18.05.15
Wahnvorstellungen im SPIEGEL und anderswo
Die SPIEGEL-Autoren Ahrens, Friedmann und Wensierski verbreiten ihre irreführenden Stereotype über den Evangelikalen Hartmut Steeb
Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Es gab Zeiten, zu denen man das Wochenmagazin DER SPIEGEL lesen und darauf vertrauen konnte, wenigstens halbwegs zutreffend informiert zu sein. Dass das heutzutage nicht mehr gilt, zeigt ein neuerlicher Fehlgriff. Die Journalisten Mareike Ahrens, Jan Friedmann und Peter Wensierski, schreiben über "Böse Geister" und Evangelikale. Doch längst nicht alles, was diese drei Vertreter der Journalistenzunft zum Besten geben, hält der Prüfung in der Realität stand.
Konservatives Familienbild und Sexualethik
Im Spiegel-Artikel „Böse Geister sind Realitäten“ (Print-Ausgabe, 16.05.15) geht es den Evangelikalen wieder einmal an den Kragen. Neben etlichen Christen, die sich als Evangelikale verstehen, und die bisweilen auch Gottesvorstellungen pflegen, die nicht allzu viele Zeitgenossen und selbst viele Evangelikale nicht teilen, beschäftigen sich die Autoren ebenso damit, einen führenden Kopf der Deutschen Evangelischen Allianz zu diskreditieren. Sie schieben Hartmut Steeb, Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, in eine politisch möglichst weit rechts stehende Ecke.
Steeb ist angeblich das beste Beispiel dafür, dass die Weltbilder der Evangelikalen als "christlicher Fundamentalisten" und "rechtskonservativer Politiker" bestens harmonieren. Das verkünden die drei Journalisten offenbar als ihre tiefere Einsicht. Doch von Tiefe fehlt jede Spur, wie näheres Hinsehen zeigt. Die Autoren bleiben nicht nur an der Oberfläche, sondern bleiben auch nahezu jeden Beleg schuldig, mit dem sie ihre "Einsichten" wenn schon nicht beweisen, so doch wenigstens belastbar belegen könnten. Die Realität ist noch eine ganze Ecke schlimmer. Da reicht es schon, dass Hartmut Steeb für ein im Grundgesetz verankertes Familienbild aus Vater, Mutter und Kind eintritt, dass er nicht zu den Befürwortern der Propaganda beim Werben für die sexuelle Vielfalt gerechnet werden kann, und dass er doch tatsächlich einmal der Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT ein Interview gegeben hat (dass das Interview aus dem Jahre 2008 stammt und worum es damals gegangen ist, wird als Nebensache nicht einmal erwähnt - was interessieren schon die Tatsachen), um ihn als "Rechten" zu identifizieren, der mit "rechten" Politikern der AfD, Marke Beatrix von Storch, als deren "evangelikaler Freund" angeblich gemeinsame Sache macht. So simpel ist das Weltbild der drei SPIEGEL-Autoren, mit dem sie der Desinformation Tür und Tor öffnen.
Schwebt Hartmut Steebs Geist über Dresdens Straßen?
Doch die Welt ist in ihrer Wirklichkeit weitaus differenzierter, als es sich SPIEGEL-Redakteure in ihrem von Stereotypen eng begrenzten Weltbild offenbar vorstellen können oder - was schlimmer wäre - was sie aus propagandistischen Gründen erst gar nicht erst wahrhaben wollen. Denn die Realität ist weit von der Vorstellungswelt der Redaktionsstuben des Hamburger Magazins entfernt: Steeb ist mit Beatrix von Storch und deren AfD politisch nicht verbunden. Wer hat Steeb je zusammen mit Beatrix von Storch bei einem gemeinsamen Auftritt gesehen? Das ist schon eher ein Privileg des als liberal geltenden Ex-BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel. Aber Steeb und von Storch haben sich nicht einmal in irgendeinem Hinterzimmer jemals getroffen. Tatsache ist: Der aus der evangelischen Landeskirche stammende und ihr unverändert angehörende Familienvater steht weder der AfD nahe noch hat er auch nur im Entferntesten mit den bisherigen Aktionen, die sich Beatrix von Storch auf ihre Fahnen geschrieben hat, irgendetwas zu tun. So war Steeb bisher weder auf einer AfD-Veranstaltung, noch auf einer DEMO FÜR ALLE oder etwa auf einer der vielen PEGIDA-Demonstrationen, in deren Nähe er vom Journalisten-Trio des SPIEGEL ebenso gerückt wird (Bild links oben, Steebs Äußerung dazu).
Daher kann es niemanden, der seriösen Journalismus betreibt, wundern, wenn Steeb geradezu belustigt fragt, wie es denn sein könne, dass er mit Gedanken, die er 2008 im Interview geäußert hat, jetzt eine treibende geistige Kraft auf den Straßen Dresdens sein soll, wie es im SPIEGEL-Artikel konstruiert wird. Steeb dazu: "Ich habe in der Tat dieser Zeitung vor 7 Jahren (den Hinweis auf das Alter lässt der Spiegel wohl absichtlich weg, weil sonst der Zusammenhang mit Pegida wohl auch Spiegel selbst als aberwitzig vorkäme) ein einziges Interview gegeben. Dass diese Gedanken dann 2014 die Pegida beeinflusst haben sollten, gibt meinen Worten schon ein Gewicht, das ich ihnen nicht zugetraut hätte." Allein Steebs Antwort zeigt, wie wenig seriös SPIEGEL-Autoren mit Information umgehen. Sein Geist schwebt, glaubt man den Autoren, über Dresdens Straßen. Hauptsache, so scheint es, es passt in die Story, die verkauft werden soll. Realitätsnähe? Reine Nebensache. Und alles, was das Weltbild der Autoren trüben könnte, wird entweder ausgeblendet oder gar nicht erst wahrgenommen. Da kann sich der Angegriffene noch so sehr mühen. Jede noch so ehrbare Anstrengung ist vergebens, jedenfalls gegenüber diesen Spiegel-Autoren. Vielleicht macht sich bei ihnen schon der verdächtig, der ein frommes Gebet spricht.
Wahnvorstellungen nicht nur im SPIEGEL, auch im Bayerischen Rundfunk
Leser des SPIEGEL müssen sich heutzutage also auf Einiges gefasst machen. Auch darauf, dass die Autoren dieses Magazins - auch wenn nicht alles falsch ist, was sie schreiben (Hartmut Steeb orientiert sich in der Tat an einem konservativen Familienbild) - ebenso ihre eigenen Wahnvorstellungen präsentieren, statt zutreffend über die Realität zu berichten und diese so zu beschreiben, dass Tatsachen nicht in bizarrer Weise entstellt werden.
Doch die Autoren des SPIEGEL stehen mit ihrer schon neurotisch wirkenden anti-evangelikalen Botschaft nicht allein, wie aufmerksame Beobachter feststellen konnten. Selbst bei öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten darf mittlerweile unseriös gearbeitet werden, ohne dass dies ernsthafte Konsequenzen hat, wie die Sendung "APO von christlich-rechts?" gezeigt hat, die im Februar vom Bayerischen Rundfunk 2 als "Radiothema" ausgestrahlt wurde. Dort verbreitete Veronika Wawatschek ihre ganz persönlichen "Wahnvorstellungen", als sie mit großer Inbrunst das Bild über "fundamentalistische", vermeintlich rechtsgerichtete Christen mit dem Stempel einer außerparlamentarischen Opposition verbreitete und vermittelte, dass diese gefährlich seien und eigentlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden müssten (MEDRUM berichtete). Das Ganze wird notfalls mit "handwerklichen Fehlern" entschuldigt. So geschehen durch den Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks der in einer Antwort auf zahlreiche Programmbeschwerden meinte, die Sendung habe zwar handwerkliche Schwächen gehabt, die zu bedauern seien, aber das journalistische Anliegen und die Recherchearbeit sei anerkennenswert gewesen. Mit einer solch kunstvollen Antwort könnten auch die Wahnvorstellungen entschuldigt werden, die jetzt im SPIEGEL verbreitet werden. Doch ein Leser, der seriös informiert werden will, wird sich damit kaum zufrieden geben können, weder im Bayerischen Rundfunk noch im SPIEGEL.
"Böse Geister", über die die SPIEGEL-Autoren schreiben, sind tatsächlich eine Realität. Wer genau hinsieht kann allerdings feststellen: die wirklich gefährlichen Geister spielen weniger häufig eine Rolle bei Evangelikalen als in den Redaktionsstuben von Zeitungen wie DER SPIEGEL oder des BAYERISCHEN RUNDFUNKS. Doch wer übernimmt die Aufgabe, diese bösen Geister dort auszutreiben? Dies wäre die Aufgabe eines Presserates und der Rundfunk- und Fernsehräte, zur Tat zu schreiten. Es wäre an der Zeit, denn dort stimmt zu häufig nicht einmal mehr das rein Handwerkliche.
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Leserbriefe
Nicht entzweien lassen
Immer dieselbe Leier: Vollmundige Behauptungen ohne Beweise. Oder man skandalisiert irgendwelche Positionen von Christen, die gesellschaftlich nicht "in" sind, ohne schlüssig darzulegen, warum man so nicht denken und handeln dürfte / sollte. Ich kann nur hoffen, dass wir Evangelikalen uns von derartigen Äußerungen nicht aufmischen oder wütend machen lassen. Und dass wir uns vor allen Dingen nicht entzweien lassen. Denn genau das ist das Ziel solcher Berichterstattung.
Die Kritik sollte uns ein Anreiz sein, unsere Argumente und unseren Glauben in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen. Warum sollen immer nur gewisse Journalisten die Öffentlichkeit über "die Evangelikalen" aufklären. Da kenne ich einen direkteren Informationsweg: Selber aufklären und die gute Botschaft des Evangeliiums verkündigen! Ich glaube die Zeit, in der wir ruhig auf dem Sofa sitzen und dem Rundfunkrat die Korrektur falscher Berichte überlassen können, ist vorbei. Ja, ich denke, wir sollten uns beschweren, wenn falsche Dinge gesendet werden. Aber einen echten Unterschied machen, kann immer nur Jesus selbst. Das war im Grunde auch früher schon so...