22.12.15
Für und Wider Michael Diener
Vertrauensverlust in Spitze der evangelikalen Bewegung
(MEDRUM) Der WELT-Artikel vom 14.12.15 über das Gespräch mit Michael Diener hat eine kontroverse Debatte ausgelöst. Nach Ulrich Parzany haben sich auch andere zu Wort gemeldet. Während der Gnadauer Gemeinschaftsverband Diener das Vertrauen aussprach, aber zugleich auch die Notwendigkeit sieht, die Sachthemen zu klären, hat der Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein seine Besorgnis über Dieners Kurs ausgedrückt und beispielsweise die Reformations-Gesellschaft-Heidelberg e.V. gefordert, die Abberufung Dieners zu prüfen, um einen Glaubenszerfall in den Werken zu verhindern.
Gnadauer Verband spricht "volles Vertrauen" aus
Der Gnadauer Verband hat Michael Diener - ohne auf die umstrittenen Äußerung Dieners einzugehen - das "volle Vertrauen" ausgesprochen. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung:
"Der Vorstand des Gnadauer Verbandes hat auf seiner heutigen Sitzung seinem Präses Michael Diener das volle Vertrauen ausgesprochen. Der Vorstand ist ihm dankbar für seinen engagierten Dienst. Mit seinen profunden theologischen Kenntnissen, seinem großen Einsatz und seinem strategischen Geschick hat er dem Verband seit der Amtsübernahme 2009 entscheidende neue Impulse gegeben und maßgeblich zur positiven Weiterentwicklung beigetragen."
Geteilte Meinung innerhalb des Gnadauer Verbandes
Die Erklärung der Leitung des Gnadauer Verbandes ist innerhalb des Gnadauer Verbandes auf Widerstand gestoßen. So hat insbesondere der Evangelische Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein, der dem Gnadauer Verband angehört, seine Besorgnis über den Kurs erklärt. Das berichtet die evangelische Nachrichtenagentur idea. Das Agieren Dieners stößt bei den Siegerländer Pietisten offenbar auf wenig Verständnis. Das Vertrauen in Diener ist dort vielmehr erschüttert. Denn die Kritik, die Diener öffentlich geäußert habe, gehöre "zunächst in die Seelsorge und nicht in die Medien“, so der Verband. Die Gnadauer Gemeinschaften und Werke bräuchten geistliche Stärkung vom Präses, der ihnen hilfreich zur Seite stehen müsse. Das sehe der Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein "im Moment leider nicht“. Der Verband teile voll inhaltlich, was Parzany gesagt habe.
Bankrotterklärung vor dem Zeitgeist
Eine stark gegensätzliche Position zu Diener hat die Reformations-Gesellschaft-Heidelberg e.V. (Sitz in Niederlande) vertreten. Diener habe klare Aussagen der Heiligen Schrift relativiert, für einen "Meinungspluralismus in den evangelikalen Gemeinden" plädiert und damit biblische Maßstäbe aufgeweicht. Derart belastet in das Reformationsjahr 2017 zu gehen, sei als Bankrotterklärung vor dem Zeitgeist zu verstehen.
MEDRUM dokumentiert die Presseerklärung der Reformations-Gesellschaft-Heidelberg e.V. im vollen Wortlaut:
Stellungnahme zu Dr. Michael Diener und seiner subjektiven Hermeneutik der pluralistischen Auslegung der Bibel
Mit großer Sorge und Unverständnis nimmt die Reformations-Gesellschaft-Heidelberg zur Kenntnis, dass der Präses des pietistischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz Dr. Michael Diener mit seinen Stellungnahmen in der Zeitung „Die Welt“ vom 14.12.2015 und dem Medienmagazin „proKompakt“ 50/2015 einen abschüssigen Weg der Theologie beschreitet, der nicht mehr vereinbar ist mit einem evangelischen Bibelverständnis im Lichte der Reformation.
Allein die Schrift - Sola Scriptura - sollte Maßstab für die Bewertung auch ethischer Fragen sein. Der führende Repräsentant der evangelikalen Bewegung und des Pietismus jedoch relativiert klare Aussagen der Heiligen Schrift und plädiert für einen Meinungspluralismus in den evangelikalen Gemeinden. Damit weicht er biblische Maßstäbe auf und überlässt sie der subjektiven Beliebigkeit und Voreingenommenheit des jeweiligen Auslegers.
Wir rufen die Gemeinde Jesu auf, diesen Weg nicht mitzugehen. Vielmehr sollten wir es auch heute mit Graf von Zinzendorf halten:
„Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn?“
Letztendlich stellt sich die Frage, wem dient Dr. Michael Diener noch? Dient er der biblischen Wahrheit oder eher dem Zeitgeist einer inhaltsleeren EKD? Die Verantwortlichen der Deutschen Evangelischen Allianz und des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes sind aufgerufen zu prüfen, ob eine Abberufung eines solchen Spitzenfunktionärs nicht notwendig ist, um einen Glaubenszerfall in ihren Werken zu verhindern. Derart belastet in das Reformationsjahr 2017 zu gehen, wäre als eine Bankrotterklärung vor dem Zeitgeist zu verstehen.
Zurück zu den Quellen der Reformation und der Wahrheit der Heiligen Schrift!
Das Präsidium der Reformations-Gesellschaft-Heidelberg e.V.
Erklärtes Ziel der Reformations-Gesellschaft-Heidelberg (RGH) ist es, das geistige Erbe der Reformation im deutschsprachigen Raum neu zu beleben und in den christlichen Gemeinden wieder zur Geltung bringen. Vom theologischen Fundament der fast 500 Jahre zurückliegenden Reformation Luthers, Melanchthons und Calvins sei in den evangelischen Kirchen und Gemeinden immer weniger zu erkennen.
Gnadauer Verband kündigt Klärung an
Der Gnadauer Verband hat Diener zwar sein Vertrauen ausgesprochen, sieht gleichwohl aber die Notwendigkeit, bedauernswerte Irritationen, die durch Dieners öffentliche Verlautbarungen entstanden sind, auszuräumen. Der Vorstand des Gnadauer Verbandes hat Klärung angekündigt: "Mitglieder, Vorstand und Präses werden in den kommenden Wochen die Klärung der Sachthemen entschieden vorantreiben."
Widerstand statt Anpassung
Zuvor hatte der bekannte Pfarrer, Theologe und Evangelist Ulrich Parzany seine Enttäuschung über Dieners Äußerungen erklärt und gefordert, die Heilige Schrift nicht der "Beliebigkeit subjektiver Sichten auszusetzen". Dabei gehe es nicht um unterschiedliche Frömmigkeitsfragen, sondern das Ringen um "theologische Wahrheiten". Von der Initiative "Zeit zum Aufstehen", zu deren Initiatoren auch Michael Diener gehört, erwarte er nicht Anpassung, sondern Widerstand gegen Irrlehren in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MEDRUM berichtete).