15.11.08
Erika Steinbach (CDU) nicht zuständig für Menschenrechte und Toleranz in Deutschland
Antwort einer hessischen Politikerin als Sprecherin für Menschenrechte der CDU/CSU und Stellvertretendem Mitglied im Innenausschuss des Deutschen Bundestages
(MEDRUM) Erika Steinbach, CDU-Politikerin aus Hessen, gibt viele Erklärungen ab. Sie setzt sich für Menschenrechte ein - nicht aber für Menschenrechte in Deutschland. "Nicht zuständig", ist das Fazit der Antwort auf einen Brief, in dem sie gebeten wurde, sich nicht nur für Menschenrechte in anderen Ländern, sondern auch für Menschenrechte und mehr Toleranz von Minderheiten in Deutschland einzusetzen.
In ihrer Pressemitteilung vom 7. November sagt die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Erika Steinbach, MdB: "Menschenrechtsfortschritte in der Türkei sind kaum erkennbar". Sie kritisiert die nicht vorhandene Achtung der Religionsfreiheit. So habe die türkische Regierung bis heute nicht auf die Anfrage von Kardinal Meisner geantwortet, ob die Kirche im südtürkischen Tarsus über das Paulusjahr dauerhaft genutzt werden könne. In Deutschland hingegen sollen selbstverständlich über 100 neue Moscheen gebaut werden", steht in ihrer Mitteilung. Der interessierte Leser wird dies sicherlich nachvollziehen können.
Ein anderer Fall, in dem Erika Steinbach eine Erklärung zu Menschenrechten abgab, war der Fall zweier Hochschullehrer in Rumänien, die ihren Arbeitsplatz an der Universität verloren, weil sie auf dem Hochschulgelände ihrer Universität als Angehörige der ungarischen Minderheit Plakate mit Aufschrift in ungarischer Sprache aufstellten. Der geneigte Leser wird auch diese Erklärung nachvollziehen können.
Weniger nachvollziehbar ist hingegen, dass Erika Steinbach - eingedenk ihrer Erklärungen über Menschenrechte - in einem Brief vom 6. August vor dem Hintergrund staatlicher Zwangsmaßnahmen gegen christliche Familien wie die Familien Dudek in Hessen und Gorber aus Baden-Württemberg gebeten wurde, sich auch für Menschenrechte und größere Toleranz von Minderheiten in Deutschland einzusetzen. In diesem Brief hieß es:
"Sehr geehrte Frau Steinbach,
ich stimme wie sicher viele sehr mit Ihnen überein, dass es kritikwürdig ist, wenn Hochschullehrer in Rumänien entlassen werden, weil sie Aufschriften in ungarischer Sprache auf dem Universitätsgelände angebracht haben.
Aber, wie sehen Sie Ihre berechtigte Kritik, wenn Sie einen Blick in unser eigenes Land werfen? Hier werden Familien einer kleinen Minderheit von Eltern durch staatliche Eingriffe fast zerbrochen. Das kann man durchaus ohne Übertreibung so formulieren. Denn Eltern, die ihre Kinder aus wohl erwogenen Gründen nicht in öffentlichen Schulen unterrichten lassen wollen, sondern in ihrer Haus- oder Heimschule für eine gute Erziehung und Bildung ihrer Kinder sorgen, müssen dafür ins Gefängnis gehen oder machtlos zusehen, wie ihnen die Kinder durch staatlichen Zugriff weggenommen werden ...
Die Staatsräson liefert eine Minderheit von Familien und Kindern der Interpretationsmacht von Behörden der Schul- oder Kreisverwaltung aus. Sie verweigern ihnen in der Konsequenz das grundgesetzlich geschützte Recht, ihre Kinder nach ihrer christlichen Glaubensüberzeugung zu erziehen. Solche Eltern wollen ihre Kinder nicht der destruktiven und asozialen Unmoral der Beliebigkeit eines Gender Mainstream unterwerfen. Wer diese Tugendhaftigkeit und Verantwortung des Gewissens nicht schützt, zugleich aber die Legitimation beansprucht, gegen die Entlassung eines Hochschullehrers im europäischen Ausland zu protestieren, der wird unglaubwürdig. Er lässt es zu, wenn Menschen in unserem Land durch eine autoritäre Amtsbürokratie und repressive Ausgestaltung und Anwendung unseres Rechtssystems zu Opfern staatlicher Gewalt werden, obgleich sie in Geist und Haltung geradezu vorbildhaft den demokratischen Maßstäben und Grundwerten unseres Staates entsprechen. ...
Gerade weil ich auch Sie darin unterstütze, für Menschenrechte wo auch immer in dieser Welt einzutreten, bitte ich Sie, sich auch für Toleranz, Humanität und Freiheit in unserem Land, zugunsten jener Menschen und Familien einzusetzen, die aus ehrenwerten Motiven und großem Verantwortungsbewusstsein einem unwürdigen Diktat des staatlichen Machtapparates ausgesetzt sind. In der Anlage habe ich je einen Artikel über die Fälle der Familie Dudek und Gorber zu Ihrer Verwendung beigefügt. ...
Ich appelliere an Sie, sich für die notwendigen Änderungen für mehr Freiheit und Toleranz auf politischer Ebene in Ihrer Partei und im Bundestag einzusetzen."
Die vielsagende Antwort, die fast drei Monate später, und zwar am 23. Oktober vom Büro der Abgeordneten Steinbach erteilt wurde, lautete:
Ihre Anfrage an Frau Steinbach bezog sich nicht - wie von uns erst gedacht – auf Minderheiten in Rumänien, sondern auf deutsche Eltern, die ihre Kinder zu Hause oder in Heimschulen unterrichten wollen. Daher ist der richtige Ansprechpartner die bildungs- und forschungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ilse Aigner MdB.
Damit ist klar, dass Frau Steinbach der Bitte, sich auch für Menschenrechte in Deutschland einzusetzen, eine Absage erteilt hat und für nicht zuständig erklärt wurde. Der Absender ging davon aus, dass Menschenrechte universelle Gültigkeit haben und deshalb die Bitte an Erika Steinbach, sich dafür auch in Deutschland in ihrer Partei und im Bundestag einzusetzen. Wie sollte es nun gelingen, Frau Ilse Aigner als bildungs- und forschungspolitische Sprecherin davon zu überzeugen, sie solle sich nicht nur für Menschenrechte in anderen Ländern, sondern auch für Menschenrechte von Minderheiten in Deutschland einzusetzen, so die Bitte des Briefes an Frau Steinbach. Die Antwort von Frau Ilse Aigner könnte logischerweise nur lauten: Nicht zuständig!
Ebenso klar ist auch die Folgerung, die sich aus der erklärten Unzuständigkeit von Erika Steinbach ergibt, sich für Menschenrechte und mehr Toleranz in Deutschland einzusetzen: Der Bürger ist für jede noch so dümmliche Antwort zuständig.
Erika Steinbach ist CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 184 Frankfurt a. M. und Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und Stellvertretendes Mitglied im Innenausschuß.