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Linke Landtagsfraktionen machen Stimmung gegen Pastor Latzel in Bremen


19.02.15

Linke Landtagsfraktionen machen Stimmung gegen Pastor Latzel in Bremen

In Bremen bestimmt der Landtag, ob eine Predigt aktzeptabel oder indiskutabel ist

(MEDRUM) Die Fraktion DIE LINKE des Landtages von Bremen mischt sich in die Freiheit des Glaubens ein und macht mit einer Entschließungsvorlage Stimmung gegen Pastor Olaf Latzel. Die SPD und die Grünen machen mit.

Entschließungsantrag DIE LINKE: aufwiegelnde Predigt

In einem Entschließungsantrag, den die DIE LINKE am 18.02.15  in die Bremische Bürgerschaft zur Predigt von Pastor Latzel in der St. Martini Gemeinde vom 18.01.15 einbrachte (MEDRUM berichtete: Ist christliches Glaubensbekenntnis volksverhetzend?), heißt es:

"Die Bremische Bürgerschaft begrüßt die Distanzierung der Bremischen Evangelischen Kirche und der Beschäftigten gegen die aufwiegelnde und herabwürdigende Predigt von Pastor Olaf Latzel. Die Äußerungen in der Predigt vom 18. Januar 2015 sind absolut indiskutabel."

Unterzeichnet ist die Vorlage, die mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, den Grünen und der Linkspartei am 18.02.15 beschlossen wurde, von Kristina Vogt und der Fraktion DIE LINKE. Die Zeitung Weser Kurier: "Bürgerschaft stellt sich gegen Latzels Predigt". Mit anderen Worten: Die Mehrheit des Landtages in Bremen verurteilt Pastor Latzels Predigt. Wie ist dieser Beschluss eines Landesparlamentes einzuordnen?

Aufgabe eines Landtages

Mit dieser Entschließungsvorlage verlassen die Fraktion DIE LINKE und die mit ihr stimmenden Fraktionen der SPD und den Grünen den Aufgabenbereich eines Landesparlamentes. Länderparlamente sind als Teil der gesetzgebenden Gewalt ein staatliches Organ, dessen verfassungsrechtlich verankerte Aufgabe es ist, die gesetzgebende Gewalt in den jeweiligen Bundesländern auszuüben. Ein Landtag hat also die in seinem Bundesland geltenden Gesetze zu beschließen, soweit ein Gesetz nicht in die Zuständigkeit des Bundestages sondern des Landtages fällt und nicht in Konkurrenz zur Gesetzgebung des Bundes steht (Bundesrecht bricht Landesrecht).

Lob und Tadel für Predigten durch Landtage?

Es ist weder Aufgabe des Parlamentes, einem Bürger vorzuschreiben, welche religiöse Auffassung er zu vertreten hat, noch fällt es in den Aufgabenbereich eines Landtages, eine religiöse Auffassung zu belobigen oder zu verurteilen. Parlamente haben sich ebenso wenig in die Angelegenheiten der Kirche einzumischen. Denn sie müssen als Organ des Staates, ebenso wie die Kirchen, den Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat beachten.

ObImage sich der Pastor einer christlichen Kirche in seiner Predigt über Buddha, das Zuckerfest und den Reliquienkult wertschätzend oder ablehnend äußert, und ob seine religiös begründeten Äußerungen akzeptabel oder indiskutabel sind, ist keine Angelegenheit, über die ein Landtag Beschlüsse zu fassen hat. Wäre dem nicht so, wäre es auch Aufgabe eines Landtages darüber Beschlüsse zu fassen, welche Predigten dem Landtag gefallen und seine Zustimmung finden. Es liegt auf der Hand, dass es ebenso wenig Aufgabe der Bremischen Bürgerschaft wäre, einen Imam zu verurteilen, wenn er das Fest Maria Himmelfahrt als "Blödsinn" bezeichnen würde. Es wäre sein gutes Recht, eine solche Auffassung zu vertreten und es gehört viel Phantasie dazu, eine Predigt, in der eine solche Auffassung bekundet werden würde, als "aufwiegelnde Predigt" zu verurteilen. Nichts anderes hat die linke Mehrheit der Bremischen Bürgerschaft aber im Fall der Predigt von Pastor Latzel getan, und dies trifft unabhängig davon zu, wie andere zu seinen Äußerungen stehen.

Glaubensauffassungen sind ganz grundsätzlich kein Gegenstand, über den Parlamente zu entscheiden haben. Vielmehr haben sie zu beachten, dass religiöse Auffassungen durch die Grundrechte der Meinungs- und Religionsfreiheit geschützt sind. Gerade aufgrund der Erfahrungen im nationalsozialistischen Staat Drittes Reich, in dem der Bürger der staatlichen Gewalt ohnmächtig ausgesetzt war, hat der Verfassungsgeber den Bürger und seine Freiheit durch die grundgesetzlich garantierten Grundrechte und das Prinzip der Gewaltenteilung vor staatlicher Gewalt und ihrem Zugriff besonders geschützt. Es ist also verständlich, wenn Ulrich Rüß, Pastor und Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften in einem MEDRUM übersandten Kommentar nicht nur von "Provinzposse" sondern auch von "Übergriffigkeiten" spricht, die eher bei Diktaturen auftreten (Bild oben links).

Grenzen der Meinungsäußerung

Zwar dürfen religiöse Meinungsäußerungen und die Glaubensverkündigung vor allem nicht gegen Strafgesetze verstoßen, aber ob dies der Fall ist oder nicht, darüber hat die Rechtsprechung, haben also letzlich die zuständigen Gerichte, nicht aber ein Landtag zu urteilen. Daher ist der Beschluss der Bremischen Bürgerschaft, Pastor Latzel habe eine aufwiegelnde Predigt gehalten, die Feststellung eines staatlichen Organes, die außerhalb ihres Aufgabenbereiches und ihrer Kompetenz liegt, die aus rechtlicher Sicht sogar einer Vorverurteilung gleichkommt und zudem als Einmischung in kirchliche Angelegenheiten bewertet werden muss.

CDU teilt Kritik, lehnt aber Entschließungsantrag ab

Im Gegensatz zu den linken Parteien hat die CDU den Entschließungsantrag der Linkspartei abgelehnt. Wie der Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp gestern in der Debatte deutlich gemacht hat, teilt die CDU-Fraktion zwar die Kritik an unangemessenen Äußerungen von Pastor Latzel und distanziert sich von dessen Aussagen und öffentlich kritisierten Passagen. Die Bremische CDU bezog aber ebenso klar Stellung, dass sie die Debatte um die Äußerungen von Olaf Latzel für eine innerkirchliche Angelegenheit und keine politische hält.

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Kontaktdaten:

DIE LINKE: mail@linksfraktion-bremen.de

SPD: spd-fraktion@spd-bremen.de

Grüne: fraktion@gruene-bremen.de

CDU: info@cdu-bremen.de


10.02.15 Nähe und Distanz zur Pastor Latzels Predigt MEDRUM
09.02.15 "Wichtige Passagen von Latzels Predigt fast vollständig ausgeblendet" MEDRUM
08.02.15 Kellers Gegenpredigt zu Pastor Latzels Predigt MEDRUM
31.01.15 Manipulative Berichterstattung, auch bei PHOENIX MEDRUM
30.01.15 Ist christliches Glaubensbekenntnis volksverhetzend? MEDRUM

Leserbriefe

... in der "DDR"!

Ich finde es noch schlimmer. In der DDR wussten die Bürger immerhin, um welche Staatsform es sich handelte und konnten sich innerlich darauf einstellen. Hier werden ständig die "westlichen Werte" im Munde geführt. Toleranz, Freiheit - und wie die schönen Begriffe alle heißen. Allmählich kann ich sie nicht mehr hören. Ginge es nach den Wünschen und Vorstellungen der Linken und Grünen wären wir auf dem "besten" Weg zu einer Diktatur. Passen wir auf, dass entsprechende Befürchtungen nicht eines Tages zur bitteren Realität werden".

Lieber/liebe Marienzweig: da sind wir schon ganz gewaltig auf dem Weg. Oder warum sind die Menschen in Deutschland so blind und wählen so viel "Die Linke"? Sehen sie schon keinen Unterschied mehr zwischen dieser Partei und all den anderen Linken. Ob die Martini-Gemeinde da Anzeige erstatten sollte wegen Verleumdung?

Unbedingt sollte die Martini-Gemeinde Anzeige erstatten! Wenn kein Widerstand erfolgt, provoziert das immer neue Frechheiten!

Mit Ihnen, liebe Uschi, bin ich der Meinung, dass wir tatsächlich schon auf dem Weg sind, den wir alle fürchten. Meinungsvielfalt gilt nur dann, wenn sie mit den offiziell vorgegebenen Meinungen übereinstimmen. Gut ist, was links und grün ist! Und alle, alle spielen mit!

Sie haben Recht, viele sind blind oder aber sie wissen, wie der Hase läuft, fühlen sich jedoch außerstande, etwas dagegen zu unternehmen. Ich habe den Eindruck, eine Art graue Decke von Trägheit, Ohnmachtsgefühlen und Resignation hat sich über die Menschen gelegt. Dagegen anzugehen, ist nicht immer einfach, auch nicht immer bei einem selbst. (Übrigens, Marienzweig ist weiblich.)

Ich kann das auch nicht mehr ertragen mit den Linken und Grünen , ,ich habe noch nicht gehört, dass sie sich beschwert hätten, wenn in der Moschee die radikalen Prediger auftreten und unsere jungen Leute zum heiligen Krieg aufrufen, da sind alle ganz ruhig ... eigenartig.

Meine Mail an die Verantwortlichen der Bremer Bürgerschaft

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe BCC Mitleser,

ist Karneval nichts schon vorüber und ist bis zum 1. April nicht noch etwas Zeit, musste ich denken, als ich davon las, dass sich die Bremer Bürgerschaft mit der Predigt von Pastor Olaf Latzel befassen will. Aber dann dachte ich, die Predigt von Pastor Latzel, zugegebenermaßen etwas pointiert – was ein zulässiges Stilelement ist – war absolute Spitze und allererste Sahne. Ich wäre jeden Sonntag in der Kirche, wenn immer so klar und eindeutig gepredigt würde. Denn die sog. “Kirche” als “Verein zur Pflege religiösen Brauchtums”, hat, außer philosophischen Betrachtungen mit christlichem Anstrich, eh nichts mehr zu sagen. Die Austrittszahlen belegen es.

Zwar hat ein Landesparlament nicht über Predigten zu befinden; jeder Glaubende hat das Recht seine Religion für die einzig richtige und alle anderen als grundfalsch anzusehen, wobei er das allerdings anderen Religionen auch zubilligen muss – das nennt man Toleranz, im Gegensatz zum Wischi-Waschi-Relativismus – und Pastor Latzels Predigt endet versöhnlich mit der Aufforderung Andersgläubigen, insbesondere den Muslimen, in jeder Hinsicht mit Liebe zu begegnen und sich schützend vor sie zu stellen.

Aber möglicherweise hat er damit bereits gegen die indirekt vorgeschriebene Meinung des politisch-medialen Komplexes verstoßen, denn das mit der freien Meinungsäußerung war einmal. Aber vielleicht ist es gar nicht falsch, wenn sich die Bremer Bürgerschaft einmal mit der Predigt von Pastor Latzel befasst. Vielleicht werden die Neuheiden dadurch auf einen guten Weg gebracht und erkennen, dass es im Glauben letztlich um eine Entscheidung mit Ewigkeitswert geht.

An Jesus Christus scheiden sich bis heute die Geister. Möge Ihnen das Befassen mit der Predigt von Olaf Latzel zum Segen werden. Ehe ich’s vergesse: Schon für Napoleon galten die Deutschen als gutmütig-dumm, die allen Unsinn glauben. Passen Sie also auf, dass wir alle nicht nochmal ganz böse auflaufen. Täuschen Sie sich nicht: Zwischen Islam und Islamismus besteht kein wirklicher Unterschied. Ebenso wenig wie zwischen Faschismus und Faschizismus!

Mit freundlichen Grüßen,
Jörgen Bauer

Es ist für mich erschreckend, wie viel linksliberale Aktivisten sich in unserem Staat heutzutage erlauben dürfen. Ein Parlament (respektive die Bremer Bürgerschaft) beschließt normalerweise über Gesetze. Diese Gesetze (Beschlüsse) haben nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte dem Gebot der (staatlichen) weltanschaulich-religiösen Neutralitätspflicht zu genügen. Diese Neutralitätspflicht ergibt sich wiederum aus Artikel 3 Grundgesetz. Dort heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner RELIGIÖSEN oder politischen ANSCHAUUNGEN benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Absatz 3 Satz 1)

Die Bezeichnung „religiös-weltanschaulich neutral“ wäre im Bezug auf die Entschließung der Bremer Bürgerschaft zu Pastor Latzels Predigt beinahe schon Realsatire. Bei dem Beschluss handelt es sich meiner Ansicht nach wieder einmal um einen Fall, in dem das Grundgesetz mit Füßen getreten wird. Gleichzeitig interessiert es aber keinen, weil es derzeit der political correctness entspricht, so zu denken, wie die Bremer Bürgerschaft es mehrheitlich tut. Ich frage mich: Wie viel kann man sich in diesem Land eigentlich noch erlauben? Ich fürchte, wir müssen zukünftig sehr wachsam sein, was mit unserer Demokratie passiert.