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Essenzielle Aufgabe der Politik: Entlasten und stärken der Familien


18.07.09

Essenzielle Aufgabe der Politik: Entlasten und stärken der Familien

Befund der Expertenkommisson "Familie und demographischer Wandel" (Studie der Robert-Bosch-Stiftung)

(MEDRUM/Bosch-Stiftung) Berlin, 17. Juli 2009. Die Familie muss sich neu erfinden, „kleine Lebenskreise" müssen gestärkt werden: So lautet der Befund der Expertenkommission „Familie und demographischer Wandel" in ihrem Bericht „Starke Familie - Solidarität, Subsidiarität und kleine Lebenskreise".

Stärkung der Familie ist Aufgabe der Politik

Familien sind Basis und Grundelement unserer Gesellschaft. Wirtschaftliche Entwicklungen, neue Lebensformen und demographischer Wandel stellen Anforderungen, die die traditionelle Familie enorm unter Druck setzen. Viele Familien können ihre einzigartige Funktion des „Kümmerns" kaum mehr erfüllen. Deshalb ist es essenzielle Aufgabe der Politik, Familien in dieser Aufgabe zu entlasten und zu stärken. Gleichzeitig sollten diejenigen Unterstützung erfahren, die bereit sind, Bindungen einzugehen und füreinander Verantwortung zu übernehmen - unabhängig davon, ob diese Bindungen durch Ehe und Verwandtschaft legitimiert sind oder freiwillig eingegangen werden. Der Bericht zeigt auf, wie Familien und die kleinen Lebenskreise in Nachbarschaft, Freundeskreisen und in der Zivilgesellschaft gefördert werden können und welche Ansätze zur Nachahmung empfohlen werden. Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und unter dem Vorsitz von Kurt Biedenkopf, ehemaliger Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, haben der Familienexperte Hans Bertram und die ZEIT-Journalistin Elisabeth Niejahr die sich wandelnde Situation von Familie analysiert.

Empfehlungen der Biedenkopf-Kommission

Dem Bericht zufolge sollten Politik und Zivilgesellschaft vor allem zwei Ziele adressieren: zum einen das Kindeswohl, zum anderen die Teilhabe der Älteren am familiären Leben. Die Unterstützung ist dabei um so wirkungsvoller, je näher sie den Familien und den kleinen Lebenskreisen kommt. Die Experten haben deshalb die folgenden Empfehlungen formuliert:

  • Das unmittelbare Umfeld der Familien muss gestärkt werden.
  • Familienpolitik sollte sich zuallererst auf der kommunalen Ebene entfalten.
  • Das zivilgesellschaftliche Engagement für Familien muss auf proaktive staatliche Anreize treffen.
  • Neue Lebensgemeinschaften - gerade auch unter Älteren und im Mehrgenerationenverbund - sollten rechtlich abgesichert werden.
  • Die Leistung für und in den kleinen Lebenskreisen sollte durch steuerliche Erleichterung oder ein Grundeinkommen honoriert werden.
  • Stadtentwicklung sollte sich an familienpolitischen Belangen orientieren.
  • Der vergleichende Austausch und das Lernen von anderen sollte gesucht und erleichtert werden.

Der Staat kann die Last, die Familien tragen, zwar erleichtern, abnehmen kann er sie jedoch nicht. Um Familien passgenau und individuell zu unterstützen, bedarf es - so das Fazit - zivilgesellschaftlichen Engagements, personaler Solidarität und gelebter Subsidiarität. Die kleinen Lebenskreise sind gefordert: quasi familiäre Wohn-, Arbeits- und Zweckgemeinschaften, in denen sich Menschen freiwillig und selbstverpflichtend um einer gemeinsamen Sache willen zusammenschließen. Private Netzwerke, Nachbarschaftsinitiativen und vielerlei neue Wohnformen sind Beispiele dieser kleinen Lebenskreise.

Expertendialog

Die Kommission diskutierte mit Experten, Wissenschaftlern und Praktikern, deren Beiträge den Empfehlungen der Kommission beigefügt wurden. Als Gastautoren haben an dem Bericht mitgewirkt: Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister in Berlin-Neukölln, Volker Hassemer, Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin, Hartmut Häussermann, 1993 bis 2008 Professor für Stadt- und Regionalsoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, Claus Offe, Professor für Politische Soziologie an der Hertie School of Governance Berlin, Anja Ranscht, Mitarbeiterin des Fachgebiets Finanz- und Wirtschaftspolitik der Technischen Universität Darmstadt, Barbara Riedmüller, Professorin für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, Hans Adalbert Rürup, Chef-Ökonom des Finanzdienstleisters AWD, Tine Stein, Heisenberg-Stipendiatin am Wissenschaftszentrum Berlin, und Klaus Peter Strohmeier, geschäftsführender Direktor des Zentrums für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum. Die Prognos AG hat im Auftrag der Robert Bosch Stiftung Beispiele subsidiärer Unterstützungsformen recherchiert. Die Ergebnisse werden im Kapitel „Herzenswärme für starke Familien" vorgestellt.

Der jetzt vorliegende zweite Bericht der Expertenkommission „Familie und demographischer Wandel" baut auf den Bericht „Starke Familie" auf, den die Robert Bosch Stiftung im Jahr 2005 veröffentlicht hat. Einige der damals ausgesprochenen Empfehlungen wie etwa ein einkommensabhängiges Elterngeld oder Steuervergünstigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen wurden von der Politik inzwischen umgesetzt.

Robert Bosch Stiftung

Die Studie wurde im Auftrag der Robert Bosch Stiftung GmbH durchgeführt. Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland. Ihr gehören 92 Prozent des Stammkapitals der Robert Bosch GmbH. Sie wurde 1964 gegründet und setzt die gemeinnützigen Bestrebungen des Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861-1942) fort.

Die Stiftung konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Bereiche Wissenschaft, Gesundheit, Völkerverständigung, Bildung, Gesellschaft und Kultur. Sie betreibt in Stuttgart das Robert-Bosch-Krankenhaus, das Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für klinische Pharmakologie und das Institut für Geschichte der Medizin.


Weitere Information: -> Kommissionsbericht (s.a. Anhang)

Robert Bosch Stiftung GmbH, Heidehofstraße 31, 70184 Stuttgart