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Püttmanns Kommentar zur Wahl: Kunststück der Rechten


25.09.13

Püttmanns Kommentar zur Wahl: Kunststück der Rechten

Linke Mehrheit im Parlament trotz Mehrheit der Wählerstimmen für bürgerliche Parteien

(MEDRUM) Andreas Püttmann befasst sich in seinem heutigen Kommentar im European kritisch mit dem Wahlausgang. Den rechten Parteien hält Püttmann vor, ihnen sei ein Kunststück gelungen, das man erstmal fertigbringen müsse.

"Dumm gelaufen"

Die "dümmste Rechte der Welt", überschreibt Püttmann seinen Kommentar in Anspielung auf den französischen Sozialisten Guy Mollet, der die bürgerlich-konservativen Parteien Frankreichs so genannt hatte. Jetzt sei Konkurrenz von jenseits des Rheins gekommen. Püttmann: "Dass bei der Bundestagswahl eine Mehrheit bürgerliche Parteien wählt, die linken Parteien zusammen gegenüber der verlorenen Wahl zuvor nochmals um drei Prozent abnehmen und am Ende trotzdem eine linke Mehrheit an Sitzen im Parlament heraus kommt – dieses Kunststück muss man erstmal fertigbringen. Da muss etwas „dumm gelaufen“ sein, um es neutral auszudrücken." Püttmann stützt sich dabei auf die Stimmen, die auf die CDU/CSU, die FDP und AfD entfielen, insgesamt 51%. Die SPD, die Grünen, die Linke und die Piraten erreichten zusammengerechnet nur 44,9%.  Da die FDP, AfD und Piraten jedoch an der 5%-Hürde scheiterten, spiegeln sich diese Stimmenverhältnisse nicht in den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag wieder. Dort hat die Union künftig 311 Sitze, SPD, Grüne und Linke verfügen über eine Mehrheit von 319 Sitzen (MEDRUM berichtete AfD-Wähler stürzen Schwarz-Gelb).

Scheitern der AfD an politischer Wirklichkeit

Das Wort von der "dümmsten Rechten" lasse vor allem an die „Alternative für Deutschland“ (AfD) denken. Sie sei angetreten "gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Euro-Zone, für einen sorgsameren Umgang mit den finanziellen Ressourcen Deutschlands sowie mit einem von ihrer christlich-konservativen Strömung unterstützten traditionelleren Familienbild". Nun habe sie aber mutmaßlich den Sozialdemokraten (und sonst den von ihnen noch mehr verabscheuten Grünen) den Weg in die Regierung geebnet. Püttmann: "Das nennt man wohl kontraproduktiv."  Püttmann billigt der AfD zwar einen Achtungserfolg zu, kommt aber zu dem Schluss, dass sich dieser Erfolg in der politischen Wirklichkeit noch als Scheitern erweisen werde. Er misst dies an den Kriterien: Mitdebattieren im Bundestag und im Hessischen Landtag, Medienwahrnehmung, Politikwechsel, und einer „Sozialdemokratisierung“ der Politik. Zwar könne die AfD durch künftige politische Entwicklungen noch gestärkt werden. Doch gemessen an den eigenen Erwartungen und am gesamten Euro-Protestpotential seien diese Wahlen als Niederlage zu werten, schreibt Püttmann.


25.09.13 Die dümmste Rechte der Welt TheEuropean
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Leserbriefe

Weder die FDP noch die AfD haben beabsichtigt, an der 5-Prozent-Hürde zu scheitern. Im Falle der FDP war das auch nicht zu erwarten gewesen. Die Tatsache, dass die AfD in den 6 Monaten ihres Bestehens überhaupt eine solche Leistung hat erbringen können, nötigt einem Hochachtung ab. Weiterhin kann man die AfD nicht mit der Union und der FDP in eine Schublade stecken, weil sie eben großteils eigene Ziele verfolgt, so tritt sie beispielsweise explizit gegen die Euro-"Rettungspolitik" von Union und FDP an. Der Schluss, der sich beim Lesen des Kommentars aufdrängt, ist, hätten AfD und FDP zusammengehalten bzw. wäre die AfD aus "Rücksicht" auf die FDP nicht zur Wahl angetreten, hätte das Parlament nun die Bürger gewählte "rechte" Mehrheit. Das ist natürlich eine hochgradig unsinnige Annahme, will die AfD doch gerade das Politikkartell der Altparteien aufbrechen.

Des weiteren könnte man sich mit der Frage beschäftigen, ob denn Union und FDP politisch wirklich "rechts" einzuordnen sind (ob diese politische Gesäßgeographie heutzutage überhaupt noch Sinn macht?), oder nicht vielmehr sozialdemokratisch sind, oder zumindest handeln. Die angebliche "Dummheit" der politischen "Rechten" besteht demnach in der 5-Prozent-Hürde und der Tatsache, dass die Parteien untereinander konkurrieren - also genau das tun, was sie im Sinne eines politischen Pluralismus auch tun sollten.

Das eigentliche Versagen ist das des Parlamentarismus, der es - wieder einmal - nicht schafft, die bestehenden Mehrheits- und Interessenverhältnisse im Parlament korrekt abzubilden. Und das wird sich rächen, denn auf Dauer gegen die Mehrheit eines Volkes zu regieren, nützt am Ende niemanden und schadet der Demokratie.

Mein Vorredner hat es so zielgenau auf den Punkt gebracht, dass es sachlich nichts zu ergänzen gibt und ich mich dem nur vollumfänglich anschließen kann. Wenn der Publizist Andreas Püttmann von der "dümmste(n) Rechte(n) der Welt" schreibt, beweist er damit nur, dass er es bestimmt nicht war, der den "tiefen Teller" der Politik erfunden hat.

Ich kann mich den Kritiken an dem Kommentar von Herrn Püttmann nur anschließen. Ich war sehr froh über die Gründung und auch das sich entwickelnde Grundsatzprogramm der AfD. Sie bleibt auf dem politischen Gebiet weiter mein Hoffnungsträger. Herr Prof Lucke ist überzeugend, durchdacht, zum Glück kein politischer "Charismatiker". Auch als in der Geldwirtschaft Tätiger stimme ich der Eurokritik zu. Ansonsten schätze ich Herrn Püttmann sehr, aber hinsichtlich der Merkel-CDU ist er leider "auf dem falschen Dampfer".

Die derzeitige Situation beweist nicht, dass irgendwelche Wähler dumm sind, sondern dass die 5% Hürde eigentlich undemokratisch ist. Auf diese Weise sind nämlich fast genauso viele Wähler aus dem Bundestag ausgeschlossen, wie Grüne und Linke zusammen hinter sich haben. - Ich weiß, dass die Deutschen ein Trauma mit Kleinstfraktionen haben, aber wenn die Sperrklausel dazu führt, dass man immer nur das "geringste Übel" wählen kann, oder gar nicht, dann stimmt da etwas nicht. Das "geringste Übel" ist übrigens für katholische Christen, wie Herr Püttmann ja auch einer ist, auch keine moralisch saubere Option.