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Stehen wir vor der Errichtung eines Gottesstaates?


30.08.09

Stehen wir vor der Errichtung eines Gottesstaates?

Ein aufklärender Wettstreit des Autors "sapere aude" mit Hartmut Steeb in der THÜRINGER BLOGZENTRALE

von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) Im Zeitalter der Internetblogs kann jeder mitschreiben. Das ist auch die Devise der THÜRINGER BLOGZENTRALE. Ein Autor mit dem Pseudonym "sapere aude" nutzt diese Möglichkeit, Menschen aufzuklären und reflektiert dabei auch Absichten der Evangelikalen, einen Gottesstaat in Deutschland errichten zu wollen.

Für den Autor "sapere aude" (aus dem Lateinischen: "Wage, weise zu  sein") ist klar, dass die Errichtung eines Gottesstaates Ziel der Deutschen Evangelischen Allianz ist. Energisch widerspricht er im Dialog mit Hartmut Steeb, Generalsekretär der Evangelischen Allianz, dessen Feststellung, die Evangelische Allianz wolle dies nicht. Er glaubt indes belegen zu können, dass die Evangelische Allianz die Demokratie in Deutschland abschaffen will (sofern die Errichtung eines Gottesstaates in der Konsequenz als gleichbedeutend mit Abschaffung der freiheitlichen Demokratie angesehen werden kann). Als vermeintlichen Beweis hält "sapere aude" in seinem geistigen Wettstreit Harmut Steeb die Auffassung der DEA entgegen,

  • dass es nicht dem neutestamentlichen Zeugnis entspricht, wenn sich Christen aus der politischen Verantwortung zurückzuziehen, was in der Vergangenheit oft zu verhängnisvollen Entwicklungen geführt habe,
  • dass die Kirche als „Salz" und „Licht" dieser Welt (Matthäus 5,13-16) an die guten Ordnungen und Gebote Gottes erinnern soll und ihre Stimme zur Überwindung von ungerechten Strukturen und Verhältnissen erheben soll,
  • dass darüber hinaus Menschen ermutigt werden sollen, durch die Evangeliumsverkündigung und die daraus folgende Hinwendung zu Jesus Christus, ihre Verantwortung als Mitbürger der Zivilgesellschaft wahrzunehmen."

Aus diesen Aussagen schließt "sapere aude": "Ein laizistischer Staat ist also nicht in Ihrem Interesse. Sie streben einen Staat an, in dem „die guten Ordnungen und Gebote Gottes" verbindlich gelten sollen. Das nenne ich einen Gottesstaat."

Wer dieser Logik und Deutung des Autors "sapere aude" folgt, müsste Grund zu größter Besorgnis haben.  Denn nach den Kriterien von "sapere aude" könnte die Errichtung eines Gottesstaates nicht erst irgendwann durch die Evangelische Allianz drohen, sondern hat bereits an der Spitze der Bundesregierung in der Person der Bundeskanzlerin leibhaftige Gestalt angenommen. Ganz wie die Evangelische Allianz macht auch Angela Merkel  keinen Hehl daraus, dass sich Christen aus ihrer Verantwortung heraus nicht zurückziehen, sondern mitwirken sollen. Merkel hat dies mehrfach bekräftigt. So trug sie vor wenigen Wochen in der Katholischen Akademie Bayern zum Thema "Politisches Handeln aus christlicher Verantwortung" vor. Wie sonst selten sprach sie in ihrem Vortrag offen über den christlichen Glauben als Motivation ihrer Politik, schrieb Spiegel-Online. Hinzu kommt, dass die protestantische Christin Merkel an der Evangelischen Akademie Tutzing die Kirchen dieses Jahr auch noch dazu aufgerufen hat, sich in die Politik einzumischen und gar ein "öffentliches Wächteramt" wahrzunehmen.

Nach den Weisheitskriterien eines "sapere aude" rechtfertigt das christliche Selbstverständnis einer Politikerin Angela Merkel auch gleichermaßen den begründeten Verdacht gegen die Bundeskanzlerin Merkel selbst, einen Gottesstaat errichten zu wollen. Hartmut Steeb und seine Evangelische Allianz befindet sich also nicht nur in bester Gesellschaft, sondern auch noch in einer komfortablen Lage. Denn solange Angela Merkel an den Schalthebeln der Macht sitzt, braucht er sich gar nicht erst aus der mühsamen Entfernung seiner Evangelischen Allianz zum Zentrum politischer Macht um die Errichtung eines Gottesstaates zu kümmern. Dies könnte er getrost Angela Merkel überlassen. Zumindest aus dieser Warte betrachtet, könnte der vergebliche Überzeugungsversuch von Hartmut Steeb, dass die Evangelische Allianz nicht das Ziel verfolge, einen Gottesstaat zu errichten, eigentlich einleuchten - auch wenn "sapere aude" dies offenbar um keinen Preis wahrhaben will.

Vor diesem Hintergrund wird es manchen Zeitgenossen nicht verwundern, dass sich in der THÜRINGER BLOGZENTRALE auch eine andere aufgeklärte Stimme eingeschaltet hat, die mit der Logik und Struktur dessen, was "sapere aude" dort zum Besten gegeben hat, nicht ganz einverstanden ist. Das Pseudonym "kantig" hält dem Mutigen zur Weisheit, "sapere aude" ebenso mutig entgegen:

"Man kann ja zu der Auseinandersetzung mit den Evangelikalen stehen wie man will, aber am Ende dieser Kommentarliste beschleicht mich ein ungutes Gefühl: Die Argumentation der "contra-Evangelische-Allianz-Kommentatoren" ist phasenweise so wirr, radikalisiert und simplifizierend, dass mir als aufgeklärtem Geist echt schlecht wird! Haben wir das nötig?

Leider wirken die Steeb-Kommentare und Ausführungen grösstenteils strukturierter und argumentativ nachvollziehbarer (unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung) als die entsprechenden Beiträge von sapere aude. Sorry."

Ob soviel aufgeklärten Geistes muß die Stimme "kantig" sich dann auch einer gehörigen Schelte unterziehen. Auszüge aus dem Unmut in der THÜRINGER BLOGZENTRALE über "kantig":

"Pass auf, kantig, jemand, der sich als "aufgeklärter Geist" vorstellt und die Argumente eines Evangelikalen "argumentativ nachvollziehbarer" findet, der schafft die verkehrte Welt, die er beklagt.

Also, lieber "aufgeklärter Geist", was Du hier verteidigst ist allergefährlichstes, reaktionäres Gedankengut. Steeb und seine Truppen wollen ihre Religion von der Privatsache wieder zur Politik machen."

Was sagt dieser Dialog dem aufmerksamen Beobachter? Er besagt, dass ein Aufklärer wie "sapere aude" engagiert aufklärt - doch auch Aufklärung muß Grenzen beachten. Denn zu viel Aufklärung und Argumente können schnell kontraproduktiv werden, wenn sie etwa aus der Welt der Evangelikalen kommen. Und so sollte unter Aufklärern nicht an der Überzeugung gerüttelt werden, dass die Evangelische Allianz den Gottesstaaat errichten will, einerlei ob dies schon von Merkel erledigt wird oder nicht. An diesem Punkt scheinen alle Mühen um Aufklärung eines Hartmut Steeb (fast) vergebens.

THÜRINGER BLOGZENTRALE: Evangelikale missionieren mit Erich Honecker


 

Leserbriefe

Ja, lieber Kurt J. Heinz, wenn es nach Angela Merkels CDU ginge, lebten wir tatsächlich in einem Gottesstaat. Doch glücklicherweise geht es nicht nur nach Angela Merkel. Und glücklicherweise auch nicht nach Dir.

Wie bereits im Laufe der Diskussion in der Thüringer Blogzentrale festgestellt, ging es auch nicht um den von den Evangelikalen zu errichtenden Gottesstaat, sondern um die Tatsache, dass politisches Reden und Handeln Widerspruch und Reaktionen hervorruft, die mancher religiöse Mensch nicht so recht verkraftet, weil ihm gesagt wird, wie absurd die Grundlagen seiner politischen Urteile sind.

Die Evangelische Allianz reagiert auf Kritik an ihrer Politik mit massiver Einschüchterung und das ist schäbig.

Wer mit dem Degen ficht, darf nicht im Schlafanzug antreten, und sich dann beschweren, dass der bald blutig wird.

Ihr wollt politisch mitreden. Gut. Dann ertragt, dass Eure lächerliche Weltanschauung schonungslos kritisiert wird. Ihr glaubt an übernatürliche Männer, an Wunder und Mythen. Ihr glaubt, dass es Zombies gibt (Jesus soll angeblich von den Toten auferstanden sein) und Ihr glaubt, dass Ihr (ohne Euren Körper) unsterblich seid. Dieser komplette Unsinn ist Grundlage Eurer ethisch-moralischen und politischen Entscheidungen. Über Eure Zurechnungsfähigkeit läßt sich also ausgiebig streiten.
Im Übrigen ist die Unterstellung "unter Aufklärern dürfe nicht daran gerüttelt werden, dass die Evangelische Allianz den Gottesstaaat errichten will" Unsinn.

Selbstverständlich darf daran gerüttelt werden. Ich bin gern bereit, mich von Gegenteil meiner Auffassung überzeugen zu lassen! Dazu dient nämlich unter anderem auch die Kommentarfunktion eines Blogs. Nur, falls Dir das entgangen sein sollte.

http://www.blog.dignitatis.com/wordpress/

"wenn es nach Angela Merkels CDU ginge, lebten wir tatsächlich in einem Gottesstaat."

Lieber sapere aude, dieser Satz ist so lächerlich, damit hast du dich völlig unglaubwürdig gemacht. Jeder einigermaßen kritische Beobachter weiß, daß sich die obersten Unionsfunktionäre wegen der Wahlen ab und an christlich beleuchten lassen. Und danach wird wieder ganz nach Lobbydruck, Medienhysterie usw. antichristlich gehandelt. Ob die Dame im Kanzleramt irgendwann mal getauft wurde und heute noch Kirchensteuer zahlt ist dabei völlig unerheblich.

Abgesehen davon ist "Gottesstaat" ein in keinster Weise definierter Begriff. Es ist vielmehr ein wie "schillernder Kaugummi" - völlig ungeeignet für ein sinnvolles Gespräch. Wenn du dich über christliche Vorstellungen über Staat und Gesellschaft ernsthaft informieren möchtest, lies einfach folgenden Enzykliken von Leo XIII. Diuturnum illud (29. Juni 1881) Immortale Dei (1. November 1885) Libertas praestantissimum (20. Juni 1888) Rerum novarum (15. Mai 1891)

"Ihr glaubt an übernatürliche Männer" Wie bitte? Was soll das sein? "Ihr glaubt, dass Ihr (ohne Euren Körper) unsterblich seid." Und damit hast du auch dokumentiert, daß du vom Christentum keine Ahnung hast. Ich zitiere mal aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis Credo in ... carnis resurrectionem Ich glaube ... an die Auferstehung des Fleisches I believe in ... the resurrection of the body, Das ist absolutes Basiswissen, aber nicht mal dieses hast du. Also warum urteilst du so vehement über diese Dinge? Hier ausführlicher: http://www.vatican.va/archive/catechism_lt/p123a11_lt.htm « Carnis resurrectio » significat post mortem non solum vitam animae haberi immortalis, sed etiam nostra « mortalia corpora » (Rom 8,11) vitam esse iterum assumptura. Ich bin gerne bereit, dir Religionsunterricht zu erteilen, aber dann müßtest du erst alle Vorurteile und alles Falschwissen in die Tonne treten.

Lieber "anderer Gast", Glaubwürdigkeit ist keine Frage des Glaubens an nicht existente Dinge, auch wenn der Begriff "Glaubwürdigkeit" den Begriff des Glaubens umschließt. Zur Information: Der Begriff "Gottesstaat" ist ein mindestens ebenso "schillernder Kaugummi", wie der Begriff "Auferstehung des Fleisches". So schillernd und beliebig übrigens, wie alle Begriffe, denen kein physikalisches Faktum entspricht. Wieviele päpstliche Enzykliken in lateinischer Sprache, zur Verschleierung der Banalität und Unsinnigkeit der aufgestellten Behauptungen zur "Auferstehung des Fleisches" Du auch immer anführen wirst, es ist und bleibt phantastischer Unsinn. Allein die Tatsache, dass sich ein paar zweifelhafte Autoritäten auf die Behauptung bestimmter Dinge einigen und diese in verschiedenen Varianten mit möglichst großem Tamtam und in wallenden Gewändern publizieren, macht diese Behauptungen nicht wahr. Der Begriff der "Unsterblichkeit", den ich oben verwendet habe, bezog sich auf Eure angeblich unsterbliche "Seele": "immortali spiritualique animo" (Catechismus Catholicae Ecclesiae) um mal Deinem Angeber-Diktion zu folgen. Ich empfehle Dir übrigens, hin und wieder mal einen Blick in eine Zeitung zu werfen, in der Du dann lesen wirst, dass die Kanzlerin meint, "Wir brauchen Gottvertrauen" und dass "wir nicht die ersten sind, die vor Problemen stehen, dass diese lösbar sind und dass wir umfangen sind von der Liebe Gottes". Merkel bekennt sich öffentlich zum "christlichen Glauben als Motivation für ihr politisches Handeln". Und als Gutenacht-Lektüre empfehle ich Dir das Buch von Volker Resing "Angela Merkel - Die Protestantin. Ein Porträt". Also, lieber "anderer Gast", mir zu unterstellen, dass ich keine "Ahnung vom Christentum" habe, unterstreicht Deine Ahnungslosigkeit. Dein "absolutes Basiswissen" ist so "absolut" wie das Wetter. Du hast keine Ahnung - aber davon viel. Also bitte, verschone mich mit Deinen Angeboten, mir Religionsunterricht zu erteilen und erkläre uns lieber, wie es sich mit dem Gotteswahn so lebt!

http://www.blog.dignitatis.com/wordpress/

Die Antichristen berufen sich auf die Aufklärung, ohne deren Ursprünge und Inhalte zu kennen. Die Aufklärung verstand sich nie als Gegenbewegung zum Christlichen Glauben. Sie sah sich vielmehr als Ergänzung, sie basierte auf der Annahme, dass der Mensch nicht in der Lage sein könne, Gott zu verstehen. Christian Wolff, der als Vater der Europäischen Aufklärung gilt, ebenso wie Kant wiesen immer auf die Bedeutung des christlichen Glaubens hin. Die Aufklärung fragt nach der Wahrheit. Der Nihilismus dagegen sagt, es gibt keine Wahrheit. Was heute in der EUdSSR allgemeinhin als Wertemaßstab gemäß Aufklärung gilt, ist in wahrheit blanker Nihilismus.

Ich bin - falls Sie mich mit "Antichristen" meinen sollten - weder ein "Antichrist" noch sehe ich mich in einer "Gegenbewegung zum christlichen Glauben". Die Aufklärung verlangt AUFKLÄRUNG, wie der Name schon sagt, doch der Montheismus verscheiert und verdeckt, wo man aufdecken und entschleiern sollte. Der Mensch ist so wenig in der Lage einen angeblichen "Gott" zu verstehen, wie "§&$%§" oder "LSMF". Der Begriff "Gott" ist faktisch sinnlos und leer. Die Definitionen, die ihre Glaubensbrüder und -schwestern für diesen Begriff bringen, sind widersprüchlich und dumm. Es gibt ja nicht einmal einen Anlass, anzunehmen, es gäbe irgendetwas, das man nicht "Gott" nennen muss, aber wenigstens die von Ihnen unterstellten Eigenschaften hat. Kurz: Sehen Sie es doch ein. Sie sind einem jahrtausendealten Schwindel aufgesessen. Ihr "Gott" existiert genauso real, wie Sherlock Holmes oder der "Stein der Weisen". Es handelt sich um eine Fiktion, die Sie mit aller Macht zur Realität machen wollen und sich dazu äußerst unschöne Dinge einfallen lassen. Was den Nihilismus-Vorwurf angeht: Bitte machen Sie sich nicht lächerlich! Der Nihilismus ist lediglich ein monotheistischer Popanz, der immer dann aus der Versenkung geholt wird, wenn man sich mal wieder in seiner eigenen ethisch-moralischen Überlegenheit feiern will. Ersparen Sie uns das bitte!? Danke!

http://www.blog.dignitatis.com/wordpress/

"Die Aufklärung verlangt AUFKLÄRUNG, wie der Name schon sagt"

Mit dieser Aussage belegen Sie eindrücklich, dass Sie weder die Geschichte der Aufklärung noch die Werke ihrer Vertreter kennen.

"Der Begriff "Gott" ist faktisch sinnlos und leer. Die Definitionen, die ihre Glaubensbrüder und -schwestern für diesen Begriff bringen, sind widersprüchlich und dumm"

Hier fehlt eine Beweiskette Ihrerseits. Dies ist eine sehr schlichte, kindische Behauptung, die, wie Sie es hier tun, jeder für alles rausposaunen kann, nach dem Motto "Bist Du aber doch!".

"Kurz: Sehen Sie es doch ein"

Dieser Satz gibt den gesamten Inhalt Ihres Posts wider. Ansonsten ist er frei jeglicher Aussagen.

"Es handelt sich um eine Fiktion, die Sie mit aller Macht zur Realität machen wollen und sich dazu äußerst unschöne Dinge einfallen lassen"

Welche unschönen Dinge lasse ich mir denn dazu einfallen? Solche unschönen Dinge wie Freie Meinungsäußerung?

"Was den Nihilismus-Vorwurf angeht: Bitte machen Sie sich nicht lächerlich! ..."

Auch hier gilt wieder: Ausrufezeichen statt Belege. Die häufige Verwendung von Ausrufezeichen sind ein Zeichen von Hypertonie.

"...wenn man sich mal wieder in seiner eigenen ethisch-moralischen Überlegenheit feiern will..."

Ach, und das tun sie mit ihrer Selbstdefinition von "Aufklärung" nicht?

"Ersparen Sie uns das bitte!? "

Wer ist uns?

"Danke!"

Geschenkt.