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Das karrieristische Argument


14.11.08

Das karrieristische Argument in der Hessen-SPD

Die vier Abtrünnigen gefährden Arbeitsplätze von Parteigenossen

(MEDRUM) In der Diskussion um die Rebellion der vier hessischen Landtagsabgeordneten werden viele Argumente für und wider deren abtrünniges Entscheidungsverhalten angeführt. Auch karrieristische Gründe.

Darf ein Abgeordneter sein Abstimmungsverhalten nur seinem Gewissen und der persönlichen Verantwortung unterordnen? Das karrieristische Argument sagt: Nein. Er muss Rücksicht nehmen auf die Parteigenossen, zum Beispiel diejenigen, die auf einer Liste von Posten eines Schattenkabinetts stehen. Bringt er mit seinem abweichendem Votum die Wahl einer Frau zu Fall, die Ministerpräsidentin werden möchte, fallen mit ihr auch eine ganze Reihe anderer von einem Tisch, der schon reichlich gedeckt schien. Nun wird es nichts, mit dem Ministermenü an einem Kabinettstisch. Das ist nicht nur parteischädigend, sondern schädigt auch Genossen aus den eigenen Reihen. So denkt wohl mancher SPD-Genosse, zum Beispiel die SPD-Parteirechte Nancy Faeser; sie sagte laut FAZ: „Man sollte sich einmal vorstellen, so etwas passiert in einem Unternehmen. Das hätte dort sicherlich auch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Wenn drei Mitarbeiter die Arbeitsplätze der anderen gefährden, wäre das für die anderen Kollegen sicher eine schwierige Situation.“ Dabei geht es nicht nur um Schattenminister, auch Kurzzeit-Abgeordnete und Referenten in Wartestellung, die nun nicht den erhofften Job bekommen. Selbst der neue SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel soll vor diesem Hintergrund um Verständnis für die Enttäuschung der  Genossen geworben haben. Laut FAZ hat er erklärt: "Die vier Abgeordneten haben Schicksal gespielt für viele andere in der Fraktion.“

Haben Sie gespielt? So einleuchtend persönliche Betroffenheiten sein mögen, zeigt doch das karrieristische Argument, welches Denken bei der Frage eine Rolle spielt, wieviel Freiheit man einem frei gewählten Abgeordneten zubilligt, wenn dies von persönlichem Nachteil für die erhoffte politische Karriere ist. Allein: Davon steht weder etwas in der Verfassung noch in einem Arbeitsvertrag, den Nancy Faeser so gerne als Züchtigungsmittel in der Hand halten würde.  Glücklicherweise sind jedoch die Arbeitsgerichte keine Instanzen, die für die Züchtigung und Disziplinierung von Abgeordneten eingespannt werden können. Es ist eine der wenigen Domänen, in denen der Bürger das Sagen hat, wenn er in die Urne geht, um Abgeordnete zu wählen, die nicht auf den Posten des Genossen, sondern auf das Wohl des Bürgers zu schauen haben. Und dass Abgeordnete danach handeln, selbst wenn ihnen daraus persönlich Nachteile erwachsen, mag selten genug vorkommen. Aber auch dies gibt es, wie das Quartett der vier Abtrünnigen demonstriert hat. Ein Schelm, wer behauptet, sie hätten nur auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes von Roland Koch geschaut.


MEDRUM-Artikel -> Das Quartett der Ausgestoßenen