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  • Die milliardenschweren Notfallmaßnahmen des Staates


    17.10.08

    Die milliardenschweren Notfallmaßnahmen des Staates

    Ein alternativloses "Alles oder Nichts-Paket"

    Kommentar von Kurt J. Heinz

    (MEDRUM) Gigantische Geldmengen werden von den Regierungen als Rettungspakete zusammengestellt, um das angeschlagene und ins Stocken geratene Finanzsystem wieder in Gang zu bringen. Dies werde nicht getan, um das Geld den Banken in den Rachen zu stopfen, sondern um den Bürgern und der Wirtschaft zu helfen, lauteten die Gründe, die Bundeskanzlerin Merkel für die Notmaßnahmen der Regierungen gab. Wohl war, wohl war, ...

    Trotz aller glaubhaften Bemühungen unserer politischen Repräsentanten, dem Wohl des Bürgers dienen zu wollen, gibt es eine Menge Unmut bei Bürgern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wenn sie erleben, wie monatelang um jeden Euro gefeilscht wird, wenn es etwa um einige Euro Kindergelderhöhung geht, die gerade einmal 2 Milliarden im Jahr kostet, und wie andererseits ein 500 Milliarden Paket innerhalb von Tagen zur Rettung des Bankensystems aus dem Boden gestampft wird. Nur, so verständlich ein solcher Vergleich ist, er ist nur bedingt aussagekräftig.

    Ein paar Euro mehr für ein Kind der Familie entscheiden auf kurze Sicht darüber, ob noch ein Kinobesuch möglich ist oder ob der Besuch in einem Wildpark noch in das Budget der Familie passt oder nicht, zumindest wird dies in vielen Fällen so sein. Um andere Dimensionen von unvergleichlich größerer Tragweite geht es bei den Rettungspaketen, die von den Regierungen gepackt und heute im Bundestag und Bundesrat für Deutschland geschnürt wurden. Hier steht nicht der Besuch eines Kinos oder Wildparks zur Debatte, sondern das Wohl oder Wehe einer Volkswirtschaft, die Teil im Verbund eines global vernetzten und wechselseitig abhängigen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialsytems ist. Im Fall der Finanzkrise geht es um nicht weniger als darum, das Finanzsystem, der Blutkreislauf, der den gesamten Körper unserer Volkswirtschaft versorgt und an dem letztlich jeder einzelne hängt, vor dem Infarkt zu bewahren und damit uns alle im Schulterschluß mit der europäischen und internationalen Staatenwelt vor einem Kollaps zu retten. Legt man die Summe von 500 Milliarden Euro, mit der dies bewerkstelligt werden soll, in 100 Euro-Scheinen der Länge nach aneinander, so ergibt sich die riesenhafte Entfernung von 73 Millionen Kilometern. Das ist die halbe Entfernung von der Erde zur Sonne und reicht ebenso, die Erde fast 2000 mal mit einem solchen Euro-Band am Äquator zu umwickeln.

    Die Extravaganzen und Turbulenzen des nationalen und internationalen Finanzgeschehens haben gigantische Ausmaße mit nicht mehr durchschaubaren Spekulations- und Risikogeflechten angenommen, trotz aller Warnungen, die es seit Jahren gab. Dennoch: Es wurde zugesehen, es wurde kaum etwas unternommen, oder zumindest wenig Greifbares in die Tat umgesetzt, teilweise wurde das atemberaubende Geschehen sogar aktiv politisch unterstützt.

    Ein Paradebeispiel für die politische Kurzsichtigkeit und Fehleinschätzung boten die Debatte und der Beschluß des Deutschen Bundestages im Jahr 2006 über hochspekulativ und riskant agierende Hedgefonds. Es ging um die Frage, ob diese zweifelhaften Investmentkonstruktionen weiterhin in Deutschland gesetzlich zugelassen bleiben sollten. Mehr als 600 deutsche Parlamentarier sprachen sich für die weitere Zulassung aus: 614 Abgeordnete stimmten für ihre Zulassung, nur 54 stimmten dagegen, 3 enthielten sich der Stimme. Die Fraktion der FDP betonte sogar die positiven Effekte, die von Hedgefonds ausgehen können, gerade auch im Hinblick darauf, dass in Deutschland die Nutzung der Kapitalmärkte für die Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten an Bedeutung zunehmen werde. Deshalb sei eine Abschaffung der Zulassung von Hedgefonds in Deutschland der falsche Weg. Die Fraktion der FDP trete stattdessen dafür ein, die Regulierung von Hedgefonds liberaler zu gestalten." Diese Erklärung ist eine Farce, wenn man bedenkt, dass besonders Hedgefonds durch ihre aggressive, risikoträchtige Anlagestrategie nicht nur beim Konkurs von Lehman Brothers dementsprechend auch riesige Milliardenverluste machten. Eine schöne Altersversorgung also für breite Bevölkerungsschichten, die die FDP damals in unmittelbare Verbindung mit Hedgefonds gebracht hat.

    Es ist wohlfeil, nun - wenn auch zu Recht - die Bankmanager zu kritisieren, aber dabei nicht gleichzeitig auch zur eigenen Verantwortung für eine derartige Mitwirkung an politischen Entscheidungen zu stehen, mit denen man die Exzesse erlaubt und teilweise auch noch befördert hat. Ist etwa die FDP nun bereit, für den spätestens jetzt nicht mehr zu leugnenden Unsinn zu haften, den sie im Deutschen Bundestag seinerzeit vertreten hat? Wo bleibt die Haftung der Politik, die das alles zugelassen und sogar noch gegen warnende Stimmen gefördert hat? Sollten nicht Anleger, die für ihre Altersversorgung in Lehman Brothers Zertifikate investiert haben, am besten zur FDP-Fraktion des Deutschen Bundestages gehen und dort Schadenersatz für politische Versäumnisse und Fehlorientierungen einfordern? Wer Wähler auf dem gesetzgebendem Weg zum Zocken mit ihrer Altersversorgung ermuntert, hat spätestens jetzt verzockt. Es ist gewesen, wie es bei der Titanic gewesen war: Man hielt den Giganten "Globales Finanzmarktsystem" offenbar ebenso törichterweise für unsinkbar. Wie ehedem bei der Titanic haben auch nunmehr viele Bürger bitteres Lehrgeld für ihre Leichtgläubigkeit gegenüber zockenden Finanzmanagern und inkompetenten Politikern bezahlt, an deren Unfehlbarkeit vielleicht viele auch allzu gerne glauben wollten. Da ist man schon viel eher geneigt, die Unfehlbarkeit des Heiligen Vaters in Glaubensfragen per se in Abrede zu stellen, obwohl in diesem Fall der Glaube nicht riskant wäre.

    Nicht nur die FDP hat bei Beschlüssen über Hedgefonds und Regelungen des Finanzmarktes verzockt. In der Beschlussvorlage über die Hedgefondszulassung für den Bundestag hieß es 2006: "Der Finanzausschuss empfiehlt mit der Mehrheit der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen." Zwar hielten die Regierungsparteien eine bessere Regulierung der Hedgefonds für notwendig, es fehlt jedoch bis heute an einer solchen Regulierung, obwohl seit dem Zeitpunkt, zu dem die Partei DIE LINKE den Antrag auf Rücknahme der Zulassung von Hedgefonds gestellt hatte, fast drei Jahre ins Land gegangen sind. Auch Bundespräsident Horst Köhler hatte schon vor drei Jahren vor den monströsen Erscheinungen des Finanzmarktes gewarnt. Notwendige Regelungen wurden jedoch auf einen Gesetzentwurf vertagt, der von den Regierungsparteien mit einem Private-Equity-Gesetz für 2008 angekündigt wurde. Die Regierung glaubte zudem genügend Zeit zu haben, vor einem solchen Gesetz erstmal eine Studie vergeben zu können. Schließlich wurde am 28. Juni 2008 dafür der Referentenentwurf eines Gesetzes in die politische Debatte eingebracht (unter dem Namen "Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen").

    Die jetzige Krise lässt allerdings keine Zeit für Studien, nicht einmal für eine tiefgründige Diskussion. Jetzt, wo es an allen Ecken und Enden der Finanzwelt lichterloh brennt, werden 500-Milliarden-Programme in wenigen Tagen beschlossen, ohne Studien, ohne gründliche Durchleuchtung, in einem hohen Maße Handeln ins Ungewisse und Hoffen, dass es hilft: Mit heißer Nadel gestrickt und durchgepaukt. Na also, geht doch, könnte man sagen, oder etwa nicht? Die politisch Entscheidungsbefugten scheinen zu wissen: Es geht um "Alles" oder "Nichts". Deswegen hat der Bundestag heute in zweiter und dritter Lesung verabschiedet, was er sonst in Jahren nicht zustande gebracht hätte. In der Geschichte dieser Bundesrepublik ein einzigartiger Vorgang. Das alles zeigt zwar einerseits, dass das politische System in der Not entscheidungs- und handlungsfähig ist, es zeigt aber auch die Größe der Not, die zu einer Antwort zwingt, bei der nahezu alle verfügbaren Mittel innerhalb kürzester Zeit gebündelt werden müssen, um ein Scheitern zu verhindern. Was der Bundestag heute beschlossen hat, sind nichts anderes als existentielle Notfallmaßnahmen der Überlebensgemeinschaft einer Titanic, die man über Jahre hinweg ohne Steuermann und Navigationssystem auf falschem Kurs in schwierigste Gewässer fahren ließ bis sie ins Taumeln geriet und leck schlug. Jetzt muß in einem Kampf gegen die Uhr eiligst versucht werden, die Lecks abzudichten, um ihren drohenden Untergang zu verhindern.

    Alle hoffen, dass es gelingen wird, die bisherigen, und womöglich noch weitere Lecks abzudichten, aber keiner weiß mit Gewißheit, ob sich der Erfolg einstellt und was er am Ende kosten wird. Nur eines scheint allen klar zu sein: Es wird nunentweder alle Mittel sofort eingesetzt oder wir stehen vermutlich in kürzester Zeit vor dem Nichts. "Alles oder Nichts" heißt also die Devise. Dies ist kein Vabanquespiel. Denn es ist ganz so, wie es gestern vom Regierenden Bürgermeister Berlins formuliert wurde: Es ist alternativlos. Wohl zu Recht hat die Bundeskanzlerin vor einigen Tagen von der schwersten Krise seit den 20er Jahren gesprochen.

    Selbst wenn die jetzigen Notmaßnahmen erfolgreich sein werden, wird Taumeln noch eine Weile angesagt sein, zumindest solange es noch nicht geschafft ist, den Schiffsriesen Globales Finanzmarktsystem auf einen Kurs führen, der ihn in sichere Gewässer bringt. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist dafür nur die grundsätzliche Bedingung. Ein durchschlagender Erfolg wird sich erst einstellen, wenn für die bisher ungezügelte Freiheit der Kapitalmärkte auch der notwendige Ordnungsrahmen, Regulierung und wirksame Überwachung vorgegeben sein wird. Dies alles war in der Vergangenheit nicht gewollt oder es wurde nur halbherzig verfolgt. Dafür zahlen nun alle - ausgenommen womöglich die Verantwortlichen, die das angerichtet und zugelassen haben - die Zeche. Aber: auch dies scheint für den Bürger alternativlos zu sein.


    MEDRUM-Artikel

    -> Finanzmarktstabilisierungsgesetz verabschiedet

    -> Tanz ums goldene Kalb nicht wiederholen: Das Geld darf nicht zum Gott werden!

    -> SPIEGEL-Gespräch mit Bundespräsident Horst Köhler zur Finanzkrise

    -> Reihenweise Fehler im deutschen Finanzsystem


     

  • Tanz ums goldene Kalb nicht wiederholen: Das Geld darf nicht zum Gott werden!


    16.10.08

    Tanz ums goldene Kalb nicht wiederholen: Das Geld darf nicht zum Gott werden!

    Erzbischof Marx und Landesbischof Huber mahnen zur moralischen Erneuerung und Rückkehr zur Verantwortung

    von Kurt J. Heinz

    (MEDRUM) Die Krise um das Finanzsystem hat viele Defizite offenbart. Es sind besonders auch moralische Defizite und ein Mangel an Verantwortung erkennbar geworden. Dazu gehören die Verhaltensweisen der Manager, die den Tanz ums goldene Kalb veranstaltet haben, ebenso wie die Politik, die zugelassen hat, dass das Geld zum Gott werden konnte. Diese Auffassung haben Erzbischof Reinhard Marx und Landesbischof Wolfgang Huber in einem Interview vertreten, das sie dem "heute-journal" des ZDF gegeben haben.

    "Die Ausrichtung auf Gier ist eine Sünde und das System, das diese Sünde zugelassen hat, ist von Sünde geprägt", erklärte Bischof Marx. Wir bräuchten Rahmenbedingungen, die die Moral unterstützen, und dies sei nicht gut gelaufen in den letzten Jahren. Sein Fazit lautete: "Wir brauchen eine moralische Erneuerung und es ist sehr vernünftig, wenn wir das wieder in Gang bringen."

    Bischof Huber sieht das ähnlich. Es sei ein "System organisierter Verantwortungslosigkeit" entstanden, und man müsse dafür sorgen, dass wieder Verantwortung einkehre. "Aber Verantwortung ist heute gefragt", sagte Huber. Das Geld dürfe nicht zum Gott werden und der Tanz ums goldene Kalb dürfe sich nicht wiederholen, so Huber weiter. Bischof Huber meinte, es sei allerhöchste Zeit, sich klar zu machen, dass die Schlüsselfrage heißt: "Woran hängst du dein Herz? Das ist dein Gott nämlich. Und wir dürfen unser Herz nicht an das Geld hängen, sondern müssen maßvoll mit ihm umgehen."

    Mit ihren Stellungnahmen haben die beiden Kirchenvertreter ihren Finger sowohl in die Wunde der fehlenden Moral und Verantwortung gelegt wie auf die fehlende Gottesorientierung hingewiesen. Dies hat sich im weltweiten Finanzsystem in einem Ausmaß niedergeschlagen, dass es wegen der unverkennbar katastrophalen Gefahren für die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Staatenwelt nicht mehr geleugnet werden kann. Dennoch bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Bereitschaft sein wird, daraus auch die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Der populäre Ruf nach Deckelung von Managergehältern und deren Haftung wäre dafür - wenn er denn überhaupt an der Wurzel des Übels ansetzt und realisierbar ist - allemal nicht hinreichend. Gibt es in der Politik die Bereitschaft zur moralischen Erneuerung? Gibt es in der Politik die Bereitschaft, sich auch selbst zur Verantwortung zu bekennen? Und gibt es in der Politik die Bereitschaft, sein Herz an Gott zu hängen? Für eine wirkliche Erneuerung an Haupt und Gliedern scheint dies unabdingbar zu sein. Ob diese Bereitschaft jedoch wirklich vorhanden ist, darf - abseits vom Aufbäumen der politischen Akteure gegen den jähen Absturz in wirtschaftliche und soziale Abgründe - bis zum Beweis des Gegenteils bezweifelt werden.


    MEDRUM-Folgeartikel: -> Die milliardenschweren Notfallmaßnahmen des Staates


     

  • 15./16.10.08


    16.10.08

    Tanz ums goldene Kalb nicht wiederholen: Das Geld darf nicht zum Gott werden!

    Erzbischof Marx und Landesbischof Huber mahnen zur moralischen Erneuerung und Rückkehr zur Verantwortung

    von Kurt J. Heinz

    (MEDRUM) Die Krise um das Finanzsystem hat viele Defizite offenbart. Es sind besonders auch moralische Defizite und ein Mangel an Verantwortung erkennbar geworden. Dazu gehören die Verhaltensweisen der Manager, die den Tanz ums goldene Kalb veranstaltet haben, ebenso wie die Politik, die zugelassen hat, dass das Geld zum Gott werden konnte. Diese Auffassung haben Erzbischof Reinhard Marx und Landesbischof Wolfgang Huber in einem Interview vertreten, das sie dem "heute-journal" des ZDF gegeben haben. ... lesen Sie mehr...


    16.10.08

    Christentum, Freiheit und Werte - Ein stimmiger Dreiklang

    Das CBFW - Ein christliches Bündnis, das Zeitgeschehen initiativ mitgestaltet

    (MEDRUM) Christentum, Freiheit und Werte sind drei untrennbar miteinander verbundene Begriffe. Dies ergibt sich aus der Lehre des Christentums, nach der Gott den Menschen mit einer unveräußerlichen Freiheit und Würde ausgestattet hat, die für den Menschen unantastbar sind. Sie sind untrennbarer Bestandteil eines Menschenbildes, das auf der göttlichen Liebe zum Menschen und dem zentralen Wert der christlichen Nächstenliebe unter den Menschen beruht. ... lesen Sie mehr...


    16.10.08

    Fächendeckende Einführung der Ganztagsschule und pädagogische Schulreform

    Frankfurter Zukunftsrat: Schule und Lehrer als "Menschenbildner"

    (MEDRUM) Der Frankfurter Zukunftsrat hat sich gestern in 19 Thesen zur Zukunfts-Strategie Erziehung und Bildung geäußert. Er fordert eine Woche vor dem Bildungsgipfel zwischen Bund und Ländern in seinem Thesenpapier eine flächendeckene Einführung der Ganztagsschule und eine grundlegende pädagogische Reform, um in den Schulen künftig wertevermittelnde Erziehung zu leisten. ... lesen Sie mehr...


    16.10.08

    25 Jahre Kirchenasyl in Deutschland

    Jahrestagung der BAG Asyl vom 7.-8. November 2008 in Berlin

    (MEDRUM)  "»Unter dem Schatten Deiner Flügel...« - Zuflucht in Europa?" steht die Jahrestagung der "Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche" vom 7.-8. November 2008 in Berlin. ... lesen Sie mehr...


  • ZDF-Fernsehpreis: Marcel Reich-Ranicki im Gespräch mit Thomas Gottschalk


    16.10.08

    ZDF-Fernsehpreis: Marcel Reich-Ranicki im Gespräch mit Thomas Gottschalk

    ES BLEIBT BEIM "DU"

    Am Freitag, 17. Oktober, strahlt das ZDF um 22.30 Uhr die Diskussion zwischen Marcel Reich-Ranicki und Thomas Gottschalk aus. Das ZDF in der Ankündigung seiner Sondersendung: "Es war ein Eklat, als Marcel Reich-Ranicki letzte Woche den Fernsehpreis ablehnte." Jetzt habe Thomas Gottschalk - wie versprochen - mit dem "Literaturpapst" über Qualität im Fernsehen gestritten.

    Thomas Gottschalk hatte in der Sendung über die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises, die am vergangenen Sonntagabend ausgestrahlt wurde, Marcel Reich-Ranicki angeboten, in einer besonderen Sendung über das Niveau des Deutschen Fernsehens zu diskutieren. Auslöser war die aufsehenerregende Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises durch Reich-Ranicki, weil er sich nicht einreihen lassen wollte in eine Vielzahl von ausgezeichneten Fernsehbeiträgen, die er als Blödsinn bezeichnete. In einer Online-Umfrage von "Bild" geben ihm 66 % der Befragten recht.

    Vorab verriet das ZDF, es bleibe beim versöhnlichen "Du" zwischen Reich-Ranicki und Gottschalk, doch über die Funktion von Fernsehpreisen und die Qualität von Fernsehsendungen seien sich die beiden trotzdem nicht einig geworden.


    MEDRUM-Artikel: -> Sondersendung der Fernsehkritik mit Marcel-Reich-Ranicki am Freitag



     

  • Familiennetzwerk rechnet Kindergeldanpassung nach: "Minus für Familien"


    17.10.08

    Familiennetzwerk rechnet Kindergeld nach: "Minus für Familien"

    (MEDRUM) Das Familiennetzwerk kommt zu dem Ergebnis, dass die Einigung der Koalition, das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 10 Euro zu erhöhen, das Minus in den Kassen der Familien seit 2002 nicht ausgleicht.

    Die letzte Kindergelderhöhung gab es im Jahre 2002. Seit dem seien die Lebenshaltungskosten um 12% gestiegen. Der Existenzminimumbericht, der alle zwei Jahre von der Regierung vorgelegt werden müsse, sei seit Monaten überfällig. Damit fehle jede Grundlage auf der überhaupt erst beurteilt werden könne, ob die Kindergelderhöhung minimalen verfassungsrechtlichen Ansprüchen genüge, so das Familiennetzwerk.

    Das Netzwerk verweist erneut auf die unveränderte Ungerechtigkeit gegenüber den Familien, die im System enthalten sei und durch den neuesten Beschluss wiederum deutlich werde. Zum einen werde den Familien nach zähem Ringen 10€ mehr Kindergeld gegeben,  gleichzeitig werde aber durch Erhöhung der Krankenkassenbeiträge wieder weit mehr genommen. Hinzu komme die Belastung durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die besonders Familien mehrfach belaste (je nach Kinderzahl). Unterm Strich bedeute dies trotz jetziger Erhöhung des Kindergeldes, so das Fazit des Familiennetzwerkes: "Familien werden geschröpft, Banken dagegen gepampert."

    In seiner Pressemitteilung stellt das Familiennetzwerk detailliert dar, weshalb die geringfügige Erhöhung des Kindergeldes zu einem Minus bei Familien führt:

    1. Die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge lässt von der angeblichen Kindergelderhöhung nichts mehr übrig:
      Werden die Krankenkassenbeiträge auf 15,5% erhöht und die Arbeitslosenversicherung auf 2,8 % vermindert, so bleibt immer noch eine Erhöhung von in vielen Fällen 2,2% für die Familien zu tragen. Das sind bei einem durchschnittlichen Einkommen von 3.000 Euro im Monat brutto Belastungen von 66 Euro. Bei Kindergeld für 1,3 Kinder (statistischer Durchschnitt) bleibt unter dem Strich eine Belastung von 53 Euro.
    2. Die Belastungen der letzten Jahre durch Steuererhöhungen waren für Familien weitaus höher, als die sog. Entlastungen.
      Die Erhöhung der MWSt im Jahre 2007 führte zu einer höheren Belastung, als die Kindergelderhöhung nun ausgleichen könnte. Nimmt man das Existenzminimum eines Kindes als den Betrag, den es durchschnittlich zum Leben braucht, ohne davon Ersparnisse anlegen zu können, wurden die von diesem Geld beschafften Waren und Dienstleistungen im Jahre 2007 um 3% teurer. Das ist ein Betrag von 174 Euro. Dieser Betrag, erhoben auf das Existenzminimum, floss an den Staat. Zwei Jahre später kommt der Staat und bietet an, 68% der nur durch die MWSt erhobenen Mehrbelastung in Form von Kindergeld zurückzuzahlen und spricht von einer wunderbaren familienpolitischen Leistung.
    3. Das Kindergeld ist zu 2/3 keine Familienförderung sondern Rückzahlung der vom Staat zu unrecht erhobener Steuern, somit reduziert sich die staatliche „Belastung" von 2,1 Mrd. auf lediglich 700 Mio. €
      In den Pressemitteilungen wird von einer Erhöhung der Staatsausgaben von 2,1 Mrd. Euro gesprochen. Tatsache ist aber, dass der Staat andererseits verfassungswidrig das Existenzminimum der Kinder besteuert. Jeder Arbeitnehmer kann auf seiner monatlichen Abrechnung sehen, dass seine Belastung durch Kinder nicht berücksichtigt ist. Das ist verfassungswidrig. Die zuviel erhobenen Steuern kann der Bürger durch die Beantragung von Kindergeld zurückerhalten. Diese Regelung nennt der Staat Familienförderung. Zöge man die so zu unrecht erhobenen Steuern wieder ab, reduziert sich die großartige Familienförderung beim Durchschnittsverdienst auf ein Drittel. D.h., der Staat wird durch die vom Kabinett beschlossene Kindergelderhöhung um 700 Mio Euro „belastet". Gegen die Beträge, die er in minutenschnelle für die Sanierung von Bankvorständen ausgibt ist dies mehr als lächerlich.
    4. Bei der Anpassung des Kinderfreibetrages handelt es sich nicht um eine familienpolitische Maßnahme, sondern um die verfassungsrechtlich gebotene Pflicht das Existenzminimum der Kinder von der Besteuerung auszunehmen.
      Das Verfassungsgericht hat gestützt auf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland geboten, dass das Existenzminimum der Kinder von der Besteuerung auszunehmen ist. Wieso spricht dann die Regierung von sog. Kosten, die ihr bei einer Erhöhung des Freibetrages für die Kinder entstehen? Es ist ihre Pflicht so zu handeln. Ist es so, dass jedes Einkommen dem Staat zusteht und die Bürger es sich evtl. mit Hilfe der Gerichte wieder zurückklagen müssen? Es ist zynisch, wenn die Bundesregierung auf der einen Seite pressewirksam die Kinderarmut beklagt, aber auf der anderen Seite den Eltern ihre vernünftigerweise zustehende Möglichkeit der eigenen Kinderversorgung untergräbt.
    5. Real und inflationsbereinigt gibt es eine Kindergeldkürzung
      Die letzte Kindergelderhöhung gab es im Jahre 2002. Seit dem sind die Lebenshaltungskosten um 12% gestiegen. Die jetzige Kindergelderhöhung beträgt für die ersten beiden Kinder 6,5%, für das dritte Kind 10,4% und für die weiteren Kinder 8,9%. Real muss man demnach von einer Kindergeldkürzung sprechen.
    6. Die staatliche Belastung ist real weit niedriger
      Die 2007 erfolgte Absenkung der Altergrenze beim Kindergeld und den Kinderfreibeträgen von 27 auf 25 Jahre brachte Einsparungen von 530 Mio. Euro pro Jahr. Weiterhin spart der Staat erhebliche Mittel ein, die durch den Rückgang der Kinderzahlen bedingt ist.

    Auch der katholische Bischof Mixa hat die geringe Kindergelderhöhung kritisiert. Im "FOCUS" erklärte er dazu: "Die Bedrohung, die von einer kinderfeindlichen Gesellschaft für unser Land ausgeht, ist viel größer als die Bankenkrise und ihre Behebung genauso dringlich“, sagte Mixa angesichts der staatlichen Milliardenhilfe für den Bankensektor. Dies sei ein „gesellschaftlicher Skandal ersten Ranges“. Die geplante Kindergelderhöhung sei eine „Beleidigung und grobe Missachtung der Leistung von Familien für unsere Gesellschaft“, kritisiert der Augsburger Bischof Walter Mixa.

    Zur individuellen Überprüfung bietet das Familinenetzwerk einen Familienrechner an, mit dem jeder seine finanzielle Situation selbst nachrechnen kann. -> Familienrechner Familiennetzwerk


    -> Bischof Mixa im FOCUS: „Kindergelderhöhung beleidigt Familien"


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