07.09.10
"Sarrazin, du Nazischwein!"
Wenn die Sachdebatte durch Mißachtung und Herabsetzung der Person ersetzt wird ...
(MEDRUM) Der ehemalige Finanzsenator von Berlin, Thilo Sarrazin, sieht sich Beleidigungen ausgesetzt, die zutiefst ehrverletzend sind und die Achtung der Menschenwürde mit Füßen treten. Sie kennzeichnen den Verlust einer Streitkultur, die mit den Maßstäben einer freiheitlichen Demokratie, die dem Schutz der Menschenwürde verpflichtet ist, unvereinbar ist. Selbst vor Morddrohungen wird nicht zurückgeschreckt.
Während der gestrigen Diskussion hat Sarrazin laut Abendblatt unter anderem festgestellt, 70 Prozent der Migranten seien bestens integriert in der zweiten Generation, 30 Prozent hätten allerdings enorme Probleme. Und das seien die Migranten aus den muslimischen Ländern. Wie das Hamburger Abendblatt weiter berichtet, wurde der Autor des Buches "Deutschland schafft sich ab" nach der Diskussion in Berlin beim Verlassen der Veranstaltung von einem Mann mit dem Ausruf "Sarrazin, du Nazischwein!" angepöbelt.
Niemand sollte über derartige Beleidungen verwundert sein angesichts der massiven öffentlichen Verurteilungen, die Thilo Sarrazin in den letzten Tagen von prominenten Personen über sich ergehen lassen musste. Die "politische Klasse" habe sich eindeutig geäußert, so Katrin Göring-Eckardt, Präses der EKD und Politikerin der Grünen. Zu diesen Personen gehörten insbesondere:
Gemessen an dem Maßstab, eine Integrationsdebatte müsse ernsthaft und mit Würde geführt werden, wie es Renate Künast von den Grünen formulierte, ist die öffentliche Herabsetzung der Person Thilo Sarrazins kein Beispiel für eine respektvoll und sachlich geführte Debatte. Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz mahnte in der Sendung bei Anne Will am Sonntag, die Achtung und den Respekt vor Andersdenkenden nicht zu verletzen, und sagte: "Zur Meinungsfreiheit gehört fundamental der Respekt vor Andersdenkenden und ich sehe nirgendwo auch nur den Ansatzpunkt eines Respekts vor dem, was andere, die nicht politisch korrekt denken, sagen und veröffentlichen."
Die im Zusammenhang mit Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" ausbrechende Stigmatisierung ist auch bei Vertretern der Kirchen keine neue Erscheinung. Im Zusammenhang mit dem Ausschluß prominenter SPD-Politiker aus der SPD hatte der evangelische Pfarrer und Sprecher der Anti-Nazi-Koordination, Dr. Hans Christoph Stoodt aus Frankfurt am Main, unter anderem auch mit Hinweis auf die Redefreiheit beim Marburger Kongreß 2009, für die sich Hans Apel (SPD) einsetzte, erklärt: "Ich bin kein Sozialdemokrat und kann nur von außen sagen: Eine sozialdemokratische Partei, die sich ernst nimmt, kann meines Erachtens weder Hans Apel noch Wolfgang Clement in ihren Reihen dulden. Sie müßte solche Leute aus der Partei ausschließen."
Zur Frage der Meinungsfreiheit und Ausgrenzung von Personen äußerte sich 2009 der bekannte deutsche Philosoph Robert Spaemann in einem Welt-Interview: "Generell ist die Meinungsfreiheit jetzt schon auf katastrophale Weise eingeschränkt im Vergleich zu den 50er Jahren. Wir lebten damals in einem viel freieren Land." Spaemann bezeichnete dies als eine "beängstigende Entwicklung". Auch zur Beteiligung der Kirche an dieser Entwicklung hatte sich Spaemann geäußert. Im Zusammenhang mit Vorwürfen, die der Oberkirchenrat Christhard Wagner von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands gegen den Leiter des evangelischen Nachrichtenagentur "idea" erhob, Helmut Matthies bewege sich in der Grauzone zum rechtsextremen Milieu, weil er die Auszeichnung mit dem Gerhard-Löwenthal-Preis angenommen hatte, stellte Spaemann fest: "Kirche, egal ob evangelisch oder katholisch, muß Platz haben für eine Vielfalt politischer Positionen. Wenn sie sich aber an der Diffamierung eines normalen politischen Standpunktes beteiligt wie in diesem Falle des Konservatismus, macht sie sich im Grunde selbst zur Polit-Sekte."
Wie MEDRUM heute morgen berichtet wurde, erhielt Thilo Sarrazin auch erste Morddrohungen.
Artikel 1 des Grundgesetzes sagt aus: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Diese zentrale Vorgabe des Grundgesetzes gilt auch für Politiker, die als Volksvertreter gewählt sind und wie Katrin Göring-Eckardt zur politischen Klasse gehören.
In den Medien
07.09.10 | FOCUS | „Der Umgang mit Sarrazin ist unwürdig“ |
07.09.10 | Bild | Morddrohung gegen Sarrazin im Internet |
07.09.10 | Hamburger Abendblatt | Thilo Sarrazin weicht nicht zurück und legt nach |
06.09.10 | katholisch.de | Schick und Genn verurteilen Aussagen von Sarrazin |
06.09.10 | Bild | Sarrazin geht heute wieder zur Arbeit |
06.09.10 | Süddeutsche Zeitung | Debatte um Thilo Sarrazin - Spiel nicht mit den Schmuddelkindern |
06.09.10 | FAZ | Zustimmung für Sarrazin: Integration der Willigen |
05.09.10 | Süddeutsche Zeitung | Sarrazin gegen Wulff, Wulff gegen Sarrazin |
05.09.10 | Süddeutsche Zeitung | Klaus von Dohnanyi zur Sarrazin-Debatte: Feigheit vor dem Wort |
05.09.10 | Bild | Haben die Politiker selbst viele Fehler gemacht, Frau Merkel? |
04.09.10 | Spiegel | "Ade Meinungsfreiheit" |
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Leserbriefe
Ideologische Blockade statt inhaltlicher Auseinandersetzung
Ob Sarrazin Recht hat oder nicht, weiß ich nicht. Jedenfalls fällt mir auf, dass "die politische Klasse", wie jene Personen im obigen Artikel genannt werden, gezielt eine Auseinandersetzung mit den Inhalten, also den von Sarrazin vertretenen Thesen und präsentierten Zahlen, blockiert, indem er mit Hassbegriffen (M. Kässmann: "menschenverachtend", M. Friedmann: "Hassprediger" etc.) belegt wird. Hier werden die allerschärfsten Geschütze aufgefahren. Warum, fragt sich der skeptische Zeitgenosse. Will hier mit aller Gewalt - mit a l l e r Gewalt! - verhindert werden, dass man sich mit den betreffenden Inhalten, Zahlen, Forschungsergebnissen auseinandersetzt? Der Eindruck drängt sich auf.
Und noch ein zweites: In einer Fernsehdiskussion äußerte sich H.-C. Ströbele, Vizevorsitzender der Grünen, politisch korrekt über Sarrazin. Der Interviewer fragte ihn dann, ob er denn das Buch von Sarrazin gelesen hätte. Natürlich nicht, meinte dieser, er wolle es auch gar nicht lesen. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus! Morgen kaufe ich mir das Buch. Ich will wenigstens wissen, was genau Sarrazin vertritt. Und ich will bei der öffentlichen Diskussion entscheiden können, ob der oder jener Gegner Sarrazins auch tatsächlich auf die Argumente und Fakten eingeht, oder ob er mich durch bestimmte Äußerungen nur manipulieren will.
Diffamierung von Personen ist totalitär und unmoralisch.
Auf welches Recht berufen sich eigentlich die im Artikel genannten Personen, wenn sie Herrn Thilo Sarrazin zur "Persona non grata" erklären? Selbst wenn Herr Sarrazin sich undifferenziert und pauschalisierend gegenüber bestimmten Volksgruppen geäußert haben sollte, (was ich offen lasse), rechtfertigt dies, die pauschalisierte Diffamierung seiner Person? Ist solches "Heimzahlen mit gleicher Münze" gerechtfertigt? Wenn gefragt wird: Darf Herr Sarrazin seine Thesen in Buchform äußern, Darf und muss dann nicht ebenso gefragt werden: Dürfen Politiker so mit Andersdenkenden umgehen? Ich vermisse Differenzierung und die unerlässliche Unterscheidung von Personen und Personengruppen und deren Äußerungen und Verhalten. Wer Thesenschreiber zu Unpersonen erklärt, beansprucht für sich selbst (unausgesprochen) das Recht dazu. Wird hier denn nicht eine rote Linie überschritten? Kommt denn solches Verhalten von gewählten Volksvertreter nicht sehr nahe jener brandgefährlichen Ebene totalitär argumentierender Fundamentalisten, welche allen Andersdenkenden die Berechtigung dafür, bis hin zum Daseinsrecht absprechen? Die aktuelle Verbaleskalation macht mir wirklich allmählich Angst. Wer ist denn hier wirklich Brandstifter? Wiederholen sich hier vielleicht Eskalationsmuster, die man glaubte durch das jahrzehntelange, kategorische Mantra des "Nie wieder" überwunden zu haben?
Instrumentalisierte Nazivergangenheit
Wenn man wissen will ob ein Buch oder eine Aussage gut ist, muss man nur danach schauen, wer dagegen polemisiert. Nach den Leuten zu urteilen und nach der Heftigkeit, in der hier polemisiert wird, muss es ein sehr gutes Buch sein, weshalb ich es auch sofort bestellt habe. Es trifft zu, dass bei uns sowohl das Recht auf Freie Meinungsäußerung wie auch die Freiheit von Forschung und Lehre gefährdet sind, was daran liegt, dass es, infolge einer instrumentalisierten Nazivergangenheit, nicht näher definierbare inoffiziell "vorgeschriebene" Sichtweisen gibt, gegen die zu verstoßen, Ärger bringt.
Gegen dieses Meinungsdiktat muss jeder verantwortliche Bürger entschieden vorgehen, in dem er sich in Leserbriefen, Blogbeiträgen, Mails an Politiker und kirchliche Funktionäre, die hier ein trauriges Bild abgeben, äußert. Wenn eine Katrin Göring-Eckardt, als EKD-Funktionärin, nicht zu wissen scheint, dass Christentum und Islam in ihren Wesenskernen unvereinbar sind, und Christen das Evangelium verkennen, wenn sie gegenüber Andersgläubigen gewaltsam werden, und Muslime die Aussagen des Koran verkennen, wenn sie Andergläubigen gegenüber friedlich sind, dann degradiert man die Kirche zu einem "Verein zur Pflege religiösen Brauchtums", zu der dann "Glückwünsche zum Ramadan" ebenso passen wie die Verunglimpfung Thilo Sarrazins.
Ideologische Blockade statt inhaltlicher Auseinandersetzung
Ich möchte zu diesem Punkt nur sagen, daß M. Friedmann und auch St. Kramer hier nur für ihre Person Stellung beziehen und das keinesfalls für "die Juden" tun, deren innerverbandlichen Diskussion des Selbstverständnisses von Juden in Deutschland als Teil der deutschen Gesellschaft und als Juden sie geflissentlich ignorieren und umgehen! Mehrere Aufrufe seitens jüdischer Gemeinschaften in Hamburg, Dresden, Leipzig, etc. und auch entsprechenden Statements jüdischer Menschen der Öffentlichkeit, wie Henryk M. Broder, Yoram Ben-Zeev, haben diese Herren nicht zum Umdenken bewegen können, was wir als übergroße Mehrheit in Deutschland lebender Juden nur bedauern können, weil hier ein falsches Bild zur jüdischen Haltung in dieser Sache entsteht! Wir diskutieren in Israel einen jüdischen Staat mit nichtjüdischen Minderheiten ebenfalls und manchmal auch ganz schön kontrovers, so daß wir die Blockadehaltung der Verantwortlichen auf deutscher und auch jüdischer Verbandsseite nicht mehr verstehen und nachvollziehen können! Was wir uns genehmigen, müssen wir doch auch anderen Völkern und Staaten zugestehen, nämlich die Fragen ihrer nationalen Idendität zu beantworten, wie es ihnen genehm ist! In der Mehrheit tut das die jüdische Gemeinde in Deutschland auch und wir sind unserem Botschafter und Henryk Broder sehr dankbar, daß sie unsere mehrheitliche Meinung vertreten und öffentlich gemacht haben! Schalom - Lutz Starke
.... und noch ein Beispiel von "Meinungsfreiheit"
Es ist auch verboten, sich gegen die nicht schlüssig bewiesene Evolutionstheorie zu äußern. Die Medien und etliche Wissenschaftler haben diese Hypothese, welche nicht belegen kann, woher das Leben kommt, als alleiniges Erklärungsmodell favorisiert, obschon es auch kritische Argumente gibt. Man behauptet suggestiv:" Kein ernstzunehmender oder seriöser Wissenschaftler behauptet, daß die Evolution nicht stattgefunden hat oder nicht bewiesen ist!" Das bedeutet, jeder Wissenschaftler (davon gibt es etliche), der an dieser Theorie zweifelt, ist unseriös und/ oder nicht ernst zu nehmen. Dann darf man Max Planck, Einstein oder Pascal nicht ernst nehmen. Kreationistisch denkende Christen werden als Gesprächsunfähig, pseudowissenschaftlich argumentierend, fundamentalistisch verunglimpft. Gott wäre der "Lückenbüßer!?" Wofür, für die Lücken der Evolutionsbeweise? Für die Missing-Links? Es geht im Grunde um die eine Frage; gibt es einen Gott oder gibt es keinen!? Ein Kampf zwischen Licht und Finsternis. Ich stelle fest, daß es seit 1950, meinem Geburtsjahr, immer dunkler hierzulande wird. Die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, die Liebe in Vielen erkalten, die Geldgier ausufern, ruhmredige Demagogen, die viel von sich halten und meinen, was sie sagen, wäre vom Himmel geredet. Die Kräfte der Natur werden ins Wanken geraten. Man wird sich von der Wahrheit (Gott und Jesus) abwenden und lieber das hören wollen, wonach die Ohren jucken. Alles ist in der Bibel vorhergesagt. Beten wir für unsere Obrigkeit, damit wir ein friedliches Leben führen können.