15.05.10
Mit Tricks zur Ökumene?
Gemeinsames Abendmahl beim Ökumenischen Kirchentag mit protestantischer, altkatholischer und anglikaler Beteiligung
Kommentar von Jürgen Diestelmann
(MEDRUM) Mit Tricks wie beim Ökumenischen Kirchentag wird keine Ökumene bei der Abendmahlsfeier zu erreichen sein. Echte Ökumene ist nur mit dem Bekenntnis zum Mysterium der Gegenwart des Leibes und Blutes Christi möglich.
„Der Trick mit dem gemeinsamen Abendmahl“ - so lautete die Schlagzeile über einem Pressebericht (Braunschweiger Zeitung vom 14. Mai 2010) vom „Ökumenischen Kirchentag“ in München, bei dem ein „gemeinsames Abendmahl“ gefeiert wurde. Wörtlich heißt es: “Der protestantische (Landesbischof) Weber erlaubte sich damit zusammen mit drei anderen Bischöfen eine kleine Provokation gegenüber seinen katholischen Amtskollegen. … Weber, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist, hatte zum Abendmahl mit altkatholischer, anglikaler und evangelischer Beteiligung geladen. Und das war gewissermaßen ein Trick.“ Dies habe für viele katholische Kirchentagsbesucher die Teilnahme akzeptabel gemacht. Ungefähr die Hälfte Besucher dieses Abendmahls sei katholisch gewesen, was man aus der Tatsache schließe, daß sie sich bekreuzigt hätten. Für Weber sei dies gemeinsame Abendmahl ein wichtiger Schritt zu einem Miteinander der Konfessionen, zur Ökumene, obwohl er wisse, dass sein Vorstoß bei einigen römisch-katholischen Kollegen nicht gern gesehen werde.
Der Leser fragt sich, was für eine ökumenische Bruderliebe dies sein mag, die auf der Grundlage derartiger Tricks aufgebaut wird. Was würden die protestantischen Amtsträger wohl sagen, wenn evangelische Kirchenmitglieder durch römisch-katholische Priester beeinflußt würden, gegen den Willen ihrer Kirche zu handeln?
Auch ist zu fragen: Was haben die Gläubigen bei diesem Abendmahl eigentlich empfangen? In diesem Bericht ist entsprechend den heute gängigen Kirchenäußerungen in reformiertem Sinne nur von Oblaten bzw. Brot und Wein die Rede, nicht aber vom Leib und Blut Christi, wie es Luther im Kleinen Katechismus lehrt. Auch für den gläubigen Katholiken ist die gesegnete Hostie der Leib Christi. Für Luther war dies sogar so unaufgebbar, daß er die Anweisung gab, verdächtige Pfarrer zu fragen: „Laß dir deutlich heraus sagen, was das ist, das er dir mit seinen Händen reicht und du mit deinem Munde empfängst“, werde hierauf nicht klar und eindeutig geantwortet, sei alles nur Gaukelspiel.
Im heutigen Protestantismus ist in dieser Hinsicht freilich Luther längst vergessen. Gerade in diesem Jahr, das zum „Melanchthonjahr“ erklärt wurde (weil sich dessen Todestag zum 500. Male jährt), muß daran erinnert werden, daß dieses Gaukelspiel eine lange Tradition hat und im Grunde mit dem als so friedlich geltenden „Praeceptor Germaniae“ begann. Wie nicht zuletzt neuere Forschungen ergeben haben, arbeitete Philipp Melanchthon nämlich mit ähnlichen Tricks, mit denen er jahrelang seinen Freund Martin Luther hinterging. Mit großer Verbitterung reagierte Luther, als er dies wenige Jahre vor seinem Tod entdeckte.
Diese Entwicklung setzte sich fort in der sog. „zweiten Reformation“ im 17. Jahrhundert, bei der Calvinisten die Lutheraner (z. B. Paul Gerhardt!) verfolgten und lutherische Gotteshäuser ausplünderten, und über die Zeiten der Aufklärung des Rationalismus und des Unionismus im 19. Jahrhundert bis heute, wo der moderne „Zeitgeist“ sich in den protestantischen Kirchen (und bisweilen nicht nur dort) durchsetzt und den Glauben zerstört.
Melanchthons Absicht eine kirchenpolitische Einheit unter den Protestanten zu erreichen, war natürlich dadurch bestimmt, daß Kaiser und Papst sich gegen die Reformation stellten, war also weitgehend politisch bestimmt. Innerkirchlich bedeutete Melanchthons Weichenstellung aber, daß der ursprüngliche reformatorische Ansatz, eine innerkatholische Erneuerungsbewegung zu sein (der insbesondere noch in der Confessio Augustana von 1530 deutlich hervortrat), immer mehr verlorenging. Will man eine echte Ökumene anstreben, kann dies nur geschehen, wenn sie auf den gemeinsamen katholischen Wurzeln aufgebaut wird. Solange „evangelisch“ als identisch mit „nichtkatholisch“ gilt, wird sie nicht möglich sein, und schon gar nicht wird sie mit Tricks zu erreichen sein. Gerade am Tisch des Herrn gilt es, sich mit Luther und der katholischen Tradition der Kirchen in Ost und West zum Mysterium der Gegenwart des Leibes und Blutes Christi zu bekennen.
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Jürgen Diestelmann ist Theologe und Buchautor. Er war unter anderem langjährig Pfarrer der Evang.-luth. Kirchengemeinde St.Ulrici-Brüdern, Braunschweig, und arbeitet am "Brüdern-Rundbrief" mit, dessen Herausgeber er bis vor einigen Monaten war.
In seinem neuesten Buch "Usus und Actio - Das Heilige Abendmahl bei Luther und Melanchthon" behandelt er den Dissens der beiden Reformatoren in ihrer Haltung zur Abendmahlstheologie.
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Reinhard Slenczka, DD, und Zusammenfassungen in englischer, schwedischer und finnischer Sprache.
Weitere Information: www.luther-in-bs.de
14.05.10 | Braunschweiger Zeitung | Der Trick mit dem gemeinsamen Abendmahl |
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Leserbriefe
Mit Tricks zum gemeinsamen Abendmahl
Leider hat der Verfasser des Artikels seine Informationen aus einer Tageszeitung bezogen, die nicht in hinreichender Klarheit die gemeinsame Feier des Abendmahls nach der Lima-Liturgie dargestellt hat. Die Feier wurde vom Bischof der altkatholischen Kirche in Deutschland, Dr. Rink, geleitet und gemeinsam mit den anderen Geistlichen und Gemeindegliedern verantwortet. Sekundärinformationen sollten nun wirklich nicht Grundlage von Kommentaren zu wichtigen Angelegenheiten sein.
Mit freundlichem Gruß
Friedrich Weber