22.08.11
Der erfolgreiche Widerstand gegen Gaddafi - eine Niederlage für Westerwelle und die deutsche Außenpolitik
Heute-Nachrichten des ZDF: "Gadaffis Regime wankt ... das libysche Volk im Freudentaumel"
(MEDRUM) Mit der Einnahme von Tripolis durch die Widersacher Gaddafis, deren erfolgreicher Kampf ohne die Unterstützung der Vereinten Nationen nicht denkbar gewesen wäre, hat Westerwelle und die deutsche Außenpolitik mehr als einen herben Gesichtsverlust erlitten.
"... das libysche Volk ist im Freudentaumel."
Heute, fünf Monate nach der Verabschiedung der UN-Resolution über Libyen, meldete das ZDF: "Gaddafis Regime wankt. Die Rebellen kontrollieren weite Teile von Tripolis. Auch wurden drei Söhne Gaddafis festgenommen - und das libysche Volk ist im Freudentaumel. Doch das Regime wehrt sich noch."
Die Tagesschau der ARD meldete: "Nach dem Einmarsch der Rebellen in die libysche Hauptstadt Tripolis sind nach Medienberichten schwere Kämpfe um die Gaddafi-Residenz entbrannt. Jubelnd hatten zuvor Tausende Menschen die Rebellen begrüßt, die inzwischen große Teile der Stadt kontrollieren. Drei Söhne des Machthabers wurden festgenommen. Wo sich Gaddafi aufhält, ist unklar."
Wenige Monate zuvor stand dieses libysche Volk am Abgrund. Aus Tunesien und Ägypten schwappte Mitte Februar die Protestwelle auf Libyen über. In Bengasi kam es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen, der Polizei und Anhängern von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Die Truppen Gaddafis schlugen mit äußerster Gewalt gnadenlos zu, um jeglichen Aufstand gegen Gaddafis Regime niederzumetzeln. Auch Angriffe aus der Luft gegen Städte in Libyen gehörten zu Gaddafis rigorosem Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung. Diesen Gewaltakten wollten die Vereinten Nationen und die Arabische Liga nach wochenlangem Zögern nicht weiter zusehen. Verbale Verurteilungen, Solidaritätsbekundungen und Appelle halfen allerdings nicht. Daher unterstützten die Vereinten Nationen die militärische Durchsetzung einer Flugverbotszone, um vor allem der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung entgegentreten zu können.
Westerwelles kläglicher Versuch, außenpolitisches Profil zu gewinnen
Außenminister Guido Westerwelle machte sich jedoch stark für Deutschlands Enthaltung bei der Abstimmung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Westerwelle hatte zuvor in Interviews zu seiner ablehnenden Haltung gesagt, eine militärische Intervention sei keine Lösung. Deutschland sei nicht bereit, in einen Bürgerkrieg hineingezogen zu werden (New York Times). Westerwelle verteidigte seine Weigerung, die UN-Resolution zu unterstützen in den Tagesthemen am 18. März 2011 unter anderem mit dem Argument, Luftangriffe seien in der Vergangenheit nicht immer erfolgreich gewesen. Im Falle Libyens bestehe die Gefahr "militärischer Weiterungen".
Dafür erhielt Westerwelle international und in Deutschland herbe Kritik. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: "Gaddafi geht mit mörderischer Härte gegen sein eigenes Volk vor. Kann da Enthaltung eine deutsche Position sein? Nein. Doch Guido Westerwelle will um jeden Preis außenpolitisches Profil gewinnen - sogar um den Preis der internationalen Isolation."
Die Bündnispartner Deutschlands, insbesondere Frankreich, England und die USA, haben mit ihrer militärischen Unterstützung für die Aufständischen in Libyen ihre aktive Solidarität im Kampf gegen ein Regime gezeigt, das die Menschenrechte mit Füßen getreten hat. In Audio-Botschaften der letzten Stunden nennt Gaddafi die Gegner seines Regimes im libyschen Volk "Ratten". "Ihr müsst auf die Straße gehen, um die Ratten und Verräter zu bekämpfen", so Gaddafi. Doch selbst Gaddafis Premierminister Bagdadi Ali al-Mahmudi soll bereits nach Tunesien geflüchtet sein, wie der Fernsehsender al-Dschasira berichtet.
Mit dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes können die westlichen Verbündeten ihren militärischen Einsatz mehr denn je zuvor rechtfertigen. ZDF-Reporter Gack: "Wendepunkt war das Eingreifen der NATO ab März." Nach NATO-Angaben wurden seitdem etwa 7.500 Kampfeinsätze geflogen. Deutschland hat sich mit der Weigerung, diesem Akt der Solidarität seine Zustimmung zu geben, nicht nur isoliert, sondern dabei auch noch die Risiken und Erfolgsaussichten militärischer Maßnahmen falsch eingeschätzt. Jetzt, wo sich das Ende der Macht Gaddafis abzeichnet, fordert Westerwelle, den Rücktritt Gaddafis und äußerte, Gaddafi müsse vor Gericht gestellt werden. Er habe einen grausamen Krieg gegen die Bevölkerung geführt. Sein FDP-Ministerkollege Dirk Niebel stellte 7 Millionen Euro für ein Nothilfeprogramm in Aussicht. Welcher Wert einem solchen Angebot beigemessen werden kann, ist fraglich. Der Umfang von Niebels Angebot ist im Verhältnis zu den eingefrorenen und noch gesperrten Vermögenswerten Gaddafis recht bescheiden. Allein auf deutschen Konten sind Gaddafi-Gelder in Höhe von derzeit etwa 7,3 Milliarden Euro gesperrt, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin mitteilte. Diese Gelder dürften ebenso wie die von Großbritannien eingefrorenen Vermögenswerte Libyens kurzfristig für den Aufbau und die Entwicklung Libyens zur Verfügung stehen.
Mit dem nicht mehr bestreitbaren Erfolg des Widerstandskampfes gegen das Gaddafi-Regime ist klar: Der Versuch Westerwelles im Fall Libyen, außenpolitisches Profil zu gewinnen, ist ebenso kläglich gescheitert wie Westerwelle Scheitern als FDP-Vorsitzender. Seine Weigerung, die Resolution der Vereinten Nationen zu unterstützen, war töricht und markiert eine denkwürdige Niederlage für Westerwelle und die deutsche Außenpolitik.
ZDF-Nachrichten: http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/20/0,3672,20,00.html (Begleittext wurde mittlerweile mehrfach geändert)
22.08.11 | FAZ | Rebellen feiern Ende des Gaddafi-Regimes |
22.08.11 | Reuters | Libysche Rebellen melden Eroberung von Tripolis |
22.08.11 | Hamburger Abendblatt | Rebellen rücken ins Zentrum von Tripolis ein |
21.08.11 | Reuters | Rebellen erreichen Tripolis - "Stunde null hat begonnen" |
21.08.11 | Süddeutsche Zeitung | Rebellen kontrollieren Teile von Tripolis |
21.08.11 | Deutsche Welle | Die Schlinge um Tripolis wird enger |
19.03.11 | MEDRUM | Scheinargumente von de Maiziere zur deutschen Stimmenthaltung |
18.03.11 | Süddeutsche Zeitung | Libyen, Westerwelle und Deutschlands Enthaltung: Der Krisen-Profileur |
18.03.11 | Spiegel | Germany Hesitates as UN Authorizes Action against Libya |
18.03.11 | MEDRUM | Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Flugverbot über Libyen beschlossen |
17.03.11 | New York Times | Europe Split Over Libya No-Flight Zone |
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