Theodor Groppe - der "Schwarze General"
Ein General im Kampf für das Leben der Juden und die Würde der Frauen
Felizitas Küble stellt das Buch des Jesuiten Lothar Groppe über seinen Vater vor
Selten nimmt man ein Sachbuch zur Hand, das derart fesselnd geschrieben ist, das den Leser geradezu „mitreißt" und geistig hineinnimmt in eine Zeit voller Schrecken, eine Zeit, die Helden und Verbrecher hervorbrachte, aber auch viele Mitläufer. Zu den Helden des Gewissens, die dem „höheren Befehl" gehorchten, nämlich den unveränderlichen Geboten Gottes und den Idealen der Menschlichkeit, gehört ganz besonders General Theodor Groppe. Von Nazis als „katholischer Hund" beschimpft, vom preußisch-protestantischen Offizierskorps zuvor als „Schwarzer General" bezeichnet, kämpfte er als tapferer Soldat, glühender Patriot und bekennender Katholik für die Würde der Frauen und das Leben der Juden.
Das fundierte Buch vereint spannende persönliche Erinnerungen von Theodor Groppe in geschickter Kombination mit zeitgeschichtlichen Dokumenten sowie der eindrucksvollen Lebensbeschreibung, die der Jesuitenpater Lothar Groppe seinem Vater widmet. Wenngleich der Geistliche dem soldatischen Berufsweg seines Vaters nicht folgte, so blieb er doch geistig und charakterlich auf seiner Spur - und blieb auch als Priester dem Militärischen verbunden, etwa als Militärpfarrer, Dozent an der Bundeswehr-Universität Hamburg und beim Österreichischen Generalstab.
Der Jesuit Lothar Groppe weiß um die Prioritäten zwischen Kirche und Welt, zwischen Himmel und Erde - und um das Wort Christi: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist - und Gott, was Gottes ist." - Im Sinne dieses biblischen Auftrags gehorchte der tapfere General Theodor Groppe dem zeitlosen Motto „Über dem Befehl steht Gott" - und dieses Leitwort wählte Lothar Groppe passend als Titel für die Lebensbeschreibung seines Vaters.
Wird heutzutage von „Widerstand" geredet, fällt sofort der Name „Stauffenberg" - dabei wird leicht vergessen, daß er bei weitem nicht der einzige Offizier war, der dem Diktator widerstand. Es waren tausende von ihnen, die Verfolgung oder gar Tod auf sich nahmen, um ihr Gewissen nicht dem verbrecherischen System unterwerfen zu müssen.
Gottlob fielen nicht alle tapferen Angehörigen der Wehrmacht dem Henker oder dem Erschießungskommando zum Opfer. Zu ihnen gehört der „Schwarze General", der nach dem 20. Juli 1944 zunächst im Gestapo-Gefängnis war und dann im Januar 1945 in die Festungshaftanstalt Küstrin überführt wurde. Zweimal gaben Kaltenbrunner, Leiter der Gestapo, und SS-Chef Himmler den Befehl zur Ermordung Groppes. Doch der Kommandant der Haftanstalt Küstrin, Major Dr. Leussing, verhinderte dies durch Tapferkeit und kluge Maßnahmen, so daß neben Groppe auch seine Mithäftlinge im April 1945 im Dörfchen Urnau in Baden von französischen Soldaten befreit werden konnten. Generalleutnant Theodor Groppe starb im hohen Alter am 28.4.1973 in Trier.
Geboren wurde der tapfere Christ und Patriot am 16. Augusti 1882 als Sohn eines Verlegers inTrier. Genau 1900 trat er in die Armme ein. Als Soldat im 1. Weltkrieg erhielt er neben anderen Auszeichnungen den höchsten Orden Pour le Mérite. In der Reichswehr wurde er Kommandant von Pillau und rettete Königsberg und Ostpreußen vor der roten Gefahr, zumal er einem französischen Kreuzerkommandanten, der kommunistische Spartakisten importierten wollte, entschlußfreudig das Einlaufen in den Hafen verwehrte. Für diese mannhafte Tat erhielt er Tadel von der linken Presse, aber auch eine klare Anerkennung durch Wehrminister Noske (Sozialdemokrat) im Reichstag, der zugleich den Dank von Reichspräsident Ebert (ebenfalls Sozialdemokrat) aussprach.
Unmittelbar nach der „Machtergreifung" im Januar 1933 wurde Groppe als Generalmajor entlassen und hatte auch in den Jahren danach einen schweren Stand, weil seine „ganze Weltanschauung" nicht zum gottlosen braunen System paßte, zumal er grundsätzlich den „Hitler-Gruß" verweigerte und seine Kinder nicht zu Veranstaltungen der HJ gehen ließ. Am 12.12.1939 befahl der Kreisleiter der NSDAP am Westwall „spontane Volkskundgebungen" gegen die Juden im Bereich der Division. General Groppe erließ den Befehl, Ausschreitungen gegen Juden notfalls mit Waffengewalt zu verhindern. Tatsächlich wurde keinem Juden ein Haar gekrümmt, was sich unter den verfolgten Juden schnell herumsprach, die Groppe bereits als Helden verehrten. Doch für die NSDAP und Heinrich Himmler war dies ein weiterer Anlaß, Material gegen den „Schwarzen General" zu sammeln, um ihn endgültig auszuschalten. Dabei kam ihm Groppes mutiger Protest gegen den SS-Fortpflanzungsbefehl gerade gelegen. Himmler hatte am 28.10.1939 den Männern von SS und Polizei befohlen, auch außerhalb der Ehe Kinder zu zeugen, damit sie sich vor ihrem möglichen Tod noch nützlich erweisen, um im Sinne der „Volksgemeinschaft" möglichst viel „wertvolles Blut" zu erhalten. Himmler wollte General Groppe vor den Volksgerichtshof bringen, da dieser den SS-Befehl als schamlos und entwürdigend für Mädchen und Frauen scharf kritisiert hatte.
Doch es gab in der Wehrmacht nicht wenige führende Männer, die sich dem Druck von Partei und SS durchaus nicht beugten: zu ihnen gehören die Vorgesetzten Groppes, Generaloberst von Witzleben und Ritter von Leeb, die ihn couragiert verteidigten und mit sofortigem Rücktritt drohten, falls man dem General den Prozeß machen sollte.
Leeb schrieb an den Oberbefehlshaber des Heeres. „Ich stelle mich mit meiner ganzen Person vor Generalleutnant Groppe, selbst dann, wenn er sich in berechtigter Empörung über den Befehl des Reichsführers SS bei seiner Ansprache im Wortlaut im Ton vergriffen haben sollte."
So mußte Himmler vorerst zurückstecken, zumal auch der Chef der Heeresjustiz, Generalstabsrichter Dr. Sack, sich unerschrocken für General Groppe eingesetzt hatte. General von Witzleben und Dr. Sack endeten nach dem 20. Juli 1944 selber am Galgen.
Dieses Schicksal blieb Theodor Groppe erspart, sein mutiges Denken, Reden und Handeln sollten für immer unvergeßlich bleiben und jeden zur Tapferkeit auch hier und heute anspornen, wenn es darum geht, dem Zeitgeist die Zähne zu zeigen und die Gebote des Ewigen hochzuhalten, die zugleich die Menschenwürde schützen.
Dieses packende und faktenreiche Buch ist längst überfällig - und es sollte nicht „nur" in wissenschaftlichen Bibliotheken sowie Bundeswehr-Universtitäten oder im lebenskundlichen Unterricht Eingang finden, sondern größte Verbreitung in unserem Volk, vor allem bei jungen Leuten, deren Geschichtskenntnisse oft mangelhaft oder von einseitiger Medienmanipulation geprägt sind.