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Volker Beck: "Akademie für Psychotherapie und Seelsorge bietet Schwulen- und Lesbenfeinden ein Forum"


22.05.09

Volker Beck: "Akademie für Psychotherapie und Seelsorge bietet Schwulen- und Lesbenfeinden ein Forum"

Palamentarischer Geschäftsführer von Bündnis 90 / Die Grünen beklagt, dass Referenten nicht ausgeladen wurden

(MEDRUM) Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer von Bündnis 90 / Die Grünen, beklagt, dass seiner Forderung, drei Referenten des Kongresses "Psychotheraphie und Seelsorge"auszuladen, - anders als beim Jugendkongress Christival 2008 - nicht gefolgt wurde. Der Kongreß in Marburg biete "Schwulen- und Lesbenfeinden" ein Forum, erklärte Beck in einem Grußwort an die Kongreßgegner am 20.05.09.

ImageDer Kongreß "Psychotherapie und Seelseorge" in Marburg nahm gestern nach bisher vorliegenden Informationen einen weitgehend störungsfreien Verlauf. Etwa 1000 Demonstranten hatten sich Medienberichten zufolge gestern in Marburg versammelt und ihren Protest gegen die Veranstaltung bekundet (siehe Bild links).

"Homophobie ist keine Meinung", lautete der Schriftzug auf einem Transparent der Demonstranten. Sie präsentierten damit die Auffassung Volker Becks, der am 16.04.09 forderte, drei Referenten des Kongresses auszuladen, weil sie seiner Auffassung nach "homophobe und pseudowissenschaftliche" Thesen vertreten, für die es kein Forum geben dürfe.

Diese Auffassung vertraten offenbar auch die zahlreichen Demonstranten, die dem Aufruf des Marburger Aktionsbündnisses "Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus" gefolgt waren. Die Sprecherin dieses Bündnisses Nora Nebenberg hatte dazu aufgerufen, nicht nur einzelne Vorträge, sondern den gesamten Kongreß zu verhindern. Es konnten zwar einige Infostände nicht aufgebaut werden, einige Veranstaltungsräume wurden vorsorglich umverlegt und in einigen Fällen mussten die Kongreßteilnehmer andere Türeingänge zu den Veranstaltungsräumen benutzen, insgesamt aber konnte der Kongreß bisher ohne nennenswerte Beeinträchtigungen durchgeführt werden.

Die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge (APS) ist dem Aufruf Volker Becks bisher nicht gefolgt. Die Veranstaltungen der von Beck kritisierten Referenten wurden weder abgesagt noch wurden die Referenten ausgeladen. In einem Grußwort an die Demonstranten vom 20.05.09 beklagt Volker Beck diese Entscheidung. Er wirft der APS vor, die Chance zur Deeskalation nicht genutzt zu haben. Der Kongreß in Marburg biete damit unter dem Siegel der Meinungs- und Religionsfreiheit  "Schwulen- und Lesbenfeinden" ein Forum. Dies sei ein "demokratisches Armutszeugnis" und inakzeptabel, erklärte Beck. Der Politiker der Grünen verweist auf den letztjährigen Jugendkongreß Christival in Bremen, bei dem die Bundesministerin Frau von der Leyen dafür gesorgt habe, dass die homosexuellenfeindlichen Seminare abgesagt worden seien, und kritisiert, dass die Landesregierung in Hessen und die Stadt Marburg anders entschieden haben. Erneut zieht Beck den Vergleich zum Antisemitismus und - jetzt auch - zum Rassismus heran. Beck wörtlich: "Bei Antisemiten oder Rassisten würde niemand auf die Idee kommen, eine Veranstaltung mit dem Argument zu verteidigen, es sei nur eine handvoll Rednerinnen und Redner antisemitisch oder rassistisch."Beck behauptet damit, dass die von ihm kritisierten Referenten homosexuellenfeindlich seien und setzt sie mit antisemitischen oder rassistischen Personen gleich. Zugleich rief Beck in seinem Grußwort die Gegner des Kongresses dazu auf, friedlich und gewaltfrei "gegen die Toleranz der Homosexuellenfeindlichkeit" zu demonstrieren.

Volker Beck kritisiert auch die Unterzeichner der Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung". Er spricht von einigen hundert Personen und wirft ihnen bewußte, eskalierende Wortwahl vor und zitiert dazu aus der Erklärung: „Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, birgt praktizierte Homosexualität ein erhebliches gesundheitliches und psychisches Risiko. Dazu zählen überdurchschnittliche Anfälligkeit für AIDS, Geschlechtskrankheiten, Depression, Ängste, Substanzenmissbrauch (Alkohol-, Medikamente und Drogen) und Suizidgefährdung. Das müsste Grund genug sein, jenen, die sich kritisch mit Fragen homosexueller Lebensweisen befassen wollen oder therapeutische Hilfe suchen, diese Möglichkeit auch anzubieten." Diese Feststellung stößt bei Beck auf scharfe Kritik. Solche "Hilfsangebote seien eine Gefahr für die psychische Gesundheit", denn die "vermeintlichen Therapieangebote können schwere, irreparable Schäden für Menschen haben", erklärt Beck und wirft der APS Versagen vor: "Hier hat die APS als seriöse Fachorganisation versagt." Volker Beck ist offenbar nicht darüber informiert, dass es zahlreiche Studien gibt, die seinen Thesen widersprechen. Er ist offenbar auch nicht über die Zahl der Unterzeichner der Erklärung richtig informiert, die nicht einige hundert, sondern einige tausend Unterzeichner beträgt, wie eine der Erstunterzeichnerinnen, die Publizisten Gabriele Kuby in einem Artikel "Sexueller Totalitarismus" in der katholischen Zeitung "Die Tagespost" am 19.05.09 schrieb (MEDRUM wird diesen Artikel in Kürze ebenfalls veröffentlichen, nachdem die Verfasserin einer Zweitveröffentlichung in MEDRUM zugestimmt hat).

Er erwartet von der APS, einen klaren Strich zwischen der APS und den "Homoumpolern" zu ziehen. Ansatzpunkte sieht er offenbar beim Vorsitzenden der APS, Martin Grabe. "Dr. Grabe, der Vorsitzende der APS, schrieb in einem nachdenklichen Aufsatz durchaus differenzierend: 'Manchen Menschen hat [Gott] offensichtlich ihr homosexuelles Empfinden als Gabe und Aufgabe mit auf ihren Lebensweg gegeben, in vielen Fällen auch ohne einen sinnvollen Ansatz für eine spätere therapeutische Änderung' ", schreibt Beck und fordert die APS auf, ihre Haltung zu überdenken. Dazu Beck weiter: "Die APS handelt nicht verantwortlich, wenn sie an diesen Referenten festhält. Ich fordere die APS auf, ihre Haltung für die Zukunft zu überdenken und sich mit den unwissenschaftlichen Hintergründen und der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit dieser Gruppierungen auseinanderzusetzen. Ich würde es begrüßen, wenn es hier nach dem Kongress zu einer fundierten Auseinandersetzung kommen würde. Warum sollte es auf dem nächsten Kirchentag nicht eine Diskussionsveranstaltung mit Vertretern des Lesben- und Schwulenverbandes und der APS geben?"

Beck stellt erneut seine Auffassung zum Thema Homosexualität und Therapie dar und plädiert für die "affirmative" Therapie als einzig richtige Therapie. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Experten, die zu anderen Schlußfolgerungen kommen, ignoriert Beck in seiner Stellungnahme.

ImageUnterdessen beging die von Volker Beck kritisierte Offensive Junger Christen (OJC) am gestrigen Tag ihr traditionelles OJC-Festival am Christi Himmelfahrtstag. Viele hundert Menschen jeden Alters trafen sich in Reichelsheim zum Gottesdienst und Dialog. Freundlichkeit, Herzlichkeit, christliche Gemeinschaft und Menschenliebe prägten die Begegnungen der Menschen. Volker Beck wirft der OJC einschließlich ihres, nach seiner Auffassung "dubiosen" Instituts für Jugend und Gesellschaft (DIJG), "krause Theorien" vor, die man nicht mit den Ansichten von Christen oder auch nur von Evangelikalen gleichsetzen dürfe. Beck hatte sich bereits in seiner Erklärung vom 16. April scharf von diesen Institutionen distanziert und zeigte sich "angewidert" von der "pharisäerhaften Selbstgerechtigkeit" der von ihm so bezeichneten "Homoapologeten".

ImageWer sich vor Ort beim gestrigen Festival kundig gemacht und das Gespräch mit Veranstaltern und Teilnehmern gesucht hat, konnte weder etwas von "krausen" Theorien noch von Homosexuellenfeindlichkeit spüren. Zu erleben war stattdessen die Wärme, Fröhlichkeit, Offenheit und Zugewandtheit evangelikaler Christen, die vielleicht auch einen Volker Beck nicht ganz unberührt gelassen hätte, wenn er unter den Besuchern dieses Festivals gewesen wäre. Wie er jedoch schon zu anderer Gelegenheit erklärt hatte, lehnt er eine solche Begegnung ab.


Programmhinweis: Wie die Redaktion des 3Sat Programmes "Kulturzeit" heute Morgen gegenüber MEDRUM bestätigte, ist beabsichtigt, heute Abend in der Sendung Kulturzeit um 19.20 Uhr über den Kongreß zu berichten.


Folgeartikel in MEDRUM -> Lieber Volker Beck, ...


Leserbriefe

Die Einschränkung der Meinungsfreiheit zum Schutz der Opfer des Dritten Reiches war in meinen Augen immer eine Sonderstellung innerhalb eines ansonsten freien Landes, mit der ich gut leben konnte. Gerade deswegen muss man aber darauf achten, mit diesem scharfen Eingriff in die Freiheit sensibel umzugehen und ihn nicht billig als Vorlage für die öffentliche Meinungsbildung in anderen Bereichen zu verwenden. Den Vorschlag von Herrn Beck, Gespräche zwischen Christen und Lesben- und Schwulenverbänden anzustreben, kann ich nur voll unterstützen. Ich fürchte, dass ein Teil der verrohten Sprache im Vorfeld noch ein Ausfluss des Internets war, in dem rüde Attacken gegen Andersdenkende (immer aus der Sicht der jeweiligen Foren) zum Alltag gehören. Ja, für Christen ist Homosexualität Sünde, und wenn jemand in besonderer Weise an seiner Sünde klebt, braucht er Hilfe von außen. Ob man das als "Krankheit" bezeichnen sollte, sei mal dahin gestellt, weil ich der Pathologisierung von Sünde in der Psychologie ohnehin skeptisch gegenüber stehe. Auf der anderen Seite ist es für uns als Christen nicht die Aufgabe, Sünder zu ärgern und zu provozieren oder zu beleidigen, sondern sie in aller Ernsthaftigkeit ebenso auf Gottes Gebote wie auf die Möglichkeit der Sündenvergebung hinweisen. Beides ist nicht mehr glaubhaft möglich, wenn Christen sich persönlich angegriffen fühlen und nur noch abkapseln. Die Gespräche wären daher eine gute Möglichkeit, wieder die Menschen auf der anderen Seite zu sehen.

Sehr geehrte Frau Riedhammer,

diesen Brief schicken ich Ihnen gleichzeitig hier und per Epost an kulturzeit@3sat.de anlässlich der Sendung Kulturzeit vom 22.05.2009 und der Internetzusammenfassung unter 3-Sat.de

Ich bin schockiert, dass ein derart oberflächlicher, unseriöser, einseitiger und Christen diskriminierender Bericht von meinen Gebühren bezahlt ins Internet gestellt wird. Zwar halten Sie sich scheinbar zurück, indem Sie davon sprechen, dass die Referenten die umstrittenen Thesen vertreten "sollen", indem sie nicht direkt selbst werten. Aber Sie stellen Christel Vonholdt von der Offensive Junger Christen, den Psychologen Michael Gerlach sowie Markus Hoffmann von Wuestenstrom an den Pranger, indem Sie Kritiker wörtlich zitieren ohne die andere Seite gleichermaßen zu Wort kommen zu lassen.

Es ist unseriös, wenn Sie Kritiker zitieren, aber die im Internet öffentlich zugänglichen Stellungnahmen der angegriffenen Referenten Vonholdt, Gerlach und Hoffmann zu dem Thema verschweigen. Auf www.DIJG.de sowie über das vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft kostenlos erhältliche "Bulletin" wäre es problemlos möglich gewesen die nötigen Informationen zu erhalten. Sogar die Wikipedia-Artikel zu OJC (http://de.wikipedia.org/wiki/OJC), Wuestenstrom und den genannten Personen sind neutraler formuliert und besser recherchiert - und vor allem mit tragfähigen Quellen versehen - als Ihr Beitrag.

Es stellt ein unfaires Autoritätsargument dar, wenn Sie als Feigenblatt die bisher noch nichteinmal für die Wikipedia relevante Frau Ulrike Schmauch als "Sexualwissenschaftlerin" zitieren, aber die von Frau Vonholdt und Kollegen zitierten namhaften Wissenschaftler nicht erwähnen.

Wegen Journalisten wie Ihnen, die derart einseitige und damit demagogische Propaganda betreiben habe ich bei der Initiative "Für Freiheit und Selbstbestimmung" mitgezeichnet.

Indem Sie letztlich alle außer den kritisierten Referenten zu Wort kommen ließen, stellen Sie sich auf die Seite derer, die in Marburg mit den selben Mitteln wie die Nationalsozialisten ihre Gegner bekämpfen. Sie stellen Sie auf die Seite derer, die Verleumden, mit Gewalt gegen Sachen und anderen antidemokratischen Mitteln den christlichen Kongress zu diskriminieren versuchen. Mit keinem Wort haben Sie sich von diesen Mitteln distanziert. Sie haben nicht zur Mäßigung aufgerufen.

Sie machen sich mitschuldig an sozialer Diskriminierung wegen des Glaubens, indem Sie suggerieren, christlicher Glaube und Wissenschaft seien sich widersprechende Faktoren. Die moderne Wissenschaft wäre ohne die Vielzahl an gläubigen Wissenschaftlern nicht denkbar. Der Glaube hat viele Entwicklungen, viel Forschung in Medizin, Technik und Biologie vorangetrieben. Die Grundlage unseres abendländischen Schulsytems haben die Kirchen gelegt.

Unserem Bundespräsident wurde heute nach seiner Wiederwahl Gottes Segen gewünscht. Würde der Bundestagspräsident solch einen Wunsch aussprechen, wenn dieser wissenschaftsfeindlich oder seinem Amt unwürdig wäre?

Niemand hindert Sie daran, Ihre Meinung zu äußern, aber solange Sie mit meinem Geld Ihre Meinungsäußerungen bezahlen lassen, erwarte ich, dass Sie die Objektivität wahren, wenigstens die von Ihnen angegriffenen Personen selbst zu Wort kommen zu lassen und deren Positionen wahrheitsgetreu ohne sinnentstellende Auslassungen zu schildern.

Mit freundlichen Grüßen

F. Hofmann
Brandenburg

Ich verstehe die Reaktion von Beck durchaus. Anzunehmen, daß Homosexualität therapierbar im Sinne einer "Heilung", bzw. überhaupt thearpiebedürftig ist, und sich dabei auf z.T. zweifelhafte Studien zu berufen ist eine Sache. Es aber als bloße Meinungsäußerung zu deklarieren kann dann nicht zugelassen werden, wenn in Seminaren (wie es beim "Christival 2008" der Fall war) eine "Heilung" suggeriert bzw. angestrebt wird. Das ist eine Gefährdung der psychischen Gesundheit junger Menschen auf einer pseudowissenschaftlichen Basis. Wenn sich Homosexuelle mit ihrer naturgebenen Orientierung unwohl fühlen, dann liegt das meist daran, daß sie fürchten gesellschaftlich nicht akzeptiert zu werden und sich im schlimmsten Fall einreden lassen, ihre Veranlagung und Lebensweise sei eine Sünde. Die Kirche versorgt also mit ihren "Hilfsangeboten" für Lesben und Schwule die Opfer eines Brandes, den sie wesentlich selbst mit gelegt hat, und dessen Feuer sie immer noch schürt. Zu versuchen Menschen, inbesondere junge Menschen, in ihren sexuellen Identität zu beeinflussen, zu ändern anstatt sie zur Emanzipation der eigenen Person zu ermuntern, ist meiner Meinung nach unverantwortlich.