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Dürfen homosexuelle Paare bald adoptieren?


01.08.09

Dürfen homosexuelle Paare bald adoptieren?

Ein Kommentar von Albert Wunsch

(MEDRUM) Es ist schon fatal, welch einseitige Schlussfolgerungen in der Politik zu alltäglich Beobachtbarem gezogen werden. So will Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern mit folgender Begründung ermöglichen: „Wir müssen die Lebenswirklichkeit anerkennen", so laut einer epd-Meldung im Interview gegenüber dem Deutschlandfunk. Ergänzt wird die Handlungs-Absicht mit dem Hinweis, dass schon jetzt knapp 20.000 Kinder bei homosexuellen Paaren leben, und dem müsse der Gesetzgeber Rechnung tragen.

Kinder brauchen Männer und Frauen als Orientierung und Vorbild für die Identitätsfindung innerhalb der Familie. Bereits jetzt klagt die Gesellschaft darüber, dass es in Kindergärten und Grundschulen überdurchschnittlich viele Frauen gebe ‚und dadurch Jungen nicht zu Männern würden. Auch im Hinblick auf die Kinder von geschiedenen, verwitweten oder sonst wie getrennten Eltern, welche häufig unter Zuwendungsverlust leiden und sich dies auch in Verhaltensstörungen äußert, darf es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, dem, was aus Tragik entsteht, einen Modellcharakter einzuräumen. Nicht die Bestrebungen von homosexuellen Paaren, sonders das Kindeswohl hat im Zentrum der Gesetzgebung zu stehen.

Nun aber noch einmal zur Begründung der Ministerin. Welche Unfähigkeit käme zum Ausdruck, wenn politische Entscheidungen jenseits der Lebenswirklichkeit getroffen würden. Aber wieso wird hier etwas Beobachtbares als Beleg dafür genommen, dieser Richtung zu entsprechen und ihr eine gesetzliche Basis zu verschaffen, während in anderen Fällen das Gegenteil deutlich wird? Mit der von der Bundesjustizministerin eingebrachten Begründung könnten auch alle Stopp-Schilder und Ampeln entfernt werden, weil in diesen Tagen per Untersuchungsergebnis der Öffentlichkeit präsentiert wurde, dass eine große und ständig wachsende Zahl von Bundesbürgen diese Verkehrssignale ignorieren. Und in unserem Land gab oder gibt es immer noch einen großen Trend, Gelder auf ‚Schwarzen Konten' zu deponieren. Hier wäre dann die logische Konsequenz im Sinne der Ministerin, diese Transaktionen möglichst bald zu legalisieren. Denn auch in der Steuergesetzgebung sollte doch nicht die Lebenswirklichkeit ausgeblendet werden.

Verlassen wir den Raum von Schein-Logik und politischem Opportunismus. Politik hat nicht den Auftrag, das für legal zu erklären, was einzelne Personengruppen unbedingt wollen oder viele Menschen tun, sondern ihr Handeln daran auszurichten, was gut im Sinne eines sittlichen Anspruchs und förderlich für das Gemeinwohl ist. Und dafür liefert unsere Verfassung reichlich Anhaltspunkte. Stattdessen entscheidet sich die Politik in anderen Feldern, wie z.B. in der Familienpolitik, offensichtliche Mehrheitsauffassungen im Bereich der Kleinkindbetreuung penetrant zu ignorieren, obwohl diese nicht nur auf dem Boden der Verfassung stehen, sondern auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Kinderbetreuung von 1999 eingefordert werden, um so auch unter finanziellen Gesichtpunkten eine ‚echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung' zu schaffen.

Denn es kann doch nicht sein, dass mehr als 3/4 der Familien ein öffentliches Erziehungsgeld einer staatlich subventionierten Kleinkindbetreuung vorziehen und stattdessen das Krippenwesen ständig - koste es was wolle - ausgebaut wird. Diese lebenswirkliche Ungerechtigkeit, dass Eltern, welche ein Kind in die Krippe geben, vom Staat pro Monat mit einem Geldbetrag zwischen 1.200,- und 800,- Euro pro Monat (je nach Alter des Kindes differierend) belohnt werden, während die für ihre Kinder selbst sorgenden Eltern leer ausgehen und wegen dieser unmodernen Entscheidung meist noch belächelt werden, wird konsequent von den politisch Verantwortlichen ignoriert. Aber vielleicht müssten die Familien-Verbände und das Familiennetzwerk die Lobby-Arbeit der Schwulen und Lesbenverbände adaptieren, um dieser Forderung mehr Nachdruck bzw. aufnehmende Ohren zu verleihen.

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Copyright Albert Wunsch, 2009

Dr. Albert Wunsch (64) ist Diplom-Sozialpädagoge, Psychologe und promovierter Erziehungswissenschaftler (Psychologie, Pädagogik, Kunst). Als Dozent für Erziehungswissenschaft, Elementarpädagogik und Konzepte der sozialen Arbeit lehrt er an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen Abteilung Köln sowie als Lehrbeauftragter an der Philologischen Fakultät der Universität Düsseldorf. Seit zwei Jahren lehrt Wunsch auch an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar und arbeitet darüber hinaus in einer eigenen Praxis als Paar-, Erziehungs- und Konfliktberater.

ImageAlbert Wunsch ist ebenso durch Auftritte in Fernsehsendungen wie durch seine Publikationen, insbesondere durch seine Bücher "Abschied von der Spaßpädagogik" und "Die Verwöhnungsfalle" bekannt. Er spricht sich für für einen Kurswechsel in der Erziehung aus und fordert dazu eine Abkehr von hohem Anspruchsdenken und extremem Egoismus, eine andere Mitwirkung der Schulen, die eine Kultur der Anstrengung fördern müssen, und eine Familienpolitik, die die elterliche Erziehung (auch finanziell) fördert und nicht dafür sorgt, dass Kinder schon in den ersten Lebensjahren in eine ganztägige Fremdversorgung abgeschoben werden, wie es durch das familienpolitisch verordnete Krippenausbauprogramm der Bundesregierung ermöglicht werden soll. In seinem Buch "Die Verwöhnungsfalle" beschreibt er den interessanten Zusammenhang, der zwischen  verwöhnender Erziehung und gefährdeter Partnschaft besteht. "Die beste Voraussetzung für eine glingende Partnerschaft ist eine ermutigende und zu Selbstverantwortung führende Erziehung!", sagt Wunsch. Er empfiehlt als ergänzenden Lesestoff zum Thema "Partnerschaft" das Buch von Hans Jellouschek, 'Die Kunst als Paar zu leben'.

Weitere Information www.albert-wunsch.de

Kontakt - email: albert.wunsch(at)gmx.de


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