19.03.11
Scheinargumente von de Maizière zur deutschen Stimmenthaltung im Sicherheitsrat
(MEDRUM) Wollte der Verteidigungsminister die Deutschen hinters Licht führen oder war er nur um eine gute Antwort verlegen? Angeblich hat sich Deutschland im Sicherheitsrat der Stimme enthalten, weil es sich an Militäraktionen in Libyen nicht beteiligen will, so Thomas de Maizière im heute-journal am Freitagabend.
Die Argumente des deutschen Verteidigungsministers sind irreführend. Denn sie suggerieren, Deutschland hätte sich im Falle einer Zustimmung zum Beschluß des Sicherheitsrates an möglichen Militäraktionen beteiligen müssen. Eine solche Annahme ist unzutreffend und spiegelt falsche Tatsachen vor. In der Resolution heißt es zur Position Deutschlands:
"Germany had decided not to support the resolution and would not contribute its own forces to any military effort that arose from its implementation. Germany had abstained from the vote."
Der Beschluß des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist nichts anders als eine Ermächtigung. Dadurch werden die Mitglieder der Vereinten Nationen dazu ermächtigt, Menschen in Libyen im Namen der Vereinten Nationen vor einer gnadenlosen Vernichtung durch die Streitkräfte Gaddafis zu schützen. Diese Ermächtigung darf aber keinesfalls gleichgesetzt werden mit einer Verpflichtung. Kein Mitglied des Sicherheitsrates, das dieser Ermächtigung zugestimmt hat, ist verpflichtet, sich auch selbst an den damit legitimierten Maßnahmen zu beteiligen. Wäre dies nicht so, müssten sich jetzt auch Staaten wie Bosnien und Herzegowina, Südafrika, der Libanon oder etwa Gabun an Maßnahmen im Falle eines Eingreifens in Libyen beteiligen. Denn im Gegensatz zu Deutschland haben diese Staaten solchen Maßnahmen zugestimmt und damit Staaten wie beispielsweise Frankreich, Großbritannien, die USA oder jeden anderen Mitgiedsstaat der Vereinten Nationen autorisiert, sich an der Durchsetzung eines Flugverbotes zu beteiligen.
Klar ist: Stimmenthaltung ist keine Zustimmung. Deutschland hat durch seine Stimmenthaltung im Sicherheitsrat all den Nationen seine Zustimmung verweigert, die bereit sind, Maßnahmen zum Schutz der Menschen in Libyen zu treffen und dafür Opfer zu bringen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erfolgsaussichten als hoch oder weniger hoch beurteilt werden. Dies kann ohnehin niemand sicher vorhersagen. Denn das ist in hohem Maße von der politischen und militärischen Entwicklung in und außerhalb Libyens abhängig.
Zum ersten Mal steht Deutschland mit seiner Stimmenthaltung nicht an der Seite wenigstens eines seiner wichtigsten Bündnispartner. Deutschland steht auch nicht an der Seite der Arabischen Liga, die sich für den Beschluß des Sicherheitsrates ausgesprochen hat. Und Deutschland steht schließlich auch nicht an der Seite der Menschen in Libyen, die von den Truppen Gaddafis ohne Rücksicht auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel angegriffen und getötet werden. Solidarität hätte Deutschland nur erwiesen, wenn es dem Beschluß im Sicherheitsrat zugestimmt hätte. Deutschland hat sich im Falle Libyen wie ein Nicht-Wähler verhalten. Über diese Tatsache kann die Scheinargumentation des deutschen Verteidigungsminsiters nicht hinwegtäuschen. Deutschland hat zwar keine Verantwortung für den Beschluß des Sicherheitsrates übernommen, wird sich aber zumindest vor der Verantwortung für seine Stimmenthaltung nicht drücken können. Es ist sehr fraglich, ob die deutsche Regierung ihr derzeitiges Mandat als Nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat klug ausgefüllt hat.
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