15.12.10
Eine neue Einheit der Kirche
Zur Kontroverse um das neue Pfarrdienstgesetz der EKD aus ökumenischer Perspektive
von Hubert Windisch
(MEDRUM) Am 10. November 2010, einen Tag vor dem Namenstag Martin Luthers, haben die 126 Synodalen der EKD einstimmig ein neues Pfarrdienstgesetz beschlossen, das der badische Landesbischof Ulrich Fischer als ein „wahrhaft epochales Werk" bezeichnete.
«Ehe zu Dritt»?
Dass es ein neues Pfarrdienstgesetz im Sinne der Rechtsvereinheitlichung innerhalb der EKD brauchte, steht außer Zweifel. Und dass darin viel Wichtiges und Richtiges behandelt und geregelt wird, ist unbestritten. Für große Unruhe in protestantischen Kreisen sorgt allerdings eine eher harmlos klingende Passage. In § 39 über Ehe und Familie heißt es, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auch in ihrer Lebensführung im familiären Zusammenleben und in ihrer Ehe an die Verpflichtungen gebunden sind, die sich aus der Ordination ergeben. Aus der Erläuterung des Begriffs «familiäres Zusammenleben» im Pfarrdienstgesetz wird nun klar, dass mit diesen neuen kirchenrechtlichen Regelungen auch lesbische Pfarrerinnen und schwule Pfarrer, die in einer Lebenspartnerschaft zusammenleben, ebenso wie ein in Ehegemeinschaft zusammenlebendes Pfarrerehepaar als Familie angesehen werden. Denn in der Begründung zum neuen Gesetz heißt es wörtlich:
„Der Begriff «familiäres Zusammenleben» ist bewusst weit gewählt. Er umfasst nicht nur das generationsübergreifende Zusammenleben, sondern jede Form des rechtsverbindlich geordneten Zusammenlebens von mindestens zwei Menschen, das sich als auf Dauer geschlossene, solidarische Einstandsgemeinschaft darstellt."
Die Formulierung „mindestens zwei Menschen" lässt sogar Spielraum für künftige Weiterentwicklungen von Lebensformen. So könnten beispielsweise bald auch drei als Partner zusammenlebende Pfarrerinnen oder Pfarrer als Familie gelten. Eine «Ehe zu Dritt» wäre also, wie bereits jetzt in den Niederlanden möglich, denkbar.
Sprengkraft für Bekenntnis und Kirche
Vielleicht ist den Synodalen der EKD einschließlich ihres neuen Ratsvorsitzenden gar nicht bewusst, welche Sprengkraft in diesen Aussagen liegt, eine Sprengkraft, die zu ähnlichen Zuständen und Vorgängen wie in der anglikanischen Kirche führen könnte. Worum geht es? Mit der erläuternden Begründung zum Begriff «familiäres Zusammenleben» verlässt die EKD den kirchlichen Boden biblischer Anthropologie, die in der grandiosen Ouvertüre der Heiligen Schrift in Gen 1 und 2 anklingt, und fährt unbedarft und willfährig zugleich im Fahrwasser des Gendermainstreams und der Schwulenbewegung. Ein Urdatum göttlicher Offenbarung, die Gottebenbildlichkeit des Menschen im Mann- und Frausein, wird zur Disposition gestellt, indem dieses Mann- und Frausein nicht mehr als der biblisch exklusive Referenzpunkt geschlechtlichen Verstehens und sexueller Praxis beibehalten, sondern als eine Beziehungsspielart des menschlichen Miteinanders unter vielen anderen angesehen wird. Aus Gen 1 und 2, diesem dichterisch dichten Dokument der Weisheit und der Liebe Gottes, wird Allotria, Beliebigkeit, die an Verhöhnung der Bibel grenzt. Wenn das alles im Blick auf das Pfarramt passiert, kann man eigentlich nicht noch schlimmer mit der Heiligen Schrift umgehen, die doch immer ein Markenzeichen evangelischen Selbstverständnisses, ein Kernpunkt des Bekennens und Tuns der evangelischen Kirchen war.
Kein kirchlicher Segen für staatliches Allerlei
Da sich innerhalb der evangelischen Kirchen, aus welchen Gründen auch immer, protestantischer Widerstand gegen diese fundamentale Verwerfung von Christ- und Kirchesein nur zaghaft meldet, ist katholischer Protest nötiger denn je. Freilich ist ein solcher Protest nicht einfach. Zum einen gibt es auch innerhalb der katholischen Kirche Gruppierungen und auch Theologen, die dem § 39 des Pfarrdienstgesetzes samt Begründung zustimmen würden. Zum anderen muß man leider feststellen, dass in der katholischen Kirche vor allem auf Leitungsebene eine ökumenische Befangenheit eingekehrt ist, die sich hauptsächlich in ökumenischer Betulichkeit ergeht und weder die Wirklichkeit der Gläubigen noch die wirklichen Fragen des Glaubens in den Blick bekommt. So müsste man von offizieller katholischer Seite aus den neuen EKD-Vorsitzenden Schneider ja nicht nur auf das neue Pfarrdienstgesetz, sondern auch auf seine Christologie hin kritisch befragen. Und man muß leider auch feststellen, dass dieser nicht nur katholische Befangenheit über alle Konfessionen hinweg ein Konsens - eine Art negativer Ökumene - zugrundeliegt, der primär auf die Selbsterhaltung der Kirchen als Apparate und Organisationen achtet. Die Kirchen neigen als soziokulturelle Systeme - wie alle innerweltlichen Systeme auch - dazu, selbstreferentielle Systeme zu werden. Es geht um sie selbst, um ihre Strukturen, ihr Personal, ihr Geld. Wohlweislich ist man deshalb über konfessionelle Grenzen hinweg darauf bedacht, sich bei dieser Selbsterhaltung gegenseitig nicht weh zu tun. Immer aber, wenn Selbsterhaltung vorrangig wird, ist die Kirche bereit, sich den Vorstellungen der Zeit und den jeweiligen politischen Machthabern, ja sogar einer wie auch immer gearteten «Political Correctness» zu unterwerfen. Man meint dann, wichtig zu sein aufgrund von Anpassung, obwohl man gerade deshalb deutlich spüren kann, dass man in unserer Gesellschaft als Kirche zunehmend als eine Größe gebraucht wird, die man eigentlich nicht mehr braucht. Wichtigtuerei gegenüber Staat und Gesellschaft nach dem Motto «Nützt du mir, nütz' ich dir» ist die Folge. Dem Geld des Staates für kirchliches Vielerlei korrespondiert dann der kirchliche Segen für staatliches Allerlei. Das Pfarrdienstgesetz mit der darin aufscheinenden Sexualethik ist nur ein Symptom für eine tiefere Versündigung.
Gott auf krummen Zeilen gerade schreiben lassen
Leicht vergisst man freilich so den Auftrag zu kritischer Zeitgenossenschaft gegenüber Entwicklungen in unserer Gesellschaft, die weder der Verherrlichung Gottes noch dem Wohl der Menschen dienen. Nun sind immer mehr Gläubige in allen Konfessionen mit diesen Zuständen und Vorgängen unzufrieden. Ein Riß geht vor diesem Hintergrund quer durch die christlichen Konfessionen. Dieser Riß ist als heilsamer Riß zu verstehen und fruchtbar zu machen. Denn längst schon verlaufen die Scheidungslinien in grundsätzlichen ethischen und auch dogmatischen Fragen nicht mehr konfessionell gebunden innerhalb der Konfessionen selbst. Wir haben diesbezüglich de facto eine neue Art von überkonfessioneller Kirchenspaltung, die nur noch eines mutigen de-jure-Zustandes harrt. Dies wahrzunehmen und auch anzuerkennen, würde eine ganz neue Einheit der Christen entstehen lassen, die sicherlich auch noch bestehende sperrige Unterschiede jenseits ökumenischer Gags verschwinden ließe. Nicht zuletzt eine neue geistliche und theologische Ehrfurcht vor der Heiligen Schrift, die die katholische Kirche laut II. Vatikanischem Konzil (Dei verbum Nr. 21) immer wie den Herrenleib selbst verehrt hat, würde dazu beitragen. Sollten sich Christen durch alle Konfessionen hindurch zu gemeinsamem Protest gegen die unselige Passage samt Begründung von § 39 des Pfarrdienstgesetzes der EKD zusammenfinden, hätte Gott auf krummen Zeilen gerade geschrieben.
Copyright Hubert Windisch, 15.12.2010
→ Publikationen von Prof. Windisch
11.11.10 | MEDRUM | 126 Synodale beschließen einstimmig "epochales" Pfarrdienstgesetz |
08.11.10 | MEDRUM | Vorlage der EKD: Kinder sind für Familie nicht mehr konstitutiv |
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Leserbriefe
EKD ein humanistischer Verein
Die Basis begehrt im allgemeinen auf, wenn die Umsetzung des Mainstream-Diktats auf das Grundwertegerüst nur zögerlich oder überhaupt nicht stattfindet. Siehe "Wir sind Kirche". In der EKD ist das nicht nötig, weil die Entscheidungsträger fast allen fortschrittlichen Ideologien, die mit dem Basisauftrag nicht vereinbar sind, anhängen. Die EKD ist zu einem humanistischen Verein verkommen, gespickt mit geistlichen Worthülsen.
Eine neue Einheit der Kirche
Dieser Artikel spricht mir als Ev. Pfarrer aus dem Herzen. Ein sehr problematischer Weg, den meine Kirche hier geht.
Meine Kirche? Deine Kirche? SEINE Kirche!
Der Ausdruck "meine Gemeinde" kommt meines Wissens nur einmal in der Bibel vor, nämlich in Matthäus 16:18, wo Jesus ihn gebraucht: Er allein kann die Gemeinde "meine" Gemeinde nennen. "Unsere Gemeinden" und "unsere Kirchen" sind wahrscheinlich eines der größten Probleme, warum "seine Gemeinde" nur so schwer gebaut werden kann. Wir stehen vielleicht kurz davor, dass diese Holz- und Strohhütten in die Hände der Welt gegeben werden. Aber "seine" Gemeinde wird bestehen bleiben. Auch ohne anerkannte Gemeinnützigkeit, auch wenn sie keine "Körperschaft des öffentlichen Rechts" ist, sondern nur noch "sein Körper (Leib)". So hart der bevorstehende Zusammenbruch der Kirchen in Deutschland ist, es wird Gott nicht daran hindern, "seine Gemeinde" zu bauen. Juhu, da können wir uns schon drauf freuen! Oder, frei nach Lukas 21:28: Kopf hoch!
http://www.urzeitundendzeit.de
Evangelische Pfarrhäuser
warum soll man sie strenger beurteilen als katholische Dominikanerkonvente und Benediktinerabteien?
Auf keinen Fall strenger
Auf keinen Fall sollte man strenger beurteilen. Davon ist man auch weit entfernt. Wo ist es in Klöstern oder kath. Pfarrhäusern erlaubt, dass Homo-Paare dort leben? Wenn man also kath. Maßstäbe an die EKd anlegen würde, müsste der Beschluss der EKD-Synode sofort aufgehoben und etliche evang. Pfarrhäuser sofort geräumt werden. Die Sorge um zu strenge Maßstäbe ist also unbegründet.
HomoGreuel Pfarrer
Sowohl im AT als auch im NT wird Homosexualität als "Greuel vor dem HErrn" bezeichnet. Wer die Aussagen des WORTES GOTTES heute noch - als fundamentale WAHRHEIT - glaubt, der wird als "Fundamentalist beschimpft". Theologie- Professoren zerpflücken die Heilige Schrift und stellen fest: Vieles stimmt nicht. Der frechste ev. Lügenprofessor Lügemann pardon, Lüdemann, behauptet öffentlich: Nur etwa 5 % der Heiligen Schrift seien wahr... ! Der frechste kath. Verdrewermann, pardon Drewermann, verpsychologisiert, verdreht und verbuddhisiert GOTTES WORT. Also, wenn man mit der Wahrheit so umspringt, und das nicht erst seit gestern, so kann doch auch die Homoperversion in den "christlichen Pfarrhäusern" vielleicht doch auch "gottes wille" sein?? Welchen gottes ? Na, eben des "gottes der historisch- kritischen Theologie" -, die heute so "ehrfürchtig" von allen Universitäten "wissenschaftlich" abgesegnet wird.... , wie Professorin Eta Linnemann in ihrem Buch "Was ist glaubwürdig - DIE BIBEL - oder die Bibelkritik ? - VTR Verlag für Theologie und Religionswissenschaft klar dokumentiert hat. Die Tage Noahs lassen grüßen, auf die sich Christus für die Endzeit warnend bezogen hat in seiner Rede in Jerusalem kurz vor seinem Kreuzestod. Aber diese Warnung Christi unseres Heilandes wird auch längst "historisch-kiritisch" entsorgt worden sein, sonst wäre vieles in unseren Kirchen heute gar nicht möglich. C H R I S T U S V I N C I T ! Christel Koppehele