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Ratsvorsitzender der EKD wie Volker Beck gegen Papst-Rede im Bundestag


27.12.10

Ratsvorsitzender der EKD wie Volker Beck gegen Papst-Rede im Bundestag

Berliner Zeitung: "Protestanten distanzieren sich vom Papst".

(MEDRUM) Nachdem sich bereits Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer von Bündnis90/ Die Grünen, gegen eine Papst-Rede im Deutschen Bundestag ausgesprochen hatte, kritisierte auch Präses Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der EKD, daß Papst Benedikt XVI. im deutschen Parlament reden soll und leistet damit Schützenhilfe für die Kritiker aus den Reihen der Parteien.

Papst Benedikt XVI. wurde vom Bundestagspräsidenten eingeladen, während seines offiziellen Besuches 2011 eine Rede im Deutschen Bundestag zu halten. Präses Nikolaus Schneider von der EKD sagte dazu der Berliner Zeitung, der Papst komme als Staatsoberhaupt. Doch damit hat er ein Problem. Es irritiere ihn, daß sich die Römisch-Katholische Kirche auch als Staat verstehe. Auch er habe im Moment keine Idee, wie er als Protestant einen positiven Zugang zum Papstamt und dem Anspruch, der damit verbunden ist, finden soll, sagte Schneider. Die Berliner Zeitung stellt diese Botschaft unter die Überschrift "Protestanten distanzieren sich vom Papst". Die EKD sei wenige Monate vor dem Papst-Besuch auf deutliche Distanz zu den Katholiken gegangen, so das Blatt.

Wie MEDRUM  berichtete, drückte zuvor auch Volker Beck von den Grünen ebenso wie der Verband der Lesben- und Schwulen Deutschlands (LSVD) sein Unverständnis über eine Papst-Rede im Bundestag aus. Der Grünenpolitiker Christian Ströbele kündigte sogar an, bei der Papst-Rede den Bundestag zu verlassen. Renate Künast relativierte später diese Kritik und erklärte, die Einladung an den Papst sei in Ordnung.

Eine andere Auffassung als Präses Schneider vertrat der Berliner Bischof Markus Dröge. Im Interview mit dem Tagesspiegel sagte Dröge, er sehe in einer Papst-Rede ein wichtiges Zeichen, um deutlich zu machen, daß die Religion Teil des öffentlichen Lebens ist.

24.12.10 Berliner Zeitung Protestanten distanzieren sich vom Papst
23.12.10 WELT EKD-Vorsitzender ist gegen Papst-Rede im Bundestag
25.12.10 Tagesspiegel Bischöf Dröge: "Wir verlieren das menschliche Maß"

17.12.10 MEDRUM Lesben und Schwule schwingen Homophobie-Keule gegen Papst-Rede im Bundestag


Leserbriefe

Ich finde es wohl armselig, dem Katholikenchef das Wort an die Abgeordneten verwehren zu wollen. Das ruft in mir Gedanken an linksgrüne Zensurbemühungen wach. Ob das noch christlich ist? Hinweis: In der WELT läuft zu diesem Thema eine Umfrage.

Ich kann mich über die Ansichten des "Großen Vorsitzenden" nicht mehr aufregen. Wenn in der Öffentlichkeit das Wort Kirche zu hören ist, denkt man ohnehin nur an die katholische. Was der "Große Vorsitzende" nicht zu schnallen scheint, ist, dass es den Vatikan als Staat gibt und dessen Oberhaupt ist der Papst. Im Gegensatz zum "Großen Vorsitzenden" macht dieser von seinen Möglichkeiten mehr Gebrauch als der "Verein zur Pflege religiösen Brauchtums" (EKD) von den Möglichkeiten, die er als Verein (Körperschaft) des öffentlichen Rechts hätte.

Da man den Papst ernst nimmt, gibt es Widerstand, wenn er vor dem Bundestag sprechen soll. Wenn der "Große Vorsitzende" im Bundestag spräche, würde das vermutlich niemand bemerken. Darin unterscheiden sich der Papst vom "Großen Vorsitzenden".

Die EKD scheint sich inzwischen als eine Partei zu verstehen. Und der "Parteichef" strebt ein enges Bündnis mit den GRÜNEN an. Dafrür wird nun die früher oft eingeforderte Ökumene immer mehr aufgekündigt: Frauenordination, Homos ins Pfarrhaus ... Womit muss man als Nächstes rechnen?

Und vor allem: für wen? Der Mann vertritt mich schon lange nicht mehr vor der Öffentlichkeit. "Auch habe er im Moment keine Idee, wie er als Protestant einen positiven Zugang zum Papstamt und dem Anspruch, der damit verbunden ist, finden soll. " So redet ein pubertierender Protestler aber kein Protestant von Format. Wenn er wirklich keine Idee hat, dann kann er ja auch den Mund zumachen und die Koffer packen.

Hier zeigt sich wieder einmal, was für eine "Kirche", die protestantische Gemeinschaft ist.

Das müsste besser "protestuntische" Gemeinschaft heißen. Solche gibt es ja inzwischen tatsächlich in einigen Pfarrhäusern und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in etlichen Häusern der steuerzahlenden Kirchenschafe.

Die evangelischen Christen sollten sich mal bewusst machen, dass die katholische Kirche ein komplett anderes Selbstverständnis hat als die evangelische. Sie sieht sich als allein seligmachend, außerhalb von ihr gibt es kein Heil. Liest man die Bibel wie das ein Evangelischer tut, findet man darin natürlich wenig. Nichts von dem katholischen Kirchenbild, noch weniger vom Papst. Da muss man in der Überlieferung suchen, ähnlich wie es die Juden im Talmut tun. Scheint also so zu sein, dass evangelische und katholische offensichtlich aneinander vorbei lesen, denken und schließlich dann auch reden? Da sagen die einen "sola scriptura", die anderen "kommt erst mal wieder zurück in den Schoß der Kirche". Was auch immer Jesus dazu sagen würde, dieses affige Theater wäre ihm mit Sicherheit zuwider.

So einfach kann man es sich mit dem Papstamt dann doch nicht machen! Zunächst muss man sich fragen, ob es nicht vielleicht eine Fügung Gottes ist, dass es einen Kirchenstaat gibt, durch den der Papst als einzige Person des öffentlichen Lebens immer wieder eine Plattform bekommt, die ihn faktisch zum Sprecher der Christenheit macht, sogar vor der UNO, dem amerikanischen Kongress oder eben - wie es jetzt kommen wird - vor dem Deutschen Bundestag.

Muss man sich nicht freuen, dass Gott auf diese Weise es weiterhin gewährleistet, dass Gottes Wort sogar in einer säkularisierten Öffentlichkeit zu Wort kommt? Und muss es nicht zum Nachdenken bringen, dass sich ein Volker Beck wegen dieser Tatsache beinahe in den Hintern beißen wird vor Ärger? Welcher Staatsmann hat in den letzten Monaten in dieser Deutlichkeit z.B. auf die Christenverfolgungen in islamischen Ländern hingewiesen? Ganz zu schweigen davon, dass keine öffentliche Stimme den Abfall des einst christlichen Abendlandes von Gottes Ordnungen öffentlich beklagt.

Zum zweiten müssen sich die christlichen Papstkritiker sagen lassen, dass schon die älteste Christenheit es als unabdingbar angesehen hat, dass jede christliche Kirche mit der Kirche von Rom und ihrem Bischof übereinstimmt, was uns Irenäus von Lyon bezeugt.

Und zum dritten leuchtet mir die gängige evangelische Interpretation jener neutestamentlichen Stellen, wo von Petrus und seiner besonderen Vollmacht die Rede ist, weniger ein als die katholische Interpretation. Mit "Überlieferung" hat das nichts zu tun.

Und schließlich zum vierten sollte bedacht werden, dass jene Traditionen, die den Papst ablehnen, sich in immer neuen Spaltungen an der "einen Kirche" des Glaubensbekenntnisses versündigten und faktisch in die Bedeutungslosigkeit abdrängen ließen. Deshalb Vorsicht mit einer unbedachten Papstkritik! So einfach ist es dann doch nicht...

Über das jeweilige Selbstverständnis kann man diskutieren (einst auch mit Jesus). Aber bitte OHNE Redeverbot!

Es ist ganz einfach, das lutherische Dogma SOLA SCRIPTURA ad absurdum zu führen. Man braucht nur bis Pfingsten im Jahr 33 zurück gehen. Petrus predigte (!) und tausende nahmen den Glauben an. Weil Petrus es sträflicher weise versäumt hatte, Handzettel mit dem Redetext vorzubereiten und verteilen zu lassen, deshalb mußten sich die armen Leute alles merken, damit sie es weitererzählen konnten. Allerdings waren sie damals in einer doch recht komfortablen Lage. Ihre Köpfe waren weder von den Medien, noch von den banalen Predigten (auch katholischerseits) der letzten 40 Jahre zugemüllt. Jedenfalls war das allererste "Evangelium" Mundpropaganda.

Selbstverständlich haben Leute auch mitgeschrieben. Aber das Widersinnigste haben sich protestantische Theologen vor 200 Jahren einfallen lassen, als sie die schriftliche Fixierung der Evangeliumstexte auf die Zeit nach 100 und noch später festschrieben. Damit war sola scriptura eigentlich nur noch ein Witz. Und keiner hat´s gemerkt?

Grüße von Boethius: Wenn du geschwiegen hättest, wärest du Philosoph geblieben.