14.08.12
Präses Schneider auf antifaschistischen Umkehrpfaden
(MEDRUM) Umkehr legte der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Nikolaus Schneider, der in die Kritik geratenen Sportlerin Nadja Drygalla nahe. Der "Ratsschluß" des Kirchenmannes steht jedoch auf tönernen Füßen, wie ein genaues Hinsehen und öffentliche Reaktionen zeigen.
Angesprochen auf die Ruderin Drygalla, meinte Präses Schneider im Gespräch mit der Welt (Ausgabe 07.08.12), bei Drygalla sei Umkehr möglich und auch zu verlangen. Sie müsse aber "tatsächlich errungen und ernst gemeint sein", so Schneider laut WELT. Bei Hesekiel lerne man, dass Umkehr auch Frau Drygalla zugestanden werden müsse. Schneiders Aufruf zur Reue findet allerdings längst nicht überall Gefallen.
Umkehren zum Guten kann nur, wer Böses getan und Schuld auf sich geladen hat. Doch das ist im Fall der Ruderin Drygalla, die aus London abreiste, nachdem ihr vorgeworfen worden war, dass ihr Freund ehemals Mitglied in der NPD war, mehr als zweifelhaft. Selbst ein linker Politiker wie Daniel Cohn-Bendit warnte, eine Mitbürgerin, die sich nichts hat zuschulden kommen lassen, nicht vorzuverurteilen. Und der CDU-Politiker Thomas de Maizière warnte davor, sich an einer Kampagne gegen eine Frau zu beteiligen, die sich eindeutig von rechtsextremem Gedankengut distanzierte. De Maizière sah Grenzen überschritten und empfahl Zürückhaltung.
Kritik am Umgang mit Drygalla wurde ebenso von den Medien geübt. Eine "ziemliche Unverschämtheit" nannte Thomas Schmid in seinem Kommentar in der WELT das Verhalten von Präses Schneider. Es gebe einen Antifaschismus, der der reinen Gewissensberuhigung diene. Zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit tauge er nicht. Hier habe sich besonders Nikolaus Schneider mit seiner Haltung hervorgetan, so Schmid. Wovon solle Drygalla denn umkehren, fragte Schmid. Aus der Sportlerin sei eine "kontaminierte Person" gemacht worden. Das sei eines Rechtsstaates, dem die Unschuldsvermutung heilig sei, unwürdig. Schmid: "Um des guten antifaschistischen Gefühls willen wurde ein Mensch für die Gesinnung eines anderen Menschen verantwortlich gemacht." Mit den Einzelnen und der Schuldfrage müsse es gerade die Kirche genau genehmen, sonst verspiele sie ihr Kapital, meint Schmid.