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Landesbischof Fischer und Gnadauer Gemeinschaftsverband einig


16.04.11

Landesbischof Fischer und Gnadauer Gemeinschaftsverband einig

Bibel reicht nicht aus: Gesellschaftliche Einstellung zur Homosexualität muß in ethische Urteilsbildung der Kirche einbezogen werden

(MEDRUM) Landesbischof Ulrich Fischer sieht sich in Übereinstimmung mit dem Gnadauer Gemeinschaftsverband bei seinem  liberalen Kurs zur Öffnung des Pfarramtes für homosexuelle Partnerschaften. Dies geht aus dem Bericht des Landesbischofs hervor, den er in dieser Woche vor der in Bad Herrenalb tagenden Synode der Evangelischen Kirche in Baden abgegeben hat.

Das Thema Pfarrdienst und homosexuelle Partnerschaften ist eines von vielen Themen, das diese Woche die Synode der Evangelischen Kirche in Baden während ihrer Tagung in Bad Herrenalb beschäftigt. Dabei geht es besonders um die Frage, ob der Dienst als Pfarrerin oder Pfarrer mit dem Bekenntnis des protestantischen Glaubens vereinbar ist, falls Pfarrerinnen und Pfarrer in einer homosexuellen Partnerschaft leben. Für Landesbischof Fischer bestehen dagegen ebenso wenig Einwände wie für die Synodalpräsidentin Margit Fleckenstein. Eine homosexuelle Orientierung stehe der Eignung für den Pfarrdienst nicht entgegen, sagte Fleckenstein. Auch Fischer macht keine Bedenken geltend. Für ihn sind die Bekenntnisgrundlagen von unterschiedlichen Einschätzungen sexueller Praktiken nicht berührt, wie aus seiner Erklärung vor der Synode hervorgeht.

Fischer und Fleckenstein scheinen bemüht zu sein, die Wogen zu glätten, die sich im Vorfeld der Synodentagung auftürmten. 38 Eingaben wurden an die Synode gerichtet, die sich gegen eine generelle Öffnung des Pfarrdienstes für homosexuelle Partnerschaften aussprechen (13 Eingaben sind für eine Öffnung). Landesbischof und Synodalpräsidentin zeigten sich von der Lebendigkeit und Vehemenz der aktuellen Debatte überrascht. Die generelle Frage sei doch schon seit 20 Jahren entschieden, merkte Fleckenstein in der Zeitung Badische Neueste Nachrichten dazu an. Und Fischer sieht im neuen Pfarrdienstrecht einen "enormen Fortschritt".

Der badische Landesbischof plädiert für einen liberalen Kurs der Öffnung. Die gesellschaftliche Veränderung von Einstellungen zur Homosexualität scheint dabei nicht nur für ihn, sondern auch den Gnadauer Gemeinschaftsverband eine maßgebliche Rolle zu spielen. Wie die Evangelische Nachrichtenagentur idea berichtete, informierte Landesbischof Fischer nun die badische Landessynode, daß er mit der Auffassung des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes in der umstrittenen Frage der ethischen Urteilsbildung zur Homosexualität übereinstimme. Fischer sagte vor der Synode am 13. April, er teile die Meinung des Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften), Michael Diener (Kassel), daß es in sexualethischen Fragen nicht reiche, Bibelstellen zu zitieren, sondern dass bei der Bewertung von Homosexualität auch die gesamtgesellschaftliche Einstellung zu diesem Thema und ihre grundlegende Veränderung mit in die ethische Urteilsbildung einbezogen werden müsse. Fischer merkte weiter an, Diener weise zu Recht darauf hin, dass unterschiedliche Einschätzungen sexueller Praktiken nicht die Bekenntnisgrundlagen berühren und Gewissensfragen nicht zum Spielball kirchenpolitischer Erwägungen gemacht werden dürften. „Dies sollten wir uns zu Herzen nehmen", so Fischer.

Der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband ist die Dachorganisation der landeskirchlichen Gemeinschaftsbewegung in Deutschland, in Österreich und in den Niederlanden. Er bezeichnet sich als die größte freie Bewegung im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ihm gehören an:

  • 38 regionale Gemeinschaftsverbände, zwei davon in Österreich, einer in den Niederlanden;
  • 6 Jugendverbände;
  • 11 seminaristisch-theologische Ausbildungsstätten;
  • 7 Missionsgesellschaften;
  • 16 Diakonissen-Mutterhäuser;
  • 10 Werke mit besonderer Aufgabenstellung.

 

ImageWie ersten Medienberichten vom heutigen Samstag zu entnehmen ist (Meldung BILD, links), will die badische Landessynode allerdings derzeit keine Änderung an der bisherigen Praxis vornehmen. Demnach werden Pfarrerinnen und Pfarrer, die in homosexuellen Lebensgemeinschaften leben wollen, auch künftig auf eine Ausnahmegenehmigung im Einzelfall angewiesen sein. Die Synode hat angesichts mangelnden Konsenses darauf verzichtet, eine gesetzliche Regelung zu verabschieden.


 

Eine weniger liberale Auffassung als der badische Landesbischof vertreten die "Ev. Vereinigung für Bibel und Bekenntnis in Baden" und der „Initiativkreis Evangelisches Kirchenprofil". Weitere Information über den Initativkreis: «Initiativkreis Evang. Kirchenprofil» und eine Online-Aktion des Inititiativkreises: Unterstützerkreis Kirchenprofil (URL: http://www.medrum.de/node/7600). Leser können sich als Unterstützer der Initiative eintragen.

Zum Problemkreis "Homosexualität und Kirche" erschien im März das Buch "... und schuf sie als Mann und Frau" als Beitrag zum kritischen Diskurs der Problematik "Homosexelle Partnerschaften im Pfarrdienst" (MEDRUM, 13.03.11: →  ... und schuf sie als Mann und Frau ). Darin enthalten sind unter anderem die Beiträge:

  • «Genese einer Fehlentscheidung» von Martin Pflaumer (Mitglied der Landessynode Bayern)
  • «Unterweisung und Ermahnung nach dem Wort Gottes» von Prof. Dr. Reinhard Slenczka D.D.
  • «Bemerkungen zur Freigabe des Pfarrhauses für verpartnerte Homo-Paare» von Prof. Dr. Günter R. Schmidt
  • «Zur Debatte über den offenen Brief der acht Altbischöfe» von Bischof i. R. Prof. Dr. Ulrich Wilckens

 

16.04.11 Bild Homosexuelle Pfarrer weiter auf Ausnahmen angewiesen
Pfarrdienstgesetz

Leserbriefe

[...] In diesem Punkt herrscht in den oberen Rängen der Kirchenvertreter offenbar Einigkeit: Man fragt das Kirchenvolk einfach gar nicht und schon ist die Sache entschieden! So hat es ja auch in der Vergangenheit funktioniert. Warum nicht auch heute so? Zumindest die Missionsgesellschaften hätten dieser Gotteslästerung nie zugestimmt! Alle diese Debatten zeigen, dass die Theologenschar in ihren Herzen und Köpfen verblendet und verstockt ist. Die Kirche ist gerichtsreif.

Wenn man weiß, dass Michael Diener aus einer Landeskirche kommt, in der homosexuelle Praktiken im Pfarrhaus stillschweigend geduldet werden, ist es kein Wunder, dass er die Positionen seines ehemaligen Dienstherrn vorbehaltlos unterstützt. Vielleicht will er sich eine Tür offenhalten? Es ist nicht anzunehmen, dass die Mehrheit der "Gnadauer" genauso denkt. Schließlich handelt es sich um Pietisten, für die im Zweifel das Wort Gottes, wie es in der Bibel niedergelegt ist, gilt. Sollen doch die PfarrerInnen ihrer [...] Veranlagung fröhlich huldigen, sie können sich dabei höchstens auf den Staat berufen, aber nicht auf die Bibel. Denn nicht sie hat sich erledigt, sondern die Kirche.

Zu den Aussagen von Michael Diener, Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes: Evangelischer Kirchenbote, Sonntagsblatt für die Pfalz, Nr. 34, 23. August 2009, "Die Zukunft von Kirche und Pietismus" von Klaus Koch: "Der neue Präses des Gnadauer Verbandes, der Pfälzer Pfarrer Michael Diener, differenziert gerne. Deutlich wurde dies, als die Landessynode diskutierte, ob die Kirche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften segnen soll. Der pietistisch geprägte Diener lehnt dies für sich aus Gewissensgründen ab. Er kann aber gut damit leben, dass seine pfälzische Landeskirche eine solche Segnung zulässt, wenn sich Pfarrer und Presbyterium einig sind." (http://www.evpfalz.de/presse/index_14143.php)

Wer den Präsesbericht 2011 von Dr. Michael Diener kennt, darf zumindest seine großen Anfragen an die von Landesbischof Fischer behauptete Einigkeit beider Positionen anmelden. Dr. Diener schreibt dort:

Aufgrund unseres Verständnisses des Willens Gottes können wir zu praktizierter Homosexualität kein Ja finden. Sie ist Sünde und steht unter dem Gericht Gottes. Wir halten es für einen verhängnisvollen Irrweg, dass die meisten kirchlichen Verlautbarungen, spätesten seit 1996 das eindeutige biblische Zeugnis zur Homosexualität dadurch zu entkräften suchen, dass sie es als zeitbedingt einschätzen und das Liebesgebot nicht mehr an die konkreten Weisungen der Heiligen Schrift zurück binden.
(Dr. Michael Diener, Präsesbericht 2011, S.18)

Ich kann mich nicht erinnern, solche Töne aus dem Mund irgendeines der amtierenden Landesbischöfe gehört zu haben. Auch Herr Fischer wird wohl kaum behaupten, dass diese Aussagen seine theologisch-ethische Überzeugung wiedergeben. Dr. Diener sieht sehr wohl die Bekenntnisfrage tangiert und unterscheidet dieses Tangieren des Bekenntnisses von einem Eliminieren des Bekenntnisses. Er schreibt:

„Nach meiner Auffassung kann man höchstens davon sprechen, dass die Bekenntnisgrundlage tangiert wurde - eliminiert worden ist sie nicht. Schließlich ist mir der Bekenntnischarakter insgesamt ein sehr hohes Gut. Mir missfällt, wenn von Kirchenleitungen so getan wird, als könnten die getroffenen Entscheidungen zu homosexuellen Beziehungen, trotz ihres seit Jahrzehnten gewachsenen Symbolcharakters, als quantitativ marginale Ordnungsfragen behandelt werden.“
(Dr. Michael Diener, Präsesbericht 2011, S.19)

Was geht hier vor? Will Bischof Fischer den Gemeinschaftsverband überrumpeln? Dieners Präsesbericht spricht laut Leserbrief ja eine vollkommen andere Sprache. Hat Michael Diener zu Fischers Aussage schon Stellung genommen?

Für einen ehrlichen Christenmenschen ist es unmöglich, das nachzuvollziehen, was in den oberen Rängen der Kirchenvertretungen abläuft. Man kann sich nur fragen: sind die alle verblendet, sind sie eingeschüchtert oder sind sie gekauft? Alles höchst bedauerlich.

... na das ist ja nichts besonderes?! Hat der Gnadauer Verband sich nicht schon mindestens einmal für eine schwerwiegende Veranlassung Jahre später bei vielen Denominationen entschuldigen müssen? Man denke nur an die Erklärung, als das Wirken des Heiligen Geistes in erweckten jungen Gemeinden im evangelikalen Bereich als eine Sache des Teufels bezeichnet wurde und nicht wenig Schaden anrichtete?

Dass Sie, Bruder Ulrich Fischer, freiwillig auf dieses dünne Eis geben wollen, anstelle des Schatzes der Heiligen Schrift, die entsprechend 2. Timotheus 3,14-17 ... "von Gottes Geist eingegebene Schrift ist auch nütze zur Lehre, zur Überführung des Sünders, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig ausgerüstet," befremdet mich doch sehr!

In diesem Sinne, in Christi Liebe verbunden,
Ihr Bruder i.H. Krummradt

... und natürlich berührt es die Bekenntnisgundlage, stellt es doch die Schrift in Frage. Gibt es denn irgendeinen Grund warum z.B. der Römerbrief eine Gültigkeit für heute beanspruchen könnte wenn es die Bibel zur Homosexualität nicht kann. Doch nur über Spekulationen, Mutmaßungen und selbstgebastelte Kriterien der sog. Theologen .. Die Theologie der letzten 100 Jahre ist eine einzige Beleidigung der Vernunft !

Die Heilige Schrift ist ein Schatz für heterosexuelle Menschen, können sie sich doch darauf berufen, dass nur sie selber das Privileg besitzen, einen anderen Menschen zu lieben und ihr Leben mit ihm zu gestalten. Für homosexuelle Menschen hat die Feststellung, dass es für den Menschen nicht gut sei, allein zu sein, keine Geltung. Er ist von Gott dazu geschaffen worden, alleine zu bleiben - koste es, was es wolle. Gott wird ihm Wollen und Vollbringen hierzu schon schenken. Was soll man da weiter nachdenken!

Da gab es doch einmal den Slogan "sola scriptura" als protestantisches Markenzeichen !