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Schlangestehen für Käßmann


31.05.10

Schlangestehen für Käßmann

Predigt in der Marktkirche wurde zum Wahlkampf-Spektakel

(MEDRUM) Nach mehreren Monaten hielt die Ex-Bischöfin Margot Käßmann ihre erste Predigt. Viele ihrer Fans standen bereits Stunden vorher an, um einen Platz in der Marktkirche in Hannover zu ergattern, schreibt der Tagesspiegel (30.05.10).

Sie wolle nur noch einfache Pastorin sein, verkündete Margot Käßmann bei ihrem Rücktritt im Februar. Anschließend gönnte sie sich eine Auszeit bis zum Auftritt beim Ökumenischen Kirchentag im Mai 2010 in München. Jetzt folgte ihre erste Predigt nach ihrem Alkoholdebakel in Hannover. Sie hatte sich rar gemacht und entschwand. Ihre Fangemeinde musste monatelang auf diesen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre im Zielgebiet der Landeshauptstatt Hannover warten.

Die Landung war gut vorbereitet. Kirchliche Mitarbeiter hatten Tausende von Flugblättern verteilt und ein Kirchenlied umgedichtet, mit dem Käßmanns Rückkehr ins Bischofsamt bewegt werden soll. Beifall brandete bei Käßmanns Erscheinen auf. 1.200 Personen umrankten Käßmanns Auftritt. „Wir wollen Margot Käßmann als Bischöfin zurück. Sie ist doch für uns alle ein lang ersehntes Glück“, wurde nach dem Gottesdienst vor der Kirche gesungen. Plakate mit Käßmann-Foto wurden in die Höhe gehalten, auf denen sie eine zweite Amtszeit fordern. "Wahlkampf für Käßmann", schreibt das Hamburger Abendblatt.

Aus einer Gottesdienstfeier wurde so eine Käßmannfeier. Es liegt an Käßmann selbst, zur Feier des Gottesdienstes und zur normalen Ordnung zurückzukehren oder weiterhin Käßmannfeiern stattfinden zu lassen. Die Marktkirche Hannovers ist nicht die Telenor Arena in Oslo, und ein Gottesdienst sollte nicht als Käßmann Song Contest mißverstanden werden, weder von den Fans noch von der Gefeierten.


Leserbriefe

Die Alternative ist richtig gestellt: entweder Jesus Christus oder Margot Käßmann. Wir wollen in jedem Fall unserm HERRN Jesus Christus folgen.

Gottesdienst und Käßmann-Feiern sind in der Tat zwei ganz verschiedene Welten. Freilich darf sich keiner Illusionen hingeben: M. Käßmann ist inzwischen auf persönliche Zustimmung im großen Stil existenziell angewiesen. Dergleichen ist für sie ein Lebenselexier. So verschieben sich die Prioritäten im Leben wie bei jedem Sucht-Phänomen. Wenn es bei Verantwortungsträgern der EKD und in der Fan-Gemeinde nicht zu nüchternen Klärungen kommt noch auch bei M. Käßmann selbst zu einer tiefen Selbstbesinnung und Einkehr, dann wird sie uns als "Enfant terrible der EKD" für viele Jahre erhalten bleiben. R.-A. Thieke