15.11.15
Eine neue Form des Krieges
Maybrit Illner machte Terrorakte des IS in Paris in Sondersendung zum Thema - Bundeskanzlerin Merkel erklärte zuvor an die Adresse Frankreichs, Deutschland werde alles tun, um den gemeinsamen Kampf gegen den IS zu führen
(MEDRUM) Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen über die Anschlagsserie in Paris wird deutlich, dass eine neue Form des Krieges geführt wird. Es sind brutalste Gewaltakte, die auf völlig arglose und wehrlose Menschen zielen. Professionelle Vorbereitung und Durchführung gehören zu den wesentlichen Merkmalen der Terrorakte, denen die Bevölkerung der französischen Metropole wehrlos ausgesetzt war. Staatspräsident Hollande sprach von einem Akt des Krieges und Bundeskanzlerin Merkel versicherte, Deutschland werde im Kampf gegen den IS an der Seite Frankreichs stehen.
In einer Sondersendung des ZDF beschäftigte sich am Samstagabend Maybrit Illner mit dem Thema: "Terror in Paris – Angriff auf Europas Herz". Die Gesprächsrunde konnte davon ausgehen, dass die islamistische Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Anschlagsserie in Paris zu verantworten hat. In einem Bekennerschreiben, das von den Sicherheitsbehörden als authentisch beurteilt wurde, hatte die Terrororganisation IS die Urheberschaft für die in Paris am Samstag verübten Anschläge erklärt. Laut ntv hat der IS verlautbart, "eine treue Gruppe der Armee des Kalifats" habe die "Hauptstadt der Unzucht und des Lasters" attackiert. Es sei der Anfang eines Sturmes, wird in dem Bekennerschreiben weiter gesagt.
An sechs Stellen wurden am Freitagabend in Paris nahezu gleichzeitig barbarische Mordtaten verübt. Nach den letzten amtlichen Zahlen fielen den Anschlägen 129 Menschen zum Opfer, mehr als 350 Verletzte sind zu beklagen. Zu den Attentatsorten gehörte neben dem Konzertsaal Bataclan und vier anderen Plätzen auch das Fussballstadion Stade de France, in dem die Nationalmannschaften Frankreichs und Deutschlands ein Freundschaftsspiel austrugen. Es scheint nur dem glücklichen Umstand zu verdanken sein, dass die dort auftretenden Selbstmordattentäter ihre Bomben nicht innerhalb des Stadions zünden konnten. Nach bisherigen Erkenntnissen konnten sie nur deswergen nicht in das Stadion eindringen, weil die Sprengstoffweste eines Täters bei der Eingangskontrolle entdeckt wurde. Daraufhin zündeten er und offenbar seine Mittäter ihren Sprengstoffgürtel vor dem Stadion.
In der gestrigen Sondersendung von Maybrit Illner wurde gefragt, ob es sich um Krieg handelt, wie der französische Staatspräsident Hollande feststellte, als er von einem Akt des Krieges sprach. Harald Kujat, ehemals Vorsitzender des Militärausschusses der NATO, merkte dazu an: "Das ist eine neue Qualität, dieser Angriff auf die französische Gesellschaft, auf die westliche Lebensart, auf den französischen Staat, hat eine neue Qualität. Und es ist ein Angriff, der nicht zufällig durchgeführt wurde, sondern der nahezu professionell, ich will nicht sagen militärisch organisiert - denn das sind ja keine Militärs, sondern Verbrecher -, aber in der Art sehr sorgfältig geplant, an verschiedenen Orten durchgeführt. Und das bedeutet eben, dass es ein Gegner ist, der ernst zu nehmen ist. Es ist in der Tat eine neue Form des Krieges, mit der wir es hier zu tun haben, und wir müssen versuchen, auf diese neue Form des Krieges eine geeignete Antwort zu finden." Die Korrespondentin von France 24, Anne Mailliet, die mit etlichen Augenzeugen gesprochen hatte, pflichtete Harald Kujat bei. Noch bevor Präsident Hollande das Wort Krieg in den Mund genommen habe, hätten alle zu ihr gesagt, das, was sie erlebt hatten, das sei Krieg, das sei wie im Krieg gewesen.
Im Verlauf der Diskussion wurde verdeutlicht, dass der IS nicht nur an Frankreich "Rache nehme". So müsse auch Russland dazu gezählt werden,m meinte Yassin Musharbash, von der Wochenzeitung DIE ZEIT. Russland hat jüngst ein Flugzeug mit mehr als 200 Passagieren an Bord über dem Sinai verloren, das mutmasslich Ziel eines terroristischen Bombenanschlages wurde. Auch Deutschland könne möglicherweise Angriffsziel sein, wenn sich dem IS eine plausible Möglichkeit biete, hier zuzuschlagen, meinte Musharbash weiter.
Illner hinterfragte im Verlauf des Gepräches auch, was es bedeute, wenn die Bundeskanzlerin sage, "wir werden alles tun, um gemeinsam den Kampf gegen diese Terroristen zu führen". Kujat merkte dazu an, dies sei im Grunde eine Kriegserklärung an den IS. Kujat weiter: "Das heißt, wir werden, wenn Frankreich militärisch gegen den IS vorgeht, wird Deutschland an der Seite, gemeinsam mit Frankreich sein. Das ist eine sehr weitreichende Festlegung, finde ich. Frankreich ist ein sehr enger Verbündeter von uns. Die Frage ist, ob die Politik anschließend wirklich bereit ist, diese Festlegung, diese Aussage einzulösen, wenn Frankreich wirklich massiv gegen den IS vorgehen sollte. Und im Augenblick sieht es in der Tat danach aus. Wenn Sie sich an die Rede von Präsident Hollande erinnern, er hat ja nicht nur von Krieg gesprochen im Hinblick auf die Ereignisse, die sich in Paris abgespielt haben, sondern er hat damit auch im Grunde deutlich machen wollen, wie die französische Reaktion aussieht, nämlich eine militärische Reaktion. Also wir werden sehen, ob Deutschland wirklich bereit ist, das zu tun, was die Bundeskanzlerin heute angekündigt hat."
Keinen Zweifel gelassen, was gegen die Bedrohung durch den IS zu tun ist, hat die Präsidentschaftskandidatin in den USA, Hillary Clinton. Sie sagte in der zweiten TV-Debatte der Präsidentschaftsbewerber der Demokraten, der IS müsse besiegt werden, und forderte die internationale Gemeinschaft auf, im Kampf gegen den Dschihadismus zusammenzustehen, um die radikale Ideologie auszumerzen.
ZDF-Sendung von Mayrit Illner → Terror in Paris – Angriff auf Europas Herz