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Sexueller Mißbrauch - Ein Kardinal, der keine Hirtenbriefe liest?


20.04.10

Sexueller Mißbrauch - Ein Kardinal, der keine Hirtenbriefe liest?

Georg Kardinal Sterzinsky fordert Sexualfrühaufklärung in der Grundschule

Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz

(MEDRUM) In der Sendung "2+Leif" im SWR zeigte Kardinal Sterzinsky seinen Einfallsreichtum. Er schlug vor, mit der Sexualaufklärung bereits in der ersten Grundschulklasse zu beginnen.

Image"2+Leif" hatte am Montagabend zum Thema "Missbraucht und missachtet - Das Versagen von Kirche und Schule" Georg Kardinal Sterzinsky, Erzbischof von Berlin, und Bascha Mika, Publizistin und ehemalige Chefredakteurin der "taz" zu Gast. Sterzinsky räumte in der Sendung ein, daß sich die Katholische Kirche in ihrer schwersten Krise seit der Nachkriegszeit befindet. Um Mißbrauch künftig besser verhindern zu können, forderte der Kardinal bereits in der ersten Grundschulklasse Sexualkundeunterricht einzuführen.

ImageKardinal Sterzinsky (Bild links) zeigte sich verwundert, wie viel bereits präventiv in der Schule geschehe. Was tun wir denn eigentlich präventiv in unseren Schulen, habe er seinen Schuldezernenten gefragt. "Ich war selber verwundert, wie viel Phantasie da aufgebracht wird, seit Jahren, seit Jahrzehnten, was da also zur Prävention geschieht", so Sterzinsky. Er verlangte aber darüber hinaus, man solle nicht erst in der dritten oder vierten Klasse, sondern bereits in der ersten Klasse mit der Sexualerziehung beginnen. Er wolle diesen Katalog erweitern: "Sexuelle Aufklärung von Anfang an, also nicht erst in der dritten oder vierten Klasse, sondern schon in der ersten Klasse. Wie sich Schülerinnen und Schüler von Anfang an zur Wehr setzen, und daß sie wissen, worum es eigentlich geht.", so der Kardinal in der Sendung.

Papst Benedikt hat in seinem Hirtenbrief an die Katholische Kirche Irlands andere Antworten zum Mißbrauchskandal gegeben.  Er sah große Versäumnisse darin, daß

  • die Verfahren zur Feststellung der Eignung von Kandidaten für das Priesteramt und das Ordensleben unangemessen seien;
  • die Ausbildung in Seminarien und Noviziaten menschlich, moralisch, intellektuell und geistlich nicht ausreichend sei;
  • eine Tendenz in der Gesellschaft bestehe, den Klerus und andere Autoritäten zu favorisieren;
  • eine fehlgeleitete Sorge für den Ruf der Kirche und die Vermeidung von Skandalen, zum Versagen in der Anwendung bestehender kanonischer Strafen und im Schutz der Würde jeder Person geführt habe.

Auf den Einfall, mit dem ohnehin schon umstrittenen Sexualerziehungsunterricht in der Grundschule bereits in der ersten Klasse zu beginnen, ist Kardinal Sterzinsky ganz offensichtlich nicht durch den Hirtenbrief, sondern eigene Eingebungen gekommen. Er hat damit ein erweitertes Einsatzfeld für Vereine wie "pro familia" und die "Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung" oder auch Theaterstücke wie "Mein Körper gehört mir" entdeckt. Seine Idee von der schulischen Sexualfrühaufklärung wird Kinder kaum vor dem Mißbrauch durch Täter aus dem Amtsbereich der Katholischen Kirche oder pädophiler Reformpädagogen bewahren. Papst Benedikt hat für die Katholische Kirche überzeugendere Antworten gegeben. Seine Anwort lautet übersetzt: Die Kirche muß ihr eigenes Haus in Ordnung bringen.

Leserbriefe

… und während Sterzinsky frühere Sexualisierung von Kindern fordert, setzt sich »Bischöfin« Jepsen für bessere Anerkennung des Prostitutionsberufes ein: www.geiernotizen.de/hamburgische-berufsberatung

Ich habe meine Bedenken, wenn ich den Vorschlag von Bischof Sterzinsky lese. Warum nicht die Familien in Seelsorge und Alltag stärken und fördern? - Warum kein kritisches Wort an die Seelsorger und eine Ermutigung, das Evangelium überzeugender zu leben? Jesus sitzt an den Tischen der einfachen Menschen, macht sich zum Anwalt für die Schwachen, die Opfer, die Kranken, die Kinder, die Gefangenen. Das könnte eine Motivation für eine Erneuerung der Kirche sein...

Ich frage mich eigentlich, warum Gerichte das Wort "Nutte" immer noch als Beleidigung judizieren, jetzt, wo das als normaler Beruf anerkannt ist. Ich werde doch auch nicht verknackt, wenn ich zu jemandem "Du Spengler" oder "Du Wirtschaftsinformatiker" sage?!

Ich habe da meine Bedenken, wenn ich den Vorschlag von Bischof Sterzinsky lese. Es lässt sich nicht alles an die Schulen und in öffentlichen Einrichtungen delegieren. Warum nicht die Familien in Seelsorge und Alltag stärken? Warum nicht ein kritisches Wort an die Seelsorger, damit sie Jesu Beispiel lebendiger und überzeugender leben und verkündigen. Jesu Beispiel könnte Motivation für eine grundlegende Erneuerung sein. Jesus sitzt an den Tischen der einfachen Menschen, macht sich zum Anwalt für Opfer, für Kinder, für Kranke, für Gefangene...