Sie sind hier

Statt Querschnittsthema "sexuelle Vielfalt" nun Leitperspektive "Vielfalt"


09.04.14

Statt Querschnittsthema "sexuelle Vielfalt" nun Leitperspektive "Vielfalt"

Kabinett der baden-württembergischen Landesregierung befasste sich mit Bildungsplan

(MEDRUM) Bei seiner gestrigen Sitzung befasste sich das Kabinett von Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit dem Bildungsplan 2015. Statt von Leitprinzipien und dem Begriff sexuelle Vielfalt wird jetzt von einer Leitperspektive Vielfalt gesprochen.

Leitperspektive "Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt"

Die Landesregierung erklärte im Rahmen ihrer gestrigen Kabinettssitzung, wie sie den Bildungsplan überarbeitet will. Statt eines Querschnittsthemas "sexuelle Vielfalt" wird es eine neue allgemeine Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" geben. Das kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart an.

Winfried Kretschmann und sein Kultusminister Stoch (SPD) teilten mit: „Im Kern verfolgen wir das Anliegen, das Thema Toleranz und Akzeptanz im Bildungsplan zu verankern. Daran halten wir weiterhin ohne Wenn und Aber fest. Es hat sich aber gezeigt, dass das Arbeitspapier zu den Leitprinzipien, in dem das Thema Akzeptanz sexueller Vielfalt als ein Querschnittsaspekt in allen Leitprinzipien aufgenommen war, zu Missverständnissen geführt hat. Um die Debatte zu versachlichen und die Missverständnisse auszuräumen, haben wir uns dazu entschieden, eine eigenständige Leitperspektive zu Toleranz und Vielfalt einzuführen.“

Sexuelle Vielfalt erhält hohen Stellenwert in größerem Kontext

Kultusminister Stoch sprach von einer Aufwertung des Themas. Toleranz und Akzeptanz seien fast wichtiger als zuvor. "Die Heraufstufung zu einer solchen Leitperspektive ist aus meiner Sicht auch keine Abwertung des Themas, sondern eine Aufwertung und ein deutliches beim Namen nennen dieses Themas", meinte Stoch. Er ergänzte: „Es werden darin neben der sexuellen Vielfalt die Themen Toleranz und diskriminierungsfreier Umgang mit Vielfalt in personaler, religiöser, kultureller, ethnischer und sozialer Hinsicht in einem größeren Kontext behandelt. Das Thema „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ erhält in diesem Zusammenhang einen hohen Stellenwert im neuen Bildungsplan.“

Kretschmann: Dem bewussten Schüren von Missverständnissen wird Boden entzogen

Auf die Frage, ob er vor den Kritikern eingeknickt sei, entgegnete Kretschmann: "Im Kern der Sache ändert sich nichts. Doch dieser Kern wird anders gefasst und klarer eingeordnet, um Missverständnisse auszuräumen. Wir sind vor gar niemand eingeknickt, sondern ich hab' den Leuten erklärt, da geht's um die Menschenwürde, da geht's um die Persönlichkeitsentwicklung, und so lange das Menschen machen, im Rahmen der Verfassungsordnung, hat der Staat das nicht zu werten", hob Kretschmann hervor. Der Ministerpräsident meinte weiter: „Ich möchte noch einmal explizit darauf hinweisen, dass es bei der sexuellen Vielfalt nicht um sexuelle Praktiken geht, sondern um die Vielfalt der sexuellen Orientierung und geschlechtliche Vielfalt."

Ministerpräsident Kretschmann betonte abschließend: „Ich bin überzeugt, dass die Weiterentwicklung des Arbeitspapiers zu einer Versachlichung der Debatte führt und wir damit vor allem denjenigen den Boden entziehen, die bewusst Missverständnisse geschürt haben. Im Rahmen meiner Gespräche mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen habe ich festgestellt, dass letztlich alle mit der Zielsetzung des Bildungsplans in der konkreten Frage einverstanden sind.“

Peter Hauk, Fraktionsschef der CDU: Landesregierung darf nicht über Eltern hinwegregieren

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Peter Hauk, betonte im Gespräch mit dem SWR, auch die CDU sei für Toleranz, sei sei auch für die Behandlung sexueller Vielfalt im Unterricht, aber sie sei dagegen, dass sexuelle Vielfalt als Leitprinzip über allen Fächern im Bildungsplan vorangestellt werde. Er werbe für eine ganz normale, tolerante und weltoffene Position. Die Position der CDU sei eine Verteidigung demokratischer Werte. Hauk weiter: "Wir sind dafür, dass im Bildungsplan Eltern auch ihre Berücksichtigung finden, weil wir der festen Überzeugung sind: Es gibt eine Erziehungspartnerschaft zwischen Land, den Schulen also, und den Eltern. Und Erziehung muss gemeinsam im Konsens erfolgen. Und da kann die Landesregierung nicht einfach über die Eltern hinwegregieren."


Leserbriefe

Wenn weiterhin von "sexueller Vielfalt" gesprochen wird, ändert sich überhaupt nichts an den beabsichtigten Lehrplänen. Es wird lediglich etwas geschönt. Der Fantasiebegriff "Sexuelle Vielfalt" gehört ganz aus den Lehrplänen gestrichen. Es soll zur Toleranz erzogen werden. Das ist grundsätzlich richtig. Zu fragen ist aber, was mit "Toleranz" gemeint ist. Versteht man darunter Beliebigkeit oder das Ertragen von Andersartigkeiten, wobei man selbst einen eigenen Standpunkt hat, den zu vermitteln die Schule nicht in der Lage ist? Den Eltern obliegt es deshalb, das zu kompensieren, was den Kindern in der Schule an Irrlehren vermittelt wird, damit aus den Kindern Persönlichkeiten mit Rückgrat werden.

Wenn es nur um Toleranz ginge, dann wäre dies Thema nicht so heftig in der Diskussion. Es geht schon um die Frage des aktiven Umgangs mit Minderheiten und Andersartigkeiten. Ich finde, da macht schon einen Unterschied, ob es "sexuelle Vielfalt" oder "Vielfalt" heißt, denn es stellt die aufgeworfenen Fragen in einen Zusammenhang, der umfassender und zugleich konkreter ist. Akzeptanz von Vielfalt: Ein/e Mitschüler/in, der eine körperliche Behinderung hat, bedarf unter Umständen beträchtlicher Hilfe und Aufmerksamkeit. Um ihn zu integrieren, muss man in der Lage sein, zu verstehen, was er braucht, was er kann, wo er mit dabei sein kann und wo nicht. Man lernt die Perspektive des Behinderten kennen, ohne selbst dazu diese Einschränkung (die manchmal zum Vorteil wird) zu haben. Leicht entsteht dann der Eindruck, dass der Andersartige mit seine spezifischen Bedürfnissen und abweichendem Verhalten im Mittelpunkt steht, weil die ganze Gruppe auf ihn eingeht. Ähnlich ergeht es oft den sexuellen Minderheiten. Sie wurden lange ignoriert und verlangen nun erhöhte Aufmerksamkeit.

Ich gehöre selbst einer Minderheit an (welcher, spielt keine Rolle) und muss, wenn ich mich meinen Fähigkeiten gemäß entfalten möchte, mit erhöhter Aufmerksamkeit klar kommen oder mich völlig aus der Gesllschaft ausklinken. Deshalb ist aktive Toleranz und Akzeptanz so wichtig. Sie wird früh gelernt: Schon, ob Jungens ein Mädchen beim Fussball mitspielen lassen oder Mädchen einen Jungen beim Gummitwist, ist eine aktive Entscheidung und sie wird täglich gefällt: So oder so. Aus christlicher Perspektive möchte ich dazu anmerken, dass die Evangelien sehr klar davon erzählen, wie Jesus die physische Nähe und die Gemeinschaft zu Andersartigen gesucht hat, gleich ob es Kranke, Hilfsbedürftige, Aussätzige oder moralisch geächtete Menschen waren, ohne Angst, von dieser Andersartigkeit angesteckt oder manipuliert zu werden.

Kretschmann und Stoch verhöhnen die Befürchtungen der Eltern. Sie schaffen nun eine neue Mogelpackung: außen hui und innen pfui! Erfreulich und hoffnungsfroh ist es trotzdem, hier in aller Deutlichkeit gezeigt zu haben, wie wichtig es ist, durch eine Bürgerbewegung solche Politiker wie Kretschmann und Stoch für ihre abscheuliche Politik abzuwatschen.

Liebe Freunde, ich halte nichts von den neuen Formulierungen. Unser Protest in Stuttgart war deutlich, aber noch nicht deutlich genug. Hinter dem großen Begriff Toleranz steckt eigentlich nur Intoleranz. Ich hoffe, dass noch viel mehr Eltern aufwachen, bevor es zu spät ist. Es lohnt sich, sich für die Zukunft unserer Kinder einzusetzen. Deshalb muß dieser Bildungsplan wie er jetzt ist, gestoppt werden. Herzliche Grüße aus Gützkow Johannes Hecker

Sie sind schon raffiniert die Herren MP und Kultusminister. Schnell neue Verpackung und alter Inhalt. Denn warum nicht gleich so, wenn man das alles berücksichtigen will? Es hat ja wohl niemand dagegen gesprochen, auch Menschen mit anderer sexueller Ausrichtung zu tolerieren. Aber, was hat das denn nun immer noch im Schuluntericht in allen Klassen zu suchen? Eltern müssen entscheiden können, wie weit sie die sexuelle Aufklärung ihrer Kinder wollen - jedenfalls bis zu einem bestimmten Alter. So ab 11. Klasse kann man bestimmt auch schwierige Themen mit Schülern besprechen, zum Beispiel Intersexualität usw. Aber, so bleibt wohl der Kampf weiter bestehen, vor allem weil da eine Frau Lösch immer noch die Eltern beleidigt, die nicht ihrer Meinung sind. Also: erst mal die Packung aufmachen und genau hinschauen.

Es ist so, wie ein anderer Leser bereits schrieb: Hinter dem Toleranzbegriff der Gender-Ideologen verbirgt sich letztendlich Intoleranz! Erst wenn derjenige, dem die ganze Gender-Ideologie ein Greuel ist, auch in das Spektrum "sexuelle Vielfalt" integriert ist, dann ist Toleranz gegeben, die demokratiefähig ist! Beispiel: Fast zeitgleich mit Thomas Hitzelsperger hat sich auch Jens Lehmann geoutet. Nur, das Outing des Letzteren war eben nicht populär und wurde nach einer einzigen Veröffentlichung totgeschwiegen. Wenn zwei das selbe tun, ist es doch nicht das gleiche! Toleranz haben wir erst, wenn dieser Satz nicht mehr stimmt!

Mit etwas Wortklauberei ändert sich nichts. Die Ziele der Regierung Baden - Württemberg haben sich nicht gändert: Kultur auf Verordnung von oben. Widersprüche und Missverständnisse sind unerwünscht - vermutlich undemokratisch. Wir kennen das aus unserer Geschichte - 12 Jahre, 40 Jahre.

Ein besonderer Affront liegt darin, dass die Regierung nur mit einer hauchdünnen Mehrheit regiert. Dass ihr Bestreben von einer repräsentativen Mehrheit der Gesellschaft getragen wird, darf daher kräftig bezweifelt werden. Aber man muss die Gunst der Stunde nutzen. Der Begriff "Toleranz" wird zum Prangerargument.

Es ist bezeichnend. Die CDU übernimmt den "Kunstbegriff" "Sexuelle Vielfalt" sofort kritiklos und ruft: "wir sind auch dafür!". Es gilt auch hier die gute, alte 68er Salamitaktik.