meinungs- und Ideenwettstreit, mit Füßen treten und durch Diskriminierung, Stigmatisierung bis hin zur Ausgrenzung versuchen, Menschen einzuschüchtern und mundtot zu machen.
In meinem Fall bedeutet Ihre Entscheidung, dass ich an der Ausübung meines Mandates und damit meines Wählerauftrages behindert werde.
Sie haben sicher Verständnis dafür, dass ich meine Reservierung hiermit storniere, Sie wegen Diskriminierung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes melde und Ihre Mail sowie meine Antwort in die Welt hinaustragen werde."
Hintergrund zur Politikerin Baum
Christina Baum wuchs in der DDR auf. Sie hatte 1985 aus politischen Gründen einen Ausreiseantrag gestellt, der 1989 genehmigt wurde. Noch vor dem Mauerfall, den sie zum Zeitpunkt ihrer Ausreise überhaupt nicht erwartet hatte, kehrte sie der DDR den Rücken und fand in der Bundesrepublik Deutschland ihre neue Heimat. 2013 wurde sie Mitglied in der AfD und kann aufgrund ihrer bisherigen politischen Tätigkeit dem eher rechten bzw. konservativen Flügel der AfD zugeordnet werden. Sie fand 2020 Erwähnung im Verfassungsschutzbericht von Baden-Württemberg. Dort heißt es: "Nach eigener Aussage auf dem „Süddeutschen Flügeltreffen“ am 4. Mai 2019 in Greding/Bayern ist die Landtagsabgeordnete Christina Baum die baden-württembergische Vertreterin des „Flügels“". Was ihr konkret vorgeworfen wird, bleibt dem Leser verborgen.
Zu Ihrer Biographie und politischen Motivation sagt die Mandatsträgerin selbst:
"Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen und habe in dieser Diktatur erfahren müssen, was es bedeutet, seine Meinung nicht offen äußern zu können. Nach meiner Ausreise habe ich erlebt, wie wunderbar das Leben sein kann, wenn man wirklich frei ist. Und genau diese Freiheit sehe ich für meine Tochter und Enkelkinder in Gefahr ..."
Baum beschreibt sich selbst als Idealistin, die keine Scheu vor politischen Auseinandersetzungen hat, wenn es darum geht, die vom Grundgesetz garantierten freiheitlichen Werte auch zu leben.
Nachdem sie von 2016 bis 2021 Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg war und sich der Gesundheitspolitik zugewandt hatte, ihr Mandat aber bei der Landtagswahl 2021 verlor, gelang es ihr nun bei der Bundestagswahl über Platz 8 der Landesliste Baden-Württemberg in den Bundestag einzuziehen. Ihr Erststimmenanteil im Wahlkreis Odenwald-Tauber betrug 12,3 % und lag somit leicht über dem dortigen Zweitstimmenanteil von 12,0 %. Das Stimmenergebnis im Wahlkreis von Christina Baum lag damit deutlich über den Ergebnissen des Bundeslandes Baden-Württemberg, in dem der Erststimmenanteil durchschnittlich 9,4 % betrug und der Zweitstimmenanteil bei 9,6 % lag. Doch das erfolgreich erworbene Bundestagsmandat half ihr nun bei der Amanigroup wenig. Sie fiel bei der dortigen Gesinnungsprüfung durch.
Amanigroup und Erdoğan
Da Christina Baum freimütig darüber informierte, wie die Amanigroup mit ihr umgegangen war, hatten sich zahlreiche Mitbürger kritisch an das Berliner Hotel gewandt. Weder kritische Stimmen, noch das oben wiedergegebene Schreiben von Christina Baum an die Hotelleitung hat das Hotel bis heute zum Anlass genommen, von seiner Haltung abzurücken oder sich gar zu entschuldigen, wie Baum gegenüber MEDRUM feststellte. Die Abgeordnete muss sich derzeit damit abfinden, in der Amanigroup als unerwünschte Person behandelt zu werden. Ihr geht es also ähnlich wie dem deutschen Botschafter in der Türkei, der vom türkischen Präsidenten als unerwünschte Person bezeichnet wurde, der die von Recep Tayyip Erdoğan auferlegte Gesinnungsprüfung nicht bestanden hat. Auch der türkische Präsident wird sein Urteil wohl kaum revidieren. Die in der nächsten Woche neu einziehende Abgeordnete des Deutschen Bundestages befindet sich also in ehrenwerter Gesellschaft.
Hotel AMANO 10119 Berlin, Internet: Internetportal des Hotels Amano, E-Mail: amano@amanogroup.de
Christina Baum, MdB: Biografie im Internetportal des Bundestages, E-Mail: christina.baum@bundestag.de