17.01.14
Bürgerinnen und Bürger sollten wachsam sein!
Erziehungswissenschaftler und Paartherapeut Dr. Albert Wunsch im Gespräch mit MEDRUM
zur Debatte über Bildungspläne zur Akzeptanz sexueller Vielfalt in Baden-Württemberg
(MEDRUM) Es gibt derzeit zwei Petitionen zu den Bildungsplänen in Baden-Württemberg. Die erste fordert, von einer übermäßigen Fokussierung auf „sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“, wie sie für den Bildungsplan 2015 angestrebt werde, abzusehen. Die Bildungsplankommission soll ein klares Zeichen gegen die Überbetonung einzelner Gruppen und ihrer Interessen sowie zu einer verantwortungsbewussten Sexualpädagogik setzen, sagt die Initiative "Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens". Mehr als 150.000 Bürger unterstützen diese Petition. Die zweite Petition unterstützt als "Gegenpetition" die Pläne der Landesregierung und sagt, es sei wichtig "bei Schüler_innen ein Bewusstsein zu schaffen, wonach Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle und Intersexuelle (LSBTTI) nichts ‚Abnormales’ sind", und zukünftigen Generationen müsse vermitteln werden, dass "LSBTTI keinesfalls ‚falsch’ sind und dass sie offen leben dürfen, was sie sind, ohne sich dessen schämen zu müssen oder von anderen beschimpft oder angegafft zu werden". Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte fragte MEDRUM den Erziehungswissenschaftler und Paartherapeuten Albert Wunsch, was bei dieser Kontroverse bedacht werden sollte.
MEDRUM im Gespräch mit Dr. Albert Wunsch
Aversionen und Feindseligkeiten ein generelles Problem
Herr Dr. Wunsch, es gibt derzeit zwei Petitionen zu den Bildungsplänen in BW. Wie stehen Sie zu diesen, kontrovers erscheinenden Petitionen? Würden Sie sich der ersten oder der Gegenpetition anschließen?
Wunsch: Wenn es den LSBTTI-Vertretern wirklich um mehr Toleranz gegen Andersartigkeit bzw. um eine größere Akzeptanz von Vielfältigkeit ginge, würden sie ihre Forderungen nicht einseitig auf die „sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ fokussieren. Stattdessen hätten sie ein Diversity-Konzept vorlegt, um so einen deutlichen Impuls für ein Leben in Vielfalt ohne jegliche Diskriminierung zu setzen. Dazu wäre aber notwendig, auch andere Ausgrenzungen und Benachteiligungen in unserer Gesellschaft anzuprangern, als eine real erfahrene oder auch nur vermeintliche Diskriminierung einer sexuellen Ausrichtung. Beispielsweise wird hier auf den Umgang mit Behinderten hingewiesen. Denn auch Kleinwüchsige bzw. Übergroße, geistig und körperlich Behinderte oder Verwirrte haben ein Recht darauf, in ihrem ‚So-Sein’ akzeptiert zu werden.
Gibt es eine weit verbreitete Homophobie in den Schulen, wie vielfach behauptet wird? Ist es berechtigt, von Homophobie als von krankhaft bedingter Angst zu sprechen?
Wunsch: Mit Homophobie wird vom Wort-Ursprung her eine Angst vor Lesben und Schwulen bezeichnet. Einer solchen bin ich nie begegnet, weder in meiner langjährigen Tätigkeit in Schulen, Hochschulen noch in der Jugendarbeit. Natürlich gibt es unter Jugendlichen und Erwachsenen Aversionen oder auch Feindseligkeiten. Die sind jedoch meist auf Charaktereigenheiten wie Großmaulverhalten, Angeberei, Egoismus oder Unzuverlässigkeit bezogen. Nicht selten habe ich erfahren, dass, wenn ein Großmaul die Konsequenz seines Verhaltens spürt, dieses Reaktions-Verhalten auf andere Faktoren umzulenken versucht. Ausgrenzungen in Schulen und teilweise auch in Hochschulen können dagegen häufig im Bezug zum Auftreten (keine Markenkleidung, älteres Handy, ‚unmögliche Figur’ usw.) oder der ethnischen Herkunft festgestellt werden.
Aufräumarbeit angesagt
Sehen Sie Unterschiede zwischen der Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern und der in der Gesamtgesellschaft?
Wunsch: Ja, besonders ältere Menschen tun sich oft im Umgang mit der Personengruppe der LSBTTI recht schwer. Bedenkt man, dass homosexuelles Verhalten vor Jahren noch durch den § 175 StGB als Unzucht bezeichnet wurde und strafbar war, ist dies nachvollziehbar. Insgesamt scheint sich die Menschheit mit Minderheiten oder Auffälligkeiten schwer zu tun. So müssen sich Menschen mit Albinismus in Afrika vor Verfolgung und Mord fürchten, wurden rothaarige oder körperlich missgestaltete Frauen oft als Hexen verfolgt. Andersartigkeiten stehen schnell im Focus, ob negativ oder positiv. So kann auch ein überdurchschnittlicher Intelligenzkoeffizient eine sehr ausgeprägte Leistungsbereitschaft oder eine besondere Begabung zur Ausgrenzung führen. Ebenso scheint der Umgang mit Sondersituationen für Viele schwierig, ob es um den Umgang mit dem Tod, einer schweren Krankheit, Trennung und Scheidung oder den Verlust des Arbeitsplatzes geht. Dann werden in unserer ach so offenen Welt schnell Tabus deutlich. Dies alles trifft auch auf den Umgang mit sexuellen Minderheiten zu. Hier ist insgesamt reichlich Aufräumarbeit angesagt, sind angemessene Umgangsweisen zu entwickeln. Eine abschließende Anmerkung speziell auf den LSBTTI-Personenkreis bezogen: Auch wenn Umfeld-Faktoren eine lesbische oder homosexuelle Lebensweise fördern können, die meisten Betroffenen haben sich nicht aus sich heraus frei zu einer homosexuellen oder lesbischen Lebensweise entschieden. Wir haben dies zu akzeptieren.
Vertrauensvolles Umfeld wichtig
Wäre es also nicht eine wichtige Hilfe, sexuelle Vielfalt querschnittlich zum Unterrichtsthema zu machen? Wie gut eignet sich das Thema dafür?
Wunsch: In einer Zeit, in welcher sich die eigene Sexualität erst im Aufbau befindet, ist ein Querschnitts-Unterrichtsthema ‚Sexuelle Vielfalt’ nicht zu empfehlen. Außerdem sollte überhaupt in diesem Umfeld nicht zu viel erwartet werden, weil die Schule immer stärker auf die Vermittlung von Wissen setzt. So zeigen Informationen bzw. Unterrichtsreihen zu den Themen: Sexualität, Rassismus, Umgang mit Alkohol und anderen Drogen oder zum Thema Gewalt eine äußerst begrenzte positive Wirkung.
Sind Bildungpläne und Unterrichtsfächer an den Schulen die richtige Grundlage, um zu sexueller Toleranz und zur Anti-Diskriminierung zu erziehen?
Wunsch: Der Umgang mit Vielfalt und Toleranz gehört zu den Lebens-Haltungen, welche am intensivsten - von Kindesbeinen an - im alltäglichen Umgang grundzulegen sind. Dabei erhält das Elternhaus sowie das erweiterte familiäre Umfeld eine besonders prägende Bedeutung. Zu dieser Erkenntnis hat auch – quasi als Nebenprodukt – die Bindungs- und Resilienz-Forschung beigetragen. Die Art und Weise, wie zurzeit mit den Gegenstimmen zu den so genannten LSBTTI-Reformplänen umgegangen wird, belegt mehr als offenkundig, dass es nicht um Vielfalt und Toleranz, sondern um das Durchpeitschen eigener Interessen geht, koste es was es wolle. Insgesamt täte allen Menschen, welche für eigene Standpunkte Toleranz – oft lauthals und kompromisslos – einfordern, gut, ein paar Nachhilfestunden bei einem großen Vordenker der europäischen Aufklärung zu nehmen: „Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, dass Sie Ihre Meinung frei äußern können.“ (Voltaire).
Welche Altersphasen sind für die Thematik geeignet?
Wunsch: Ab dem fortgeschrittenen Jugendalter benötigen alle Menschen im Umfeld der Heranwachsenden ein großes Gespür und reichlich Zeit, um die bei Jedem anders verlaufende Identitäts-Suche gut zu begleiten um auftretende Selbstzweifel auffangen zu können. Das sind in erster Linie die Eltern und weitere Familienmitglieder (ältere Geschwister, Tanten, Onkel, Großeltern). Aber auch vertrauensvolle Jugendgruppenleiter, Sporttrainer, die Eltern des besten Freundes / der besten Freundin oder auch eine Lehrkraft können ein wichtiger Anlaufpunkt sein. Bedeutsam ist aus Sicht des Suchenden, dass es um vertrauenswürdige Personen geht, die gut zuhören können und nicht ihre eigene Auffassung überstülpen wollen.
Finden eigener Identität begleitet ganzes Leben
Welcher Zusammenhang zwischen geschlechtlicher Identitätsbildung und der Vermittlung sexueller Anschauungen ist zu bedenken? Gibt es das Einflüsse und wenn ja, welche?
Wunsch: Eine geschlechtliche Identität ist das Ergebnis der lebbaren Akzeptanz des eigenen biologischen und sozial-emotionalen Gewordenseins. Auch wenn sich z.B. eine junge Frau eindeutig zum Manne hingezogen fühlt, muss dies noch nicht eine stabile Identität ausdrücken. Das lehrte mich meine langjährigen Paar-Beratungspraxis. So gibt es Frauen und Männer, die sich zeitlebens mit ihrer eigenen geschlechtlichen Identität schwer tun, unabhängig davon, ob sie sich eher zum eigenen oder anderen Geschlecht hingezogen fühlen. Mal werden die eigenen Geschlechtsmerkmale als zu klein, mal zu groß oder überhaupt als schwer akzeptabel betrachtet. Das Ergebnis bzw. Zwischen-Ergebnis der geschlechtlichen Identität drückt sich dann in der jeweiligen sexuellen Praxis aus. Wie häufig keine eindeutige Zuordnung möglich erscheint, wird auch daran deutlich, dass sich viele Erwachsene nach einer mehr- oder langjährigen heterosexuellen Partnerschaft, häufig auch mit selbst gezeugten Kindern, für das weitere Leben – teilweise aus unterschiedlichsten Gründen – für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft bzw. für Kontakte zu gleichgeschlechtlichen Partnern entscheiden. Das Finden einer eigenen Identität ist eine der größten – unser ganzes Leben begleitende – Aufgabe. Wie schwierig dieser Prozess auch jenseits einer sexueller Ausrichtung ist oder sein kann, wird bei fast allen Menschen deutlich, welche ihre Kindheit in unterschiedlichsten Kulturen verbrachten. So fragte sich stellvertretend eine 25jährige Frau: „Bin ich Deutsche, Südafrikanerin oder Inderin? In all diesen Kulturen habe ich familiäre und kulturelle Wurzeln."
In jeder Klasse, so wird teilweise behauptet, gebe es ein bis zwei Schülerinnen oder Schüler, die homosexuell orientiert seien, also fast 10 Prozent der Kinder bzw. Jugendlichen. Entspricht das Ihren Erfahrungen?
Wunsch: Diese Zahl spiegelt für mich keinesfalls die Realität wieder. Trotzdem ist ihre Nennung innerhalb einer politischen Kampagne recht nachvollziehbar, wenn die Maßstäbe der Werbepsychologie einbezogen werden. Denn diese führt uns ständig vor, wie Bedarfe auf äußerst subtile Weise suggeriert werden sollen. Eine ganz aktuelle Prozentzahl sollte uns aber alle aufrütteln. Denn nach einer vom Kinderschutzbund vorgestellten Studie sind fast 20% aller Kinder durch Armut betroffen und erleben offensichtlich vielfältige Benachteiligungen.
Immense Angst vor Ausgrenzung und stabiles ICH
Sind Sie für ein "Outcoming" in den Schulen? Sollten sich Schülerinnen und Schüler nicht generell zu Ihrer sexuellen Orientierung bekennen? Laden die Pläne der Landesregierung, das Thema auf den Unterrichtstisch zu legen, nicht geradezu dazu ein?
Wunsch: Grundsätzlich wird sich kein „Outcoming“ organisieren lassen. Die Schule ist dazu ein eher ungeeigneter Ort. Bekenntnisse zu eigenen Bevorzugungen oder Lebensgrundsätzen sind immer nur auf der Basis eines großen Vertrauensverhältnisses innerhalb eines sicheren Umfeldes möglich. Da traut sich die 13jährige Sarah beim Komasaufen nicht, ein Stopp zu sagen und der 14 Jährige will auf keinen Fall einen Cliquenausschluss riskieren und zockt daher auf Anweisung jüngere Schüler ab. Die Angst, wegen was auch immer ausgegrenzt zu werden, ist immens. Jeder Schüler, jede Schülerin, aber auch jede Lehrkraft sollte sich als Person zu dem bekennen, was ihm/ihr wichtig ist. Das Ausmaß hängt von intakten und Vertrauen schaffenden Sozialkontakten und von der eigenen Ich-Stärke ab, nicht von schulischen Lehrplänen.
Sie reden von der Bedeutung der Ich-Stärke. Findet man dazu auch in Ihrem neuesten Buch Hinweise, die jungen Menschen oder ihren Eltern und Lehrern weiterhelfen können?
Wunsch: Instabile Menschen sind eine ganz besondere Risikogruppe. In ihrem Umfeld sind Konflikte vorprogrammiert. Die eher stille Variante äußert sich in Krankheit, Resignation und Depression. Fehlende Ich-Stärke wird aber häufig auch als Aggression deutlich. Beides dient dem Ziel, die eigene Leere besser aushalten oder überspielen zu können. Machtvoll in die Öffentlichkeit getragene Botschaften sind somit immer auch Ausdruck von Schwäche. So wird in dem Buch: „Mit mehr Selbst zum stabilen ICH – Resilienz als Basis der Persönlichkeitsbildung“ verdeutlicht, welche Faktoren in Kindheit und Jugendalter zu emotionaler Kompetenz und sozialer Verantwortung führen. Eltern, Erzieherinnen und Lehrkräfte erhalten so wichtige Informationen zur Grundlagenbildung von Ich-Stärke bzw. Anhaltspunkte, wie diese im Erwachsenenalter noch ausgebaut werden kann. Ist dies in einem zufrieden stellenden Masse gelungen, werden Argumente und nicht Diffamierungen beim Einbringen eigener Standpunkte deutlich. Insofern tragen solche durch Resilenz geprägte Menschen zu dem bei, was der große Soziologe Jürgen Habermas schon innerhalb der 68ziger Umbrüche forderte: „Einen herrschaftsfreien Diskurs.“
Was müsste geschehen, um die Lehrkräfte vorzubereiten, die Problematik fachlich kompetent zu untererichten? Müssten nicht auch spezielle Fachkräfte herangezogen werden?
Wunsch: Alle Lehrkräfte müssten erkennen und berücksichtigen, dass ganz nahe an den Persönlichkeitskern herangehende Lehrinhalte nur mit viel Fingerspitzengefühl und einer großen eigenen Authentizität vermittelbar sind. Ob dies um sexuelle, ethnische, auf das Aussehen bezogene oder noch andere Eigenheiten geht. Gibt es in diesen Bereichen offensichtliche Probleme, sind auch die Eltern und/oder spezielle Fachkräfte einzubeziehen.
Eigene Grundsätze nicht zum Maß aller Dinge erheben
Was halten Sie davon, Vertreter von LSBTTI -Organisationen als Lehrkräfte dafür einzusetzen?
Wunsch: Immer wenn gesellschaftliche Gruppen ihre ganz speziellen Forderungen durchdrücken wollen, hat ein demokratischer Staat darauf zu achten hat, dass dabei keine Majorisierung stattfindet. Wenn andere gesellschaftliche Gruppen mit ihren speziellen Inhalten auch auf die Idee der LSBTTI-Vertreter kämen, würde von dort der größte Aufschrei erwartbar sein.
Wie bewerten Sie das machtvolle Auftreten von LSBTTI-Aktivisten innerhalb unserer Gesellschaft insgesamt?
Wunsch: Jede gesellschaftliche Gruppe hat in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung das Recht, eigene Standpunkte und Lebensgrundsätze zu verdeutlichen und Maßnahmen gegen Benachteiligung oder Ausgrenzung zu fordern. Solche Aktivitäten müssen dann aber, um andere gesellschaftliche Gruppierungen nicht durch zu benachteiligen, durch Fairness und Toleranz geprägt sein. In dem Maße, wie die eigenen Grundsätze zum Maß alle Dinge erhoben werden, disqualifiziert sich ein solch ideologisches Unterfangen von selbst. Die dauernd wiederholte Behauptung, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt werden, trifft aus meiner Sicht nur auf das Verhalten ‚Sex mit Kindern’ zu. Und das ist wichtig und richtig. Dass beispielsweise bei den großen – bunt schrillen – Umzügen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und Intersexuellen Menschen ausgrenzende oder gewalttätige Gegenattacken stattfinden, wurde bisher nicht von den Medien berichtet. Dies ist aber schon häufig geschehen, wenn Menschen einen Schweigemarsch für das – auch im Grundgesetz verankerte - Lebensrecht durchführen. Außerdem ist bei aller Unterstreichung der Berücksichtigung von Vielfalt darauf zu achten, das nicht eine – wenn auch als wichtig zu beachtende – kleine Gruppe von Menschen der überwältigenden Mehrheit ihre Denkmuster aufdrückt. Immer wenn das Eintreten von Toleranz gegenüber eigenen Lebensgrundsätzen mit intoleranten, aggressiven und diffamierenden Mitteln durchzusetzen versucht wird, entlarvt sich ein solches Agieren als Indoktrination. Dann sollten gerade deutsche Bürgerinnen und Bürger besonders wachsam sein. Denn: ‚Wehret den Anfängen’!
Das Gespräch mit Dr. Albert Wunsch führte Kurt J. Heinz
© Alle Rechte vorbehalten.
Das neueste Buch von Albert Wunsch, "Mit mehr Selbst zum stabilen ICH - Resilienz als Basis der Persönlichkeitsbildung", ist im Herbst 2013 erschienen.
Weitere Information über Albert Wunsch: www.albert-wunsch.de
Mehr zum neuesten Buch von Wunsch: Springer-Spektrum: „Mit mehr Selbst zum stabilen Ich!“
Online-Petition: → "Zukunft – Verantwortung – Lernen:
Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens"
(> 150.000 Unterstützer)
Gegenpetition: Gegenpetition-zu-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens (> 77.000 Unterstützer)
Buchempfehlung
→ „Die globale sexuelle Revolution. Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit”
von Gabriele Kuby
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Leserbriefe
Dank für sachliche und ausgewogene Kritik
Vielen Dank für dieses Interview. Es tut gut, eine gesunde und ausgewogene Kritik zu lesen und die Kontroverse um den Bildungsplan 2015 in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Darum ist sehr zu wünschen, dass Verantwortliche in Politik und Medienschaffende eine größere Differenzierung im Blick auf dies große und wichtige Themenfeld finden und mehr Mut hätten zu einem sachlichen und angemessen Umgang mit den Forderungen derer, die Freiheit um jeden Preis wollen.
Wo aber sind die Proteste gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von homosexuell lebenden Männern, denen es nicht erlaubt ist, Blut zu spenden, weil sie zu einer Risikogruppe gehören? Und nicht nur in diesem Bereich ist es wichtig, die Augen nicht vor der Realität zu verschließen und an eine schöne Scheinwelt zu glauben, die immer wieder in Medien und Politik heraufbeschworen wird. Die heeren Ziele, die mit dem Bildungsplan verfolgt werden, können nur scheitern, weil sie an der Lebenswirklichkeit vorbei zielen.
Den klaren Blick bewahren
Die Sache wird immer komplizierter und relativer. Bei all den guten Argumenten und Erklärungen scheint mir die Gefahr gegeben, dass das Wesentliche unter zu gehen droht und ich fühlte mich eher überfordert wenn es nicht eine klare Orientierung geben würde. Wie z.B. Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Super, dahinter steht die Menscheit von Anbeginn. Und schließlich aber auch die Klarstelung des Paulus in 1. Römer 24. Keine Kirche kann dem widersprechen, wenn sie sich nicht vorher auf den Kopf stellen würde.
Homophobie / Heterophobie
Seit einiger Zeit begegnet uns immer wieder ein kaum hinterfragter Begriff: Homophobie. Damit drücken Verfechter der homosexuellen Lebensweise aus, dass Menschen, die diese ablehnen, an einer krankhaften Störung litten. Als Phobie beschreibt die Psychologie eine krankhafte Angst. Der neu erfundene Begriff soll somit eine Ablehnung der Homosexualität als krankhaft hinstellen. Hat diese Ablehnung einen Krankheitswert? Sicher nicht. Jeder Mensch hat Vorlieben und kennt viele Dinge die er ablehnt. Diese Vorlieben oder Ablehnungen haben aber deshalb keinen Krankheitswert.
Eine Ablehnung der Homosexualität ist nicht verbunden mit Furcht oder Schrecken vor dieser. Sie erklärt sich aus der begründeten und real vorhandenen Befürchtung dass, wenn Homosexualität die Regel sein sollte, die Menschheit (oder im übertragenen Sinn auch entsprechende Spezies im Tierreich) über kurz oder lang aussterben würde. Bekanntlich sind zur Fortpflanzung von Menschen beide Geschlechter notwendig. Die Ablehnung von Homosexualität ist also nicht unbegründet und mit keinem übermäßigen oder unangemessenen Wunsch verbunden.
Die Befürchtung, dass radikale Verfechter der Homosexualität diese zum Regelzustand erheben wollen, ist begründet. Nicht verwechselt werden darf der Vorwurf der "Homophobie" mit der Diskriminierung von Menschen mit homosexuellen Neigungen. Die "Homophobie" ist die falsche Unterstellung einer krankhaften Störung durch nicht homosexuelle Menschen. Homosexuelle Menschen haben das Recht wie jeder andere Mensch auch, wegen ihrer sexuellen Orientierung nicht diskriminiert zu werden. Sie haben aber nicht das Recht, heterosexuelle Menschen ihrerseits als krankhaft zu bezeichnen, weil diese andere sexuelle Neigungen als sie selbst haben.
Wäre der Begriff "Homophobie" richtig, müssten, den Gesetzen der Logik folgend, Homosexuelle als an einer Heterophobie leidend angesehen werden. Homosexuelle sollten in der Geschlechterdebatte als heterophob bezeichnet werden. Das ist zwar genau so falsch wie die Bezeichnung "homophob", drückt aber nachdrücklich aus, dass Heteros sich gegen die Unterstellung, wegen ihrer von der Natur vorgegebenen sexuellen Orientierung krank zu sein, wehren. Schließlich diskutieren wir in der Regel mit denjenigen homosexuellen Menschen, die selbst an einer phobischen Störung dem anderen Geschlecht gegenüber leiden. Somit ist diese Bezeichnung unseren Diskussionspartnern gegenüber angemessen.
www.NUlb.de/Homophobie
Die Angst ist unbegründet!
Zu Homophobie: Viellleicht ist der Begriff Phobie zu stark gewählt und erzeugt deshalb einen Widerstand. Aber er beschreibt eben genau die Angst, von der Sie sprechen: dass die Homosexualität die Regel sein soll. Das will jedoch kein Homosexueller! Niemand will aus allen Heteros Homosexuelle machen. Die gleichgeschlechtlich Empfindenden möchten ja nur, dass diese zwei Lebensweisen als gleichwertig normale nebeneinander stehen dürfen. Genauso wie auch durch einige homosexuelle Familien die klassische heterosexuelle Familie keinesfalls Zerstörung fürchten muss. Und wie auch im Interview richtig angemerkt, die meisten haben sich für die Homosexualität nicht entschieden. Deshalb ist diese Angst unbegründet.
Der Debatte einen guten Dienst erwiesen
Ein „saustarkes“ Interview mit Dr. Albert Wunsch.
Solch eine wohltuende Differenzierung ist in der ganzen Debatte um den Bildungsplan 2015 und darüber hinaus bisher nicht les- und hörbar geworden. Ich danke für diese wohltuende Meisterleistung im bisher holzschnittartigen Schlagaustausch der Argumente. Vor allem die differenzierenden Hinweise auf die intoleranten Methoden der Interessen-Vertreter des LSBTTI-Netzwerks werden hier sehr einfühlsam und sachlich klar benannt, aber auch die eigene Gefährdung zur verengenden Sicht, die sich im Umgang mit diesen Themen entwickeln kann, ist mit diesem Interview in guten Worten mahnend benannt worden.
Sachlichkeit und Differenzierung sind eben nicht rationale Verstandes-Methoden, sondern nur durch das eigene Leben zu gewinnen. Daher haben sie wesentlich mit Herzensbildung zu tun – vielleicht ein älteres und frömmeres Wort für Resilienz. Sachlichkeit und Differenzierung sind letztlich Folgen einer Persönlichkeitsstärkung, die sich aus der Beziehungs-Investition anderer in das Leben junger Menschen ergeben wird. Billiger ist sie nicht zu haben. Und dazu wird die Schule nicht viel beitragen, ist dieser Grund in der Person nicht bereits im familiären Rahmen gelegt und vorgeprägt worden. Nur mit solcher Begleitung ist es möglich, dem demokratischen Auftrag menschlich und (auch als Christen) angemessen zu begegnen.
Ein mir kostbarer Gedanke von Reinhold Niebuhr, welchen ich seit der Zeit einer Begegnung aus dem Munde des Theologen John Stott Anfang der 90er Jahre in England hörte, unterstreicht diese notwendige Verbindung von menschlicher und demokratischer Erziehung: „Die Fähigkeit des Menschen zur Gerechtigkeit macht Demokratie möglich, die Neigung des Menschen zum Unrecht macht sie notwendig.“[1]
Sie haben der Debatte um die Bildungspläne 2015 damit einen guten Dienst erwiesen und ich wünschte, das Interview würde auch in der Landesregierung in BW zur Kenntnis genommen und beherzigt.
[1] (Reinhold Niebuhr: The Children of Light and the Children of Darkness, 1945, in: John Stott: Christsein in den Brennpunkten unserer Zeit Bd. I, Marburg 1987, S. 65)