30.05.09
Das Schweigen im Blätter-Wald
Gedanken zum medialen Echo des Geschehens um den Marburger "Seelsorge- und Psychotherapie-Kongress"
von Hans Lachenmann
Wer die Presseartikel und Medienmeldungen zum Marburger Kongreß und die Initiative „für Freiheit und Selbstbestimmung" durchsieht, wird feststellen, dass sie zum großen Teil aus vertrauten Presseorganen stammen. Die örtlichen Presseorgane um den Tagungsort Marburg sind gut vertreten, bei den großen überörtlichen Organen jedoch finden sich zwar einige kurze Artikel in der Frankfurter Rundschau und der FAZ, auch in der Süddeutschen Zeitung, ansonsten herrscht im Blätterwald Schweigen. Das gilt auch von den großen Nachrichtenmagazinen. Die Rundfunk-und Fernsehanstalten scheinen sich ebenfalls in Schweigen zu hüllen. „Kirchliche" Organe sind außer von einigen, etwas distanzierten Meldungen ebenfalls auf stumm geschaltet.
Wie kann man sich diesen merkwürdigen Sachverhalt erklären? Zu berichten und zu kommentieren gab es genug. Die Demonstration während des Kongresses war ungewöhnlich. Gleich zu Beginn ein rotes Plakat, auf dem erklärt wird: „Wir sind hier, um eure religiösen Gefühle zu verletzen". Das geschieht auch sofort mit der Zeichnung eines ans Kreuz genagelten Schweinchens „Jesus du Opfer". Würde solches mit einem Bild des Propheten Mohammed gemacht, gäbe es einen globalen Aufruhr in der islamischen Welt und kein Deutscher dürfte sich dort blicken lassen.
So präsentierte sich das Demonstrationsaufgebot des Marburger Aktionsbündnisses aus LSVD, Grünen, Linken, DGB, Asta u.a., das dem Seelsorge- und Psychotherapiekongress den Kampf angesagt und gedroht hatte, ihn zu verhindern: sie kamen mit Plakaten, Parolen, Bildern: menschenverachtend, infam und obszön, so dass man es mit Worten kaum wiedergeben kann. Mit dem Anstand wurde hier auch der Verstand aufgegeben. Offenbar sind hier sämtliche Sicherungen ausgefallen, die uns vor der Zerstörung unserer Menschenwürde bewahren können: das Schamgefühl erloschen, die Ekelgrenze beseitigt. Erreicht haben die Demonstranten nichts. Der Kongress nahm - allerdings unter Polizeischutz - ungestört seinen Verlauf.
Es bleibt die Frage: Wie ist dieses Schweigen zu erklären? Warum der Verzicht auf publikumswirksame Bilder und griffige Parolen? Hat es den Journalisten und den Redakteuren die Sprache verschlagen? Wollen sie nicht wahrhaben, was geschah? War das Geschehen in Marburg für sie eine Katastrophe, die sie nicht eingestehen wollen? Oder hat sich dort in Marburg ein ihnen bisher verschlossenes Fenster aufgetan, das zeigt, dass alles ganz, ganz anders ist, als es die mediale Gehirnwäsche, der wir seit Jahren ausgesetzt sind, gerne haben möchte: nicht nur mit Hetero- und Homosexualität, sondern auch mit unseren demokratischen Rechten. Ob sie nicht heute wieder bedroht sind? Ob wir noch sagen dürfen, was wir denken? Ob wir noch Menschen helfen dürfen, die sich an uns wenden? Ob man überhaupt noch weiter forschen, diskutieren, lernen kann bei den Fragen um den Menschen und seine Sexualität? Zeigt sich in dem neuen Gesinnungsterror schon ein neuer Totalitarismus?
Es geht um die uralte Frage „Was ist der Mensch?". Ist er das „autonome", „selbstbestimmte Wesen", das nur dann glücklich sein kann und alles tun darf, was es möchte, wenn Gott endlich tot ist und die Christen „die Fresse halten"? Oder sind wir Gottes Ebenbild, zu ihm hin geschaffen, ohne ihn dem Nichts preisgegeben? Wenn diese Frage wieder neu erkannt würde, dann hätte das Schweigen seinen Sinn - und könnte auch zu einem menschlicheren, ehrlicheren Umgang mit denen führen, die anders denken und doch wie wir ein menschliches Angesicht haben.
Hans Lachenmann ist Kirchenrat der evang. Landeskirche i.R. Er war langjähriger Vorsitzender des Gesprächskreises "Evangelium und Kirche", der 1934 als Evangelische Bekenntnisgemeinschaft in Württemberg durch Pfarrer Theodor Dipper gegründet wurde und in Opposition zum Nationalsozialismus in der Kirche stand.
MEDRUM-Artikel -> Friedliche FeindseligkeitEnde gut, alles gut?
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Leserbriefe
Die Presse hat eine
Die Presse hat eine gewaltige Macht und Verantwortung, auch was die Meinungsbildung in unserem Land angeht. "Weglassen" ist ein probates Mittel, um "schwierigen", unbequemen Themen auszuweichen. Natürlich gibt es insgesamt eine Masse an Meldungen, so dass eine Auswahl und Gewichtung, auch der Übersichtlichkeit halber, unbedingt erforderlich ist. Sie sollte jedoch sachlich erfolgen. Mich stört in der letzten Zeit der enorme Anteil an "Klatschmeldungen" über irgendwelche Stars und Sternchen auch in der anerkannten Presse. Wenn dann die Seite "Aus aller Welt" fast davon beherrscht wird, empfinde ich das eigentlich als nicht gut. Almut Rosebrock, Wachtberg bei Bonn
Vielleicht liegt das
Vielleicht liegt das Schweigen der Medien einfach daran, dass das alles gar nicht so dramatisch war, wie es auf dieser Internetseite dargestellt wird? Vielleicht wird das Thema hier einfach hoffnungslos überbewertet und für die eigene Profilierung genutzt... oder sagen wir: missbraucht? Würde Jesus so ein liebloses Theater machen, wie Medrum es veranstaltet - immer wieder durchwebt von harten Vorwürfen wie "Gesinnungsterror", "Totalitarismus"? Würde Jesus den Demonstranten fehlenden Verstand vorwerfen? Würde er Verschwörungstheorien ("mediale Gehirnwäsche") verbreiten? Von der Toleranz, die die Demonstranten fordern, war bei ihnen selbst nicht viel zu spüren, das stimmt. Bei gewissen Christen aber leider auch nicht. Und damit sind nicht APS und die Kongressteilnehmer gemeint! Es ist schade, wenn Christen es nicht lassen können, dem Andersdenkenden immer weiter in den Hintern zu treten. Die meisten Christen - auch Evangelikale - wenden sich angewiedert davon ab. Medrum tut einen Bärendienst für die Sache Gottes. (Mal sehen, ob dieser Leserbrief veröffentlicht wird. Ich vermute nicht.)
Lieber Gast, ganz gleich wer
Lieber Gast, ganz gleich wer Sie sind: Ich kann ihre Meinung nicht teilen. Warum auch immer die Medien zu den Ereignissen in MR schweigen, an der Haltung der Christen liegt es sicher nicht. Sie räumen ein: „Von der Toleranz, die die Demonstranten fordern, war bei ihnen selbst nicht viel zu spüren, das stimmt.“ Sie wissen also vermutlich von den folgenden Aktionen der Demonstranten gegen die Kongress-Teilnehmer:
- verleumderischen Plakaten („Hätte Maria abgetrieben, wäret ihr uns erspart geblieben“, „Wir sind hier, um eure religiösen Gefühle zu verletzen“, usw.)
- den gefälschten Plakaten in Bezug auf die Person von Norbert Geis
- der Sachbeschädigung an Christlichen Einrichtungen
- den wüsten Beschimpfungen eines der Bürgermeister von Marburg in Bezug auf die Unterzeichner der „Initiative für Freiheit und Selbstbestimmung“ in einer der Stadtratsitzungen
- Den Versuchen der LSVD und der Grünen einige Redner des Konresses öffentlich mundtod zu machen und ihrem langfristigem Ziel alle ähnlich denkende und ähnlich wirkende Menschen ggf. mit einem Berufsverbot zu belegen.
- Der Leugnung der Tatsache, dass es homosexuell empfindende Menschen gibt, die von sich aus nicht homosexuell leben wollen. Und nicht, weil sie sich von der Gesellschaft nicht akzeptiert fühlen. Diese Menschen suchen die Hilfe nicht beim LSVD, weil sie vom LSVD in ihren Interessen nicht vertreten werden. Stattdessen nehmen sich Christen wie Dr. Vonholdt deren an. Als Dank greift der LSVD nicht Seinesgleichen an, sondern die „Helfer“, als ob diese Schuld an der Situation hätten.
- Usw.
Ich weiß nicht, was Jesus in solch einer Situation getan hätte. Vielleicht hätte er sich in seiner Demut von diesen „aufgeklärten“ Menschen ein zweites Mal kreuzigen lassen. Fakt ist, dass keiner der Christen in gleicher Weise mit „Andersdenkenden“ umgeht, wie diese selbsternannten Weltverbesserer und Aufklärer. Stellen Sie sich mal die Situation vor, die Christen würden „Anderdenkenden“ mit der gleichen Münze zurückzahlen. Wo kämen wir denn da hin?
Ihr Vorwurf ist absurd und zielt scheinbar darauf ab Christen daran zu hindern, sich überhaupt gegen jegliche Art von Anfeindung zu wehren. Sie messen bewusst oder unbewusst mit zweierlei Maß. Wenn das keine Verblendung ist, dann wahrscheinlich eine Unverschämt. Wie soll man derartige Verhältnisse anders beschreiben als "Gesinnungsterror", Tendenzen des "Totalitarismus" und "medialen Gehirnwäsche"? Nächstenliebe sieht anders aus. In solch einer Atmosphäre den Demonstranten „fehlenden Verstand“ vorzuwerfen, ist sicher nicht im Sinne Jesu gewesen. Aber auch er hat seinen Verleumder, den Diener eines Priesters, seinerzeit im Zusammenhang zur Rede gestellt: ‚Wenn ich unrecht tue, dann zeige es mir. Wenn ich aber recht tue, was schlägst du mich?’
Lieber Gast, muß Ihnen doch
Lieber Gast, muß Ihnen doch widersprechen. Wir sollten als Christen demütig sein. Aber hier geht es nicht um irgend etwas, auch nicht eine persönliche Beleidigung. Jesus wird hier aufs übelste beschimpft. Und es geht nicht nur um uns Christen. Ich erlebe es immer wieder, daß man sofort niedergemacht wird, wenn man nicht im Mainstream liegt. Werden wir in Zukunft vor Gericht gestellt, wenn wir Homosexualität als nicht im Schöpfungsplan Gottes sehen? Ich hatte mit Homosexuellen schon zu einer Zeit Kontakt, da hat noch niemand darüber gesprochen. Ich hatte nie Probleme, denn es steht mir nicht zu, Menschen zu verurteilen. Wie sehr wir gleich beschimpft werden, wenn wir eine andere Meinung haben, erfahre ich gerade bei www.buskampagne.de unter "aktuell". Es geht hier um die Bustour der Atheisten. Wer nur eine andere Meinung hat, wird gleich beschuldigt, eine Psychose zu haben. Nun, das will ich ertragen, denn es geht um mich persönlich. Jesus hat auch klare Worte gesagt. Wir Christen müssen lernen, eine klare Linie zu haben und doch stets freundlich und entgegenkommend zu bleiben. Wir wollen Menschen für Jesus gewinnen und nicht eine Diskussion. Eine andere Frage: wenn das alles so wenig dramatisch war, warum wurde in den Medien dann vorher gegen den Kongress "geschossen"? Alles Gute Ursula