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Absturz der Geburten auf absolutes Rekordtief


18.05.10

Absturz der Geburten auf absolutes Rekordtief

Statistisches Bundesamt meldet: 2009 nur noch 651 Tausend Geburten in Deutschland

(MEDRUM) Ursula von der Leyens ehemalige Wunschprognosen sind spätestens seit der Veröffentlichung der vorläufigen Geburtenzahlen für das Jahr 2009 in Deutschland nicht eingetroffen. Das Gegenteil ist der Fall. 2009 sank die Zahl der Geburten auf ein absolutes historisches Rekordtief ab.

Die Zahl der für 2009 gemeldeten Lebendgeborenen beträgt nach den vorläufigen Angaben: 651.000. Das sind gut 30.000 Geburten weniger als im Jahr zuvor. Das Statistische Bundesamt stellt dazu lakonisch fest: "Das vorläufige Jahresergebnis liegt somit im Rahmen der Schätzung von etwa 645.000 bis 660.000 Geburten."

Die Zahlen für 2009 bedeuten, daß die Zahl der Geburten von 770.744 in 1999 um etwa 120.000 Geburten bis 2009 zurückging. Diese Negativentwicklung veranschaulicht die folgende Grafik.

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Gemessen am Zeitpunkt des sogenannten Pillenknicks Mitte der 60er Jahre sank die Zahl der Geburten auf nur noch die Hälfte.  Die Zahl nachwachsender Kinder ist durch Schwangerschaftsabbrüche und Schwangerschaftsverhütung,  wie durch die Anti-Baby-Pille, immer weiter gesunken.

Ex-Bischöfin Margot Käßmann hatte beim Ökumenischen Kirchentag 2010 im Münchner Liebfrauendom über die Anti-Baby-Pille gesagt: "Wir können die Pille auch als Geschenk Gottes sehen." Nicht nur Kirchenleute und Medizinern, die um die erheblichen gesundheitlichen Risiken der Pille wissen, sehen eine solche Denkweise kritisch. Auch Bevölkerungswissenschaftler stehen der Lobpreisung der Pille eher skeptisch gegenüber. Denn Tatsache ist, daß der rapide Abfall der Geburten seit Einführung der Pille zu einer implodierenden Bevölkerungsentwicklung führt, deren Sprengkraft das Sozialsystem zum Bersten bringt.

Die Zahl der Geburten liegt mittlerweile seit Jahrzehnten unterhalb der Geburtenrate, die für das Nachwachsen kommender Generationen und einer gesunden Alterspyramide erforderlich ist. Je länger und intensiver diese Entwicklung anhält, desto schwerwiegender sind die Folgen und umso länger dauert es, eine solche Entwicklung umzukehren. Im statistischen Durchschnitt bekommt eine Frau in Deutschland lediglich etwa 1,4 Kinder im Laufe ihres Lebens. Dies bedeutet, daß sich die Nachkömmlinge einer Zahl von 1 Million Einwohner bereits nach zwei Generation auf weniger als 500.000 und damit mehr als halbiert haben. Aus fünf ElImageternpaaren (10 Personen) gehen dementsprechend durchschnittlich insgesamt 7 Kinder und daraus weniger als 5 Enkel hervor. Um dies innerhalb von zwei Generationen wieder auszugleichen, müssten die Enkel und deren Kinder mit ihren Partnern jeweils mindestens 2,9 Kinder pro Paar bekommen. Die Geburtenrate müsste also rasant ansteigen und sich mehr als verdoppeln. Eine unrealistische Annahme. Namhafte Bevölkerungswissenschaftler wie beispielsweise Professor Herwig Birg, ehemals Direktor des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik (IBS) an der Universität Bielefeld, haben bereits vor vielen Jahren immer wieder warnend auf die gravierenden Folgen dieser Entwicklung hingewiesen. "Wir sind 30 Jahre nach zwölf", so Birg (Bild links).

Doch statt wenigstens nach der Jahrtausendwende die Stärkung der Familie und das Ja zu Kindern zum Schwerpunkt der Politik zu machen, wurde in der Zeit der rot-grünen Koalition das Gender Mainstreaming  zum Leitprinzip und zur Querschnittsaufgabe aller Politikbereiche gemacht - das Wort "und anderes Gedöns" des damaligen Kanzlers Schröder über das Familienministerium spricht Bände für mentale Fehlorientierungen. Phrasen wie das gespenstische Wort von der Geschlechterdemokratie und das Schlagwort von der Diversity beherrscht vielfach die Politikszene und selbst die Köpfe in den Kirchen. Geschlechterrollen, Frauenerwerbsquoten und der Anteil von Frauen in den Manageretagen sind wichtiger geworden als das Leben und Aufwachsen von Kindern.

Kinder sind nicht mehr Teil der Selbstverwirklichung, sondern stehen ihr meist im Wege und werden zum Bildungsobjekt für die Krippenbetreuung und einer Versorgung in Ganztagsschulen deklariert. So versucht man einer Bildungskatastrophe vorzubeugen, ohne der eigentlichen Katastrophe ins Auge zu sehen. Kinder sind zu einer mittlerweile zu einer Spezies geworden, die vor allem akademisch gebildete Frauen immer öfter ablehnen. Je höher der Bildungsgrad umso geringer die Zahl der Kinder, weist die amtliche Statistik aus. Wo die "Allzweckkinderverhinderungswaffe Pille" nicht hilft, steht schließlich noch das "Kindervernichtungsmittel Abtreibung" zur Verfügung (in Spanien mittlerweile nahezu unbegrenzt, in Deutschland muß vorerst noch die mehr symbolische "Hürde Beratungsschein" genommen werden). Etwa 120.000 amtlich gemeldete "Schwangerschaftsabbrüche" (nach "ergebnisoffener" Beratung, versteht sich) im Durchschnitt der letzten acht Jahre sprechen eine deutliche Sprache (in 2009: → vorläufige Zahlen) , welchen Wert das Leben eines ungeborenen Kindes in der Praxis hat. Buchwert und Handelswert klaffen meilenweit auseinander. Und die Dunkelziffer liegt nach Expertenschätzungen noch deutlich höher. So wird in Deutschland jedes Jahr das Leben von etwa zwei Großstädten ungeborener Kinder vorzeitig beendet.

Das dagegen Protest erhoben werden muß, liegt auf der Hand. So fordert Odila Carbanje, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben (CDL), als Konsequenz aus den dramatisch zurückgegangenen Geburtenzahlen ein radikales Umdenken in der Familienpolitik.

Wie viele Kinder könnten alleine gerettet und geboren werden, wenn sie der deutschen Politik und Gesellschaft wenigstens ebenso viel wert wären wie des Deutschen liebstes Kind, das Auto, in das allein 2009 etwa  5 Mrd. Euro Steuergelder als Abwrackprämie investiert wurden. Für die Zukunftsaussichten dieser Gesellschaft wäre es sicherlich lohnender gewesen, 5 Mrd. Euro stattdessen dazu zu verwenden, um jeder Mutter bei der Geburt ihres Kindes eine finanzielle Starthilfe zu gewähren. Dies wäre keine Subvention in ein kurzlebiges Konsumgut, sondern eine Investition in eine lebenswerte  Zukunft gewesen.

Aber selbst die Kirchen treten nur halbherzig für den Schutz des ungeborenen Lebens und für mehr kinderreiche Familien ein. Vom Ökumenischen Kirchentag gingen dazu keinerlei hörbare Signale aus. In Erinnerung bleibt das Wort von Margot Käßmann über die Pille als einem Geschenk Gottes. Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der Katholiken und katholischer Präsident des Kirchentages bezeichnete die Äußerung von Käßmann als "unproblematisch". So verwundert es nicht, daß die Initiative des Gemeindehilfsbundes und des Gemeindenetzwerkes, unterstützt von mehr als 30 Organisationen und 20.000 Personen, das ungeborene Leben in der Beratungstätigkeit der EKD wirksamer zu schützen, beim Rat der EKD (und der zu diesem Zeitpunkt Ratsvorsitzenden Margot Käßmann) auf ebenso taube Ohren wie beim Präsidium der Synode der EKD stieß. Es war der Kirchenleitung nicht einmal eine Erwähnung auf dem Ökumenischen Kirchentag wert. Kann man indes erwarten, daß die Politik mehr für den Schutz des ungeborenen Lebens tut, wenn sich selbst die Kirchen mit der Abtreibungspraxis zu einem überwiegenden Teil arrangiert haben und sich mehr um feministische und eine homosexualitätsgerechte Theologie als um das Leben ungeborener Kinder und den versiegenden Kinderwunsch dieser Gesellschaft  kümmern? Wohl kaum. Das Leitwort "Damit ihr Hoffnung habt" wird so zu einer Farce.

Für die Zukunft dieser Gesellschaft werden weder die Erfindung einer neuen Theologie noch Gender Mainstreaming Hoffnung geben. Doch die Bewahrung des biblischen Ethos und eine Strategie des Familien- und Kinder-Mainstreaming könnte hier helfen. Gebraucht werden keine Diversity- und Gleichstellungsbeauftragte, sondern ethisch verantwortlich denkende Menschen im Staat, in den Parteien und allen gesellschaftlichen Bereichen, die wissen, das es ohne Kinder keine Zukunft gibt und bereit sind, dafür das Nötige zu tun. Erst wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt hat und zum leitenden Maßstab für Politik wird, gibt es auch Chancen auf eine lebenswerte Zukunft für die kommenden Generationen. Doch die Weichen dafür müssen heute gestellt werden, trotz Finanzkrise und Eurokrise. Die Katastrophe ist längst programmiert und läuft unaufhaltsam ab. Birg hat recht: "Es ist 30 Jahre nach 12."


MEDRUM → 2009 droht Minusrekord bei Geburten

MEDRUM → "30 Jahre nach zwölf": Der demographische Niedergang Europas

MEDRUM → Kinder sind zur Mangelerscheinung geworden

MEDRUM → Trotz Pille: 120.000 Abtreibungen pro Jahr

MEDRUM → Was der Popstar des Kirchentages verschweigt: Die Pille ist krebserregender Fluch


Leserbriefe

Wenngleich ich den Wertungen weitgehend zustimme, empfinde ich vor allem den Titel des Bericht als unangenehm suggestiv: Von einem "Absturz" der Geburten kann keine Rede sein, da es sich um einen ungebrochenen Trend handelt. Der Rückgang im letzten Jahr ist im Vergleich zu den Vorjahren weder überraschend noch erheblich abweichend, sondern liegt in der Tat im Bereich der Erwartungen (wie auch immer man diese findet). Bei einem Trend nach unten könnte man jedes Jahr von einem "Rekordtief" sprechen, das halte ich für unlauter, zumal ein leichter Ausbruch nach oben bzw. das Halten des Vorjahreswertes solche Ausssagen verhindern und dennoch wenig an der dahinter liegenden Realität ändern würde. Zur Bewertung bevölkerungsstatistischer Entwicklungen gehört mehr, als nur einen Parameter zu betrachten.
 
Ebenso halte ich die Graphik für schlichte Manipulation, da sie optisch eine Abnahme auf weniger als 25 % des Wertes von 1999 suggeriert. Wenn ich bei einer Balkengraphik in der Darstellung mehr als 3/4 der Zahlenbasis weglasse, kann ich aus jeder minimalen Variation der Werte optisch dramatische Ausschläge zaubern. So etwas gehört sich im wissenschaftlichen Bereich nicht und ist auch nicht erforderlich, um einen Sachverhalt sachlich zu diskutieren. Natürlich sind die Geburtenzahlen ein wichtiges Faktum und ein besonderer Indikator. Dahinter stehen aber nicht nur Pille und Abtreibung und Einstellung zum Bevölkerungserhalt, sondern hunderttausende persönliche Lebenshaltungen und Entscheidungen, sei es zu Lebenszielen, Berufsplanung, Familienplanung oder auch (leider) über Abtreibung oder nicht, und zunehmend auch über durchgeführte oder unterlassene künstliche Befruchtung. ...

In 2009 ist der stärkste prozentuale Rückgang seit mehr als 10 Jahren zu verzeichnen. Dieser Rückgang hat umso höheres Gewicht, weil er sich auf ein schon seit Jahrzehnten zu niedriges, stets weiter absinkendes Plateau bezieht. Da sich Bevölkerungsentwicklung nicht nach linearen, sondern nach exponentiellen Gesetzmäßigkeiten vollzieht, würden aber auch schon gleichbleibend zu hohe oder zu niedrige Veränderungen mit jedem Jahr ihrer Fortschreibung an zusätzlicher Dynamik und Dramatik gewinnen, weil eine Umkehrentwicklung stets schwieriger und umso langwieriger wird, je länger die Entwicklung anhält. Diese Zusammenhänge und ihre Bedeutung deutlich zu machen, ist umso wichtiger, weil sie - wie manch anderes - nicht rechtzeitig thematisiert, beschönigt oder auch marginalisiert werden. Würde die Geburtenzahl an einem Bedarf von 850.000 Geburten pro Jahr gemessen werden, könnte ebenso gut von einem Rekorddefizit von 200.000 fehlenden Geburten in 2009 gesprochen werden. Die im Artikel gewählte Darstellung erscheint vor diesem Hintergrund vertretbar.

Der Unterschied zwischen Pille und Abtreibung auf der einen, unter der Lebenseinstellungen ist der, daß es sich bei Pille und Abtreibung um Mittel oder Methoden zur Kindesverhinderung handelt, während Lebenseinstellungen zu den Antrieben oder Motivationen gerechnet werden können. Diese beiden Kategorien dürfen nicht miteinander verwechselt oder gleichgesetzt werden.

Die "unterlassene" künstliche Befruchtung unterscheidet sich von empfängnisverhütenden Methoden wie Einnahme der Pille sowie der Abtreibung zum einen darin, daß sie quantitativ vergleichsweise geringes Gewicht hat und zum anderen dadurch, daß Verhütung und Schwangerschaftsabbruch aktives Handeln zu Verhinderung von Leben ist, während unterlassene künstliche Befruchtung ein Verzicht auf Handeln ist, das mit dem Verzicht auf Sexualverkehr verglichen werden könnte.

Welche Visionen und Ideen gehen aus von den Kirchentagen? Ich bin zunehmend verunsichert. - Sind Kinder ein Geschenk Gottes? Die Welt mit den Augen der Kinder sehen und gestalten? - Wir in unserer Familie erleben das mit drei Kindern hautnah. Und ganz oft stoßen wir an unsere Grenzen, wenn wir sehen, dass Kinder nicht überall wirklich willkommen sind. - Und dann höre ich, Frau Käßmann sagt, die Pille sei ein Geschenk Gottes. Wir sind sprachlos. Kein Wort über die zT bedenklichen Nebenwirkungen! - Zudem habe ich die Vermutung, das viele das, was Frau Käßmann sagt, auch noch bestätigen werden. - Ich mache mir zunehmend Sorgen, in welchem Land unsere Kinder aufwachsen und was sie schon heute und eines Tages schultern sollen...

Eigentlich ist alles Wesentliche zigmal durchdiskutiert worden, Ursachen zum Thema Bevölkerungsimplosion wurden genannt und auch in diesem Artikel nochmals in aller Klarheit zusammengefasst. Und trotzdem ist Politik, Kirche und Spaßgesellschaft taub oder hat längst aufgegeben, spricht inzwischen sogar von den Chancen dieses Prozesses. Aber hat es nicht ähnliches schon in früheren Zeiten gegeben, Hochkulturen entstanden, erlebten eine Blütezeit und vergingen schließlich? Möglicherweise ist ja doch alles nicht so schlimm und vielleicht sogar Teil von Gottes Schöpfungsplan und wir können ruhig so weitermachen wie die Narren auf dem Narrenschiff.

Die Kulturen sind letztlich das Ergebnis der summierten Leistungen der Einzelindividuen, und wenn diese sich nicht mehr reproduzieren und hedonistischen Tendenzen folgen, altern und vergehen sie oder werden durch erfolgreichere und lebendigere ersetzt. Familienstrukturen, die Zellen eines Staates, brechen auf, die sie auflösenden Enzyme heißen Feminismus und Globalisierung gepaart mit der Verhöhnung der Gottesgesetze, und die Kirche stellt sich dem nicht mehr entgegen.

Aber die Biologie des Menschen ist dafür nicht angelegt. Die Entkopplung der Sexualität von der Reproduktion durch Pille und Abtreibung sorgen für eine Einschränkung der genetischen Diversität, gefolgt von Degeneration und Schwächen bei immunologischen Prozessen der Abwehrbereitschaft und Toleranz. Multiresistente Keime werden bedrohlicher und die gesteigerte Mobilität der Bevölkerung sorgen zusätzlich für deren Ausbreitung, eine durchaus unterschätzte Gefahr und Konterkarierung von Impfstrategien. Sicher gibt es weltweit zusätzlich die Gefahr der Überbevölkerung in den sich noch reproduzierenden Gebieten der Erde, aber auch dort bahnen sich Mechanismen der Bevölkerungsreduzierung durch Seuchen wie beispielsweise AIDS an. Ein Absturz des Gesamtsystems, das wir kaum ansatzweise durchschauen, wird die Folge sein, wenn wir Gott spielen wollen.

Mich wundert die Statistik nicht. Auch seit der Einführung des neuen Elterngeldes war ich nicht überzeugt davon, das auf diese Weise unsere Gesellschaft tatsächlich familien- und kinderfreundlicher wird. Abgesehen davon, dass ich die neue Elterngeldregelung für sehr nachdenkenswert halte. - Heute am späten nachmittag mit zwei unserer Kinder eine Stunde auf dem Spielplatz in der Nähe unseres Wohnortes. Es kommen regelmässig ältere Paare nach ihrem Einkauf vorbei, keine weiteren Kinder weit und breit zu sehen. - Beim Einkauf anschliessend drängeln die älteren Menschen, weil es sie stört, dass wir mit unseren Kindern an der Kasse etwas länger brauchen. - Bei mir bleibt die Sorge, was müssen eines Tages unsere Kinder tragen, wenn immer mehr ältere Menschen versorgt werden müssen? - Das Familienministerium antwortet seit Jahren auf unsere Fragen nicht.