08.02.11
Nicht schal werden, sondern Salz bleiben
Warum der Zölibat eine wichtige Bedeutung für den katholischen Glauben und die Gläubigen hat
Interview mit dem CSU-Politiker und Bundestagsabgeordneten Norbert Geis
(MEDRUM) Norbert Lammert und sieben weitere CDU-Politiker forderten in einem Brief an die katholischen Bischöfe in Deutschland, sie sollten sich dafür einsetzen, daß künftig auch verheiratete Männer zum Priester geweiht werden können. Sie glauben, dies könnte für mehr Priesternachwuchs und vollere Kirchen sorgen. Der Katholik und CSU-Politiker Norbert Geis (Aschaffenburg) teilt die Sorge, daß der Glaube mehr und mehr zurückgeht, hat aber zum Zölibat eine differenziertere Auffassung. MEDRUM sprach mit dem engagierten Katholiken und Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Interview mit Norbert Geis
MEDRUM: Die Forderung aus der Politik, die Priesterweihe von verheirateten Männern zu ermöglichen, hat für Aufsehen gesorgt. Es sind prominente Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Partei - wie Anette Schavan oder Norbert Lammert -, die für eine teilweise Aufhebung des Zölibats eintreten. Nun sind in einem Memorandum vor einigen Tagen 143 Theologen sogar für eine völlige Aufhebung des Zölibats eingetreten. Gibt das Ihren Kollegen nicht recht? Teilen Sie die Meinung Ihrer prominenten CDU-Kollegen?
Norbert Geis: Der Vorschlag einiger kirchlich aktiver Persönlichkeiten aus der Politik, dass die Kirche Männer, die sich in besonderer Weise bewährt haben (viri probati), zu Priestern weihen möge, ohne ihnen das Zölibatsversprechen abzunehmen, ist von Kurienkardinal Brandmüller aus Rom, von der Deutschen Bischofskonferenz und auch von vielen Laien zurückgewiesen worden. Diese Sorge, die Motiv für diesen Vorschlag ist, dass nämlich der Glaube mehr und mehr zurück geht, wird jedoch von vielen geteilt. Diese Entwicklung ist aber nicht allein abhängig von der Zahl der Priester, wie dieser Personenkreis meint. Die zahlreichen Kirchen werden vielerorts nicht deshalb geschlossen, weil die Priester fehlen, sondern weil die Gläubigen ausbleiben. Auch dort, wo es Priester gibt, gehen die Besucherzahlen der Gottesdienste zurück.
MEDRUM: Was kann man tun, wenn die Gläubigen, wie sie sagen, ausbleiben?
Norbert Geis: Der Glaube wird nur dann in unserem Volk Bestand haben, wenn es genug Christen gibt, die sich zu ihrem Glauben bekennen. Genau das ist bei einem Priester, der die Ehelosigkeit lebt, in einzigartiger Weise der Fall. Bei jeder Begegnung wird dem Gegenüber klar, dass er es mit einem Menschen zu tun hat, der allein durch die von ihm gewählte Lebensform für Christus Zeugnis ablegen will. Sicher ist der Priester freier, wenn er keine Familie hat, für die er sorgen muss.
MEDRUM: Ist die Sorge für eine Familie ein entscheidender Faktor für die Kirche, weshalb am Zölibat festgehalten wird?
Norbert Geis: Nein, das ist nicht der eigentliche Grund für den Zölibat, wie der Bundestagspräsident Dr. Lammert meint. Umgekehrt ist der Priester ohne die Sorge für seine Familie ungebundener, die sichere Obhut der Kirche zu verlassen und den Priesterrock an den Nagel zu hängen. Auch wenn er „Priester auf ewig" ist, wie ihm in der Priesterweihe gesagt wurde.
MEDRUM: Was ist dann der eigentliche Grund?
Norbert Geis: Der eigentliche Grund, weshalb die Kirche am Zölibat festhält, ist das Verständnis, das die Kirche vom Priesteramt hat, ein Amt, das Christus durch die Kirche dem Priester auferlegt. Es ist der Auftrag des Priesters, das Werk Christi, den Menschen das Heil zu bringen, bis zum Ende unserer Zeit fortzusetzen. In seinem Namen erteilt er in der Beichte die Absolution: „ego te absolvo...". In seiner Vollmacht wandelt er in der heiligen Messe Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi. Diese Vollmacht kann wahrhaftig nur ausüben, wer den totalen Anspruch des Priesteramtes auf sich nimmt. Darin liegt der Grund für den Zölibat. Die Welt braucht diese Menschen. Auch wir Christen, die wir das Salz der Erde sein sollen, brauchen sie, damit sie uns daran hindern, selbst schal zu werden.
MEDRUM: Danke für das Licht, das Sie in diese Diskussion bringen.
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Leserbriefe
Ins Schwarze getroffen!
In prägnanter und logischer Form stellt Herr Geis klar, worin der tiefe Sinn des Zölibats des Priesters liegt und ergo dessen Unverzichtbarkeit. DANKE!!