19.09.13
Sind die Grünen mit einem Spitzenkandidaten Jürgen Trittin vertrauenswürdig?
Ein Beitrag in der FAZ zeigt: Nicht nur der Umgang mit der Pädophilie, sondern auch Trittins Haltung zu kommunistischen Vorstellungen und zur autonomen Szene lassen Zweifel an einer integren Grundhaltung des grünen Spitzenkandidaten aufkommen
(MEDRUM) Die Grünen treten zur Bundestagswahl 2013 mit einem Spitzenkandidaten Jürgen Trittin an, dessen Vertrauenswürdigkeit wegen seiner zögerlichen Haltung in der Pädophilie-Debatte Schaden genommen hat. Seine Verstrickung in die pädophil beeinflusste Vergangenheit der Grünen ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb sich die Frage stellt: Sind die Grünen mit Jürgen Trittin an ihrer Spitze vertrauenswürdig? Ein Beitrag von Stefan Dietrich in der FAZ deutet auf erschreckende Defizite eines Mannes hin, dessen politische Karriere beim Kommunistischen Bund ihren Anfang nahm, und lässt Zweifel aufkommen, die bis heute nicht ausgeräumt sind.
Wer danach fragt, ob Jürgen Trittin ein geläuterter Mann ist, oder ob er im Kern das geblieben ist, was ihn in früheren Jahren kennzeichnete, kann im Beitrag "Jürgen Trittin - Göttinger Verhältnisse" von Stefan Dietrich für die FAZ wertvolle Anhaltspunkte finden. Dietrich kommt zu dem Ergebnis, die Fähigkeit zur Selbstkritik sei nie eine Stärke von Trittin gewesen. Dreißig Jahre habe Trittin für die Einsicht gebraucht, dass seine Toleranz gegenüber pädophilen Strömungen bei den Göttinger Grünen „ein Fehler“ gewesen sei. Doch dies ist nicht das einzige Beispiel. Ähnlich war es, wie Dietrich darstellt, mit Trittins Haltung zum sogenannten Buback-Aufruf gewesen, den der grüne Spitzenpolitiker als "legitime Meinungsäußerung" eingestuft habe. Erst lange Zeit danach habe er eingeräumt, dass dies ein schwerer Fehler gewesen sei. Vorstellungen aus dem Kommunistischem Bund, dem Trittin früher angehörte, seien auch für Trittins Grundhaltung bei den Grünen prägend gewesen. Das ist nach Auffassung von Dietrich durch Trittins Buch "Gefahr aus der Mitte" belegt, in dem Trittin Thesen vertreten habe, die ganz auf der Linie des Kommunistischen Bundes gelegen hätten. Dietrich: "Es fehlte nur noch das Tüpfelchen auf dem i: der Aufruf zur gewaltsamen Beseitigung der amtierenden Regierung."
Dietrich zeigt auf, dass Trittin vor allem mit Blick auf seine kommunistische Vergangenheit alles andere als selbstkritisch mit sich und anderen umgegangen ist. Wer es gewagt habe, in der "Vergangenheit des Ministers Trittin" zu graben, habe es mit presserechtlichen Sanktionen zu tun bekommen, so Dietrich, der zu dem Schluss kommt, dass sich Trittin offenbar darauf verlassen hatte, dass über seine Aktivitäten im Kommunistischen Bund "keine gesicherten Informationen an die Öffentlichkeit gelangen würden". Es sei deshalb auch keine Überraschung gewesen, dass der damalige Landtagsabgeordnete Trittin im August 1994 als "prominentester Sympathisant der Göttinger Autonomen" in Erscheinung getreten sei. Damals habe in Göttingen "eine kleine Gruppe militanter Extremisten darüber bestimmt, wann und wo die Polizei zum Schutz friedlicher Bürger eingesetzt werden durfte". Die Autonome Antifa (M) soll sogar in den Räumen der Grünen getagt haben, schreibt Dietrich. Trittin habe dabei "unverbrüchlich auf Seiten seiner Göttinger Gesinnungsfreunde" gestanden. Als „Amoklauf einer politisierten Staatsanwaltschaft“ habe Trittin Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Angehörigen der Autonomen gegeißelt. Dietrich schließt seinen Beitrag mit der Feststellung: "Wann sich Trittin von seiner Auffassung gelöst hat, in einem im Kern „faschistischen“ Staat zu leben, ist nicht bekannt."
Für Peer Steinbrück und die SPD scheinen die Vorbehalte, die gegenüber Jürgen Trittin bestehen, kein Grund zu sein, von einer Koalition mit den Grünen Abstand zu nehmen. Eine rot-grüne Regierung zu bilden, ist das erklärte Ziel der SPD für die Bundestagswahl. Dazu wird es allerdings trotz aller beharrlichen Absichtserklärungen nicht kommen können, denn ohne eine Kooperation mit der Linkspartei wird Rot-Grün keine Mehrheit haben, wie die letzten Umfrageergebnisse belegen (MEDRUM berichtete).
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