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"Drachentöter" Wolf Biermann nimmt DIE LINKE ins Visier


10.11.14

"Drachentöter" Wolf Biermann nimmt im Bundestag DIE LINKE ins Visier

Von der ehemaligen SED ausgebürgerter Liedermacher präsentiert im Bundestag zum 25-jährigen Mauerfall sein Lied "Ermutigung" und hält der Linkspartei als "elendem Rest" der SED-Parteidiktatur den Spiegel vor

(MEDRUM) Im Deutschen Bundestag kam es zu einem historisch einzigartigen Auftritt des Ex-DDR-Liedermachers Wolf Biermann. Systemkritiker Biermann präsentierte in einer Erinnerungsstunde aus Anlass des 25. Jahrestages des Mauerfalls in Berlin sein Lied "Ermutigung" und übte denkwürdige Kritik an der Partei DIE LINKE als den Resten einer "Drachenbrut".

ImageBundestagspräsident Norbert Lammert hatte zur Erinnerung an den Mauerfall vor 25 Jahren den 1976 aus der DDR ausgebürgerten Liedermacher Wolf Biermann eingeladen, sein Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entstandenes Lied und Gedicht "Ermutigung" am 7. November 2014 im Deutschen Bundestag (Bild links) im Rahmen der Debatte "Friedliche Revolution - 25 Jahre Mauerfall" zu präsentieren. Biermann ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen, ohne bei seinem musikalischen Auftritt auch einige scharfe verbale Seitenhiebe gegen die im Bundestag vertretene Partei DIE LINKE auszuteilen, da diese die Nachfolgepartei der in der ehemaligen DDR als Partei der Arbeiterklasse regierenden SED ist. Biermann sprach von "Resten einer Drachenbrut", die geschlagen sei.

MEDRUM dokumentiert die Äußerungen von Wolf Biermann, die der Präsentation seines Liedes voraus gingen:

"Mein Beruf war doch Drachentöter"

Wolf Biermann: "Herr Lammert, ich freue mich, dass Sie mich hierher gelockt haben. Und ich ahne schon, weil ich Sie ja als Ironiker kenne, dass Sie hoffen, dass ich den Linken ein paar Ohrfeigen verpasse. Aber, das kann ich ja nicht liefern. Mein Beruf war doch Drachentöter".

Norbert Lammert: "Ich kann Ihnen auch, Herr Biermann, mit einem Hinweis auf unsere Geschäftsordnung helfen."

Heiterkeit und Applaus im Plenum

Norbert Lammert: "Sobald Sie für den Deutschen Bundestag kandidieren und gewählt werden, dürfen Sie hier auch reden. Aber heute sind Sie zum Singen eingeladen."

Heiterkeit und Applaus im Plenum

Wolf Biermann: "Ja, aber natürlich habe ich mir in der DDR das Reden nicht abgewöhnt, und das werde ich hier schon gar nicht tun."

Heiterkeit und Applaus im Plenum

ImageWolf Biermann: "Ein Drachentöter kann nicht mit großer Gebärde die Reste der Drachenbrut tapfer niederschlagen - die sind geschlagen. Und es ist für mich Strafe genug, dass sie hier sitzen müssen, dass Sie das anhören müssen. Und so neu bin ich nicht in der Welt, ...,

Zwischenruf der Linken

Wolf Biermann: "Ihr wollt immer, das weiß ich ja, aber Ihr könnt nicht. - Aber so neu bin ich ja nicht in der Welt, dass ich, einige Gesichter kenne ich ja, jeder Einzelne ist ein Roman, das muss mir keiner breitärschig erklären, sehr kompliziert, aber als Gruppe, die Ihr ja auch seid, seid Ihr eben, aus meiner Sicht, ja keine Linken. ...

Zwischenruf aus der Linkspartei: "... gewählt".

Wolf Biermann: "Gewählt!". Im Deutschen Bundestag kann man doch nicht erzählen, dass ne Wahl ein Gottesurteil ist, wenn man die deutsche Geschichte kennt.

Zwischenrufe aus den Reihen der Linkspartei

Image

Reaktionärer Rest

Wolf Biermann: "Weiß ich doch. Eure Sprüche, die habt Ihr drauf. Ich weiß, ich habe meine auch drauf. Wir müssen uns gar nichts erzählen. - Also Ihr seid dazu verurteilt, das hier zu ertragen. Ich gönne es Euch. Und ich weiß ja, dass die, die sich Linke nennen, nicht links sind, auch nicht rechts, sondern reaktionär, dass diejenigen, die hier sitzen, der elende Rest dessen sind, was zum Glück überwunden ist. Und ich freue mich, dass ich hier ein Lied singen kann: die Ermutigung.

Zwischenrufe der Linken

Wolf Biermann: "Natürlich, Ihr wollt lieber zersungen werden. Ich habe Euch zersungen mit den Liedern, als Ihr noch an der Macht wart. Ihr seid ..."

Spontaner Applaus aus dem Plenum

Ein Stück Seelenbrot

Wolf Biermann: "Dieses Lied, das Herr Lammert gerne hören möchte, und das ich hier auch gerne singe, Ermutigung, das sei bei dieser Gelegenheit angemerkt, war bei denen, die Widerspruch anmeldeten, in verschiedenem Grade, manche sehr feige, manche sehr mutig, manche zu mutig, war wie so ein Stück Seelenbrot, das sie gegessen haben, dieses Lied "Ermutigung". Und ich weiß, dass manche, die im Gefängnis saßen, wie mein Freund der Pastor Matthias Stork und seine Frau Tine mit diesem Lied in der Zelle überlebt haben. Und ich finde es wunderbar, dass dieses Lied aus den Gefängnissen der DDR heute im Parlament der Deutschen Demokratie gesungen werden kann. Ist das nicht toll?"

Applaus aus dem Plenum

Wolf Biermann trägt anschließend sein Lied Ermutigung vor und erhält dafür viel Beifall aus allen Fraktionen.

Der Dokumentationskanal übertrug die Bundestagsveranstaltung, die als "Debatte zur Friedlichen Revolution – 25 Jahre nach dem Mauerfall mit Gesang von Wolf Biermann" auf die Tagesordnung gesetzt wurde.

Einige Tage zuvor hatte sich Bundespräsident Joachim Gauck kritisch über Teile der Linkspartei geäußert (MEDRUM berichtete).


03.11.14 Blindes Vertrauen von Gauck in die Linkspartei wäre grob fahrlässig MEDRUM