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Sexueller Mißbrauch oder „heilige Handlung im Auftrag der Göttin"?


15.04.10

Sexueller Mißbrauch oder „heilige Handlung im Auftrag der Göttin"?

Bezahlte Dienste im Diakonischen Werk der EKD: "Ich masturbiere ihn, bis er einen Samenerguß hat"

(MEDRUM) Bezahlte Sexualdienstleistungen des Diakonischen Werkes der EKD in Behinderteneinrichtungen sind in die  Kritik geraten. In der Zeitschrift „Orientierung" des Bundesverbandes ev. Behindertenhilfe (BeB) wurde 2009 über sexuelle Dienstleistungen in der Diakonie der Evangelischen Kirche berichtet. Dazu gehören als "Sexualassistenz" bezeichnete Handlungen, die von "erotischer Massage" bis zum "Oral- und Geschlechtsverkehr" reichen. Daran haben Mitarbeiter der Diakonie in einem Offenen Brief an den Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland kürzlich Kritik geübt.

In Ihrem Brief vom 24. März 2010 kritisieren die Diakoniemitarbeiter unter anderem, daß Prostitution mit einer "heiligen Handlung im Auftrag der Göttin" verglichen wird und fordern den Präses der EKD auf, einer Propagierung der Prostitution bei der Betreuung Behinderter Einhalt zu gebieten. Der Brief wird von MEDRUM dokumentiert.

 

OFFENER BRIEF

24.03.2010

Diakoniemitarbeiter aus Berlin

an

Präses Nikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der EKD


Sehr geehrter Herr Präses Nikolaus Schneider,


angesichts zunehmender Sexualisierung und Brutalisierung im Lande wundert sich niemand, wenn in Schmutzblättern Prostitution geradezu heilig gesprochen wird. Wir evangelische Christen sind jedoch sprachlos, dies in der diakonischen Zeitschrift „Orientierung" lesen zu müssen:


Prostitution- „heilige Handlung im Auftrag der Göttin"

Die „Orientierung" ist Verbandsorgan des Bundesverbandes ev. Behindertenhilfe BeB. Was jüngst (2/09) in dieser Zeitschrift erschien, die in tausenden Büros der Diakonie ausliegt, ist beispiellos! Unter der Überschrift „Sexualassistenz für Menschen mit einer Beeinträchtigung" heißt es unter Hinweis auf frühere „matriarchale Hochkulturen, in denen die Göttin verehrt wurde", die Prostitution sei eine „heilige Handlung, um Menschen mit dem Göttlichen in sich in Verbindung zu bringen". Sie wird sogar gerühmt: „Der Beruf der sexuellen Dienstleisterin hat eine lange und ehrenwerte Tradition" (S. 28).

Sexualassistenz: „Fortbildungen" in diakonischen Einrichtungen

Statt solche Aussagen als unvereinbar mit evangelischer Sexualethik zurückzuweisen, hat der Präsident des Diakonischen Werks, Pfr. Klaus-Dieter Kottnik, sie als „sehr differenziert" gelobt und erklärt, dass die evangelische Behindertenhilfe zahlreiche „Fortbildungen zum Themenfeld Sexualität und Sexualpädagogik" anbietet, wobei auch „Sexualassistenz thematisiert" wird. Sexualassistenz wird im Verbandsorgan des BeB definiert als „bezahlte sexuelle Dienstleistung", die von „erotischer Massage bis zu Oral- und Geschlechtsverkehr" reiche (S. 27). Die Kampagne des BeB hat mittlerweile eine so große Breitenwirkung bekommen, dass Mitarbeiter der Diakonie unter Druck gesetzt werden, ihren Betreuten den "Nutzen" von Prostitution zu erklären.

Prostitution wird „christlicher" Beruf

Recherchen zeigen, dass seit 2003 eine sich bis heute steigernde Kampagne in der „Orientierung" geführt wird, um sexuelle Dienstleistungen in der Betreuung Behinderter salonfähig zu machen. Prostituierte und Sexualpädagogen kommen zu Wort, die über derartige Praktiken empfehlend berichten. Betreuern wird implizit geraten, vor Behinderten sexuelle Handlungen an sich selbst vorzunehmen (Ziel: "Imitationslernen") oder „Hand anzulegen", also Behinderte zu masturbieren (Nr. 2/03). Es wird berichtet über sexuelle Handlungen an schwerstbehinderten Menschen, die wegen Hirnschädigung kein Sprachvermögen haben und diese weder fordern noch ablehnen können. Als Rechtfertigung dient die „Intuition" der Prostituierten: „Er guckt und hört und scheint manchmal zu reagieren, manchmal auch nicht. Er kann nicht reden. Als ich die Decke wegnehmen will, tritt er nach mir. Ich frage ihn immer wieder, ob es in Ordnung ist und muss mich auf meine Intuition verlassen, weil er ja nichts sagen kann... Ich masturbiere ihn, bis er einen Samenerguss hat." (S. 29)

Die Strafbarkeit dieses Handelns (StGB 174 und 179) wird von den Autoren abgetan: „Die Juristen bestätigen uns, dass man mit sexueller Assistenz allenfalls gegen den Buchstaben, nicht aber gegen den Geist des Gesetzes verstößt". (S. 27)

Wir bitten Sie, Präses Schneider, der Propagierung der Prostitution bei der Betreuung Behinderter Einhalt zu gebieten. In den Richtlinien des Diakonischen Werks heißt es: „Die dem Diakonischen Werk angeschlossenen Einrichtungen sind verpflichtet, das Evangelium Jesu Christi in Wort und Tat zu bezeugen. Der diakonische Dienst ist Wesens- und Lebensäußerung der ev. Kirche."

Die Vermarktung der Schöpfergabe der Sexualität durch die Prostitution, ihre Loslösung aus der Ehe und ihre Reduzierung auf das Lustempfinden entwürdigt den Menschen. Demgegenüber verleiht das Evangelium Jesu Christi jedem Menschen eine unverlierbare Würde, indem es ihm seine Berufung zum Ebenbild Gottes zuspricht. In der Kraft dieser Berufung kann der Mensch die Sexualität in der Ehe verantwortlich einsetzen und auch ohne Ehe und praktizierte Sexualität ein erfülltes Leben haben. Die evangelische Diakonie sollte ihm dabei helfen.

Die Veröffentlichung des Offenen Briefes wird unterstützt vom Gemeindehilfsbund und der "Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern" (KSBB).


 

Leserbriefe

Es ist unfassbar.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." (GG Art 1,1) Wenn das noch gilt, müsste hier der Staatsanwalt tätig werden. D.h. wenn Präses Nikolaus Schneider solchem perversen Treiben nicht Einhalt gebietet, sollte gegen die Auftraggeber der "SexualassistInnen" Anklage erhoben werden. - Wer hat den Mut dazu und das dann erforderliche Durchhaltevermögen?

Trotz Mut zum "offenem Brief": Wenn die Vorwürfe im Artikel/ offenen Brief so zutreffen, wie sie hier beschrieben sind, haben die Mitarbeiter Kenntnis von Straftaten, weil eine "aktive Sexualassistenz" in Deutschland gesetzlich verboten ist. Wie man da anscheinend auch noch über einen längeren Zeitraum zuschauen kann, OHNE Polizei bzw. Justiz einzuschalten oder vielleicht auch nur mal seinen Rechtsanwalt zu fragen (von alledem ist im Artikel zumindest nichts erwähnt), ist mir nicht erklärlich - genausowenig verständlich ist mir, wenn jemand einen solchen Arbeitsplatz nicht sofort mit entsprechenden Folgemaßnahmen kündigt.

"Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein"

Hallo, dieser Spruch ist kurz und weise. Haben Sie auch noch eine Quelle zu ihm? Unter wessen Namen kann man ihn zitieren?

Das Zitat "Es ist kein Zeichen von Gesundheit, an eine von Grund auf kranke Gesellschaft gut angepasst zu sein." wird dem Theosophen Jiddu Krishnamurti zugeschrieben. Ob es wirklich von ihm ist, habe ich nicht herausfinden können.

Autorin des Beitrags 2009 war Nina de Vries. Den Hintergrund zur Rechtfertigung solcher Praktiken kann man in der Wikipedia unter Surrogatpartnerschaft lesen.

Es ist eine gefährliche Bindung, die da geschaffen wird, zumal der Betreffende sich weder dagegen wehren, noch die Bindung wieder lösen kann. > 1.Kor.6,16

Das Zitat "Es ist kein Zeichen... ist vom selben theosophischen Jiddu Krishnamurti, der auch im Artikel von Frau De Vries 02/2009 S. 27 zitiert wird. De Vries bezeichnet ihr Menschenbild selbst als buddhistisch.

Die kritisierten Artikel der Orientierung kann man übrigens unter http://www.ksbb-bayern.de/archiv/dokumente/index.php nachlesen.

Aktive Surrogatpartnerschaft ist NICHT in Deutschland verboten, und nicht einmal unethisch. Verboten ist nur, wenn dies in einem Abhängigkeitsverhältnis geschieht, also wenn Pflegeleistende sowas machen. Deshalb bedient man sich speziell geschulten Prostituierten, die nur "per legem" unter diesen Begriff fallen, "de facto" aber etwas ganz anderes tun. Die Empörung aus dem Brief ist oberflächlich, halbherzig und schablonenhaft. Wer sich mit der Schöpfungstheologie einmal näher befasst, wird die hier proklamierten Protest-Schlagzeilen kaum ernsthaft ausfüllen können. Solche oberflächliche Sittenmoral passt eher in die sechziger Jahre, aber nicht in eine christlich-aufgeklärte Welt. Sowas schlägt den Menschen, die durch ihre Behinderung schon genügend benachteiigt sind, noch zusätzlich ins Gesicht. Wer sich aus der Position eines Gesunden, der jederzeit sexuelle Erfüllung findet, zum Moralhüter für Behinderte aufschwingt, und dafür auch noch das Christentum argumentativ mißbraucht, sollte sich erst mal mit der Sache beschäftigen, über die er pauschal-empört urteilt.

Der Offene Brief hat eine Vorgeschichte. Nämlich ein Brief an die EKD- Bischöfe. Die haben Herrn Kottnik mit einer Antwort beauftragt. In dieser hat er die Veröffentlichung in der "Orientierung" gerechtfertigt. Die Zeitung ist Verbandsorgan des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe (BeB), der fast alle Einrichtungen der evangelischen Behindertenhilfe als Mitglieder hat und mit über 100.000 Behinderten allein im stationären Bereich Marktführer in Deutschland ist (Milliardenumsatz). Das Pikante ist, dass die Diakonie- Mitarbeiter laut Arbeitsvertragsrichtlinien AVR des Diakonischen Werks dem Handeln im Auftrag Jesu Christi verpflichtet sind und sich laut Arbeitsvertrag am NT orientieren sollen.

Wie der Einsatz einer professionellen Prostituierten wie Nina de Vries, die ihr Handwerk Prostitution im Verbandsorgan der diakonischen Behindertenhilfe als "heilige Handlung im Auftrag der Göttin" bezeichnet, mit dem diakonischen Auftrag, dem Handeln im Auftrag Jesu Christi zu vereinbaren ist, bleibt Geheimnis der hohen Herren von Leitenden Geistlichen der EKD und des Diakoniepräsidenten Kottnik. Letzterer hat das Auftreten der Frau de Vries von Anfang an (2003) begleitet- damals noch als Chef des BeB. Das Erstaunen der Leserbriefschreiber ist mehr als verständlich.

Weitere Informationen bekommt Ihr zugeschickt, wenn Ihr an wolfhard.wuester"at"gmx.de schreibt.

Sehr geehrter Herr Wolfhard Wüster, in Ihrem Leserbrief vom 14.5.2010 bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie die Kritik im vorangehenden Leserbrief offensichtlich nicht verstanden haben. Es geht nicht darum, wer wann welchen Brief an irgendwen geschrieben hat, sondern es geht um eine grundsätzliche Frage der christlichen Sexualethik. Und hier trifft der Leserbriefschreiber vom 23.4.2010 den Nagel auf den Kopf. Die Arroganz der ach so empörten übrigen Leserbriefschreiber hier ist kaum zu überbieten!