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Osterbotschaft des Papstes

Quellenangaben: 
http://www.vaticanradio.org/ted/Articolo.asp?c=194667
Autor: 
Benedikt XVI.

24.03.08


Die
Osterbotschaft des Papstes


Resurrexi, et
adhuc tecum sum. Alleluia! - Ich bin erstanden und bin immer bei dir. Halleluja!
Liebe Brüder und Schwestern, der gekreuzigte und auferstandene Jesus ruft uns
heute von neuem diese Nachricht der Freude zu: es ist die Osterbotschaft.
Nehmen wir sie mit innerem Staunen und mit Dankbarkeit an.

Resurrexi et adhuc tecum sum. - „Ich bin
erstanden und bin noch und immer bei dir." Diese Worte, die einer alten Version
des Psalms 139 [138] (Vers 18b) entnommen sind, erklingen am Beginn der
heutigen heiligen Messe. In diesen Worten erkennt die Kirche beim Aufgang der
Ostersonne die Stimme Jesu selbst, der bei der Auferstehung vom Tod sich voller
glückseliger Liebe an den Vater wendet und ausruft: Mein Vater, hier bin ich!
Ich bin erstanden, ich bin noch bei dir und werde es für immer sein; dein Geist
hat mich niemals verlassen. So können wir auch andere Aussagen des Psalms in
neuer Weise verstehen: „Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette
ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen. ... Auch die Finsternis wäre für dich
nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie
Licht" (Ps 139 [138], 8.12). Es ist wahr: In der feierlichen Osternacht wird
die Finsternis Licht, die Nacht weicht dem Tag, der keinen Untergang kennt. Der
Tod und die Auferstehung des menschgewordenen Wortes Gottes sind ein Ereignis
unübertrefflicher Liebe, der Sieg der Liebe, die uns von der Knechtschaft der
Sünde und des Todes befreit hat. Es hat den Lauf der Geschichte verändert,
indem es dem Leben des Menschen einen unauslöschlichen und erneuerten Sinn und
Wert eingegossen hat.

„Ich bin erstanden und bin noch und immer
bei dir." Diese Worte laden uns ein, den auferstandenen Christus zu betrachten,
indem wir seine Stimme in unserem Herz widerhallen lassen. Mit seinem
Erlösungsopfer hat Jesus von Nazareth uns zu Kindern Gottes gemacht, so daß nun
auch wir uns in den geheimnisvollen Dialog zwischen Ihm und dem Vater
einbringen können. Es kommt uns wieder in den Sinn, was er eines Tages seinen
Zuhörern sagte: „Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt
den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem
es der Sohn offenbaren will" (Mt 11, 27). In dieser Sicht merken wir, daß die
Aussage, die der auferstandene Jesus heute an den Vater richtet - „Ich bin noch
und immer bei dir" -, unwillkürlich auch uns betrifft, die wir „Kinder Gottes
sind und Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch
verherrlicht zu werden" (vgl. Röm 8, 17). Dank des Todes und der Auferstehung
Christi erstehen auch wir heute zu neuem Leben; wir vereinen unsere Stimme mit
der seinen und verkünden, immer bei Gott bleiben zu wollen, unserem Vater, der
unendlich gut und barmherzig ist.

Treten wir so in das Innerste des
Ostergeheimnisses ein. Das erstaunliche Ereignis der Auferstehung Jesu ist im
wesentlichen ein Ereignis der Liebe: Liebe des Vaters, der den Sohn zum Heil
der Welt hingibt; Liebe des Sohnes, der sich dem Willen des Vaters für uns alle
überläßt; Liebe des Geistes, der Jesus in seinem verklärten Leib von den Toten
erweckt. Und weiter: Liebe des Vaters, der den Sohn „wieder umarmt", indem er
ihn in seine Herrlichkeit hüllt; Liebe des Sohnes, der in der Kraft des Geistes
mit unserer verklärten Menschengestalt zum Vater zurückkehrt. Vom heutigen
Festtag, der uns die unbedingte und einzigartige Erfahrung der Auferstehung
Jesu neu erleben läßt, ergeht also an uns ein Aufruf, daß wir uns zu der Liebe
bekehren; eine Einladung, den Haß und den Egoismus von uns zu weisen und
gelehrig der Spur des Lammes, das zu unserem Heil geopfert wurde, zu folgen, den
„gütigen und von Herzen demütigen" Erlöser nachzuahmen, der „Ruhe für unsere
Seelen" ist (vgl. Mt 11, 29).

Christliche Brüder und Schwestern in allen
Teilen der Welt, Männer und Frauen, die wirklich offen sind für die Wahrheit!
Niemand möge das Herz vor der Allmacht dieser Liebe verschließen, die erlöst!
Jesus Christus ist für alle gestorben und auferstanden: Er ist unsere Hoffnung!
Wahre Hoffnung für jeden Menschen. Heute sendet der auferstandene Jesus, wie er
es vor seiner Rückkehr zum Vater mit seinen Jünger in Galiläa tat, auch uns als
Zeugen seiner Hoffnung überall hin und versichert uns: Ich bin immer bei euch,
alle Tage, bis zum Ende der Welt (vgl. Mt 28, 20). Wenn wir im Geiste auf die
verherrlichten Wundmale seines verklärten Leibes schauen, können wir den Sinn
und den Wert des Leidens verstehen und die vielen Wunden verbinden, die auch in
unseren Tagen die Menschheit weiter mit Blut überziehen. In seinen
verherrlichten Wundmalen erkennen wir die unauslöschlichen Zeichen der
unendlichen Barmherzigkeit Gottes, von der der Prophet spricht: Er ist es, der
alle heilt, deren Herzen zerbrochen sind, der die Schwachen verteidigt und den
Gefangenen die Freiheit verkündet, der alle Trauernden tröstet und ihnen
Freudenöl statt Trauergewand, Jubel statt der Verzweiflung bringt (vgl. Jes 61,
1.2.3). Wenn wir uns Ihm mit demütigem Vertrauen nähern, begegnen wir in seinem
Blick der Antwort auf das Verlangen tief in unserem Herzen: Gott zu erkennen
und mit Ihm eine lebendige Beziehung in einer echten Gemeinschaft der Liebe zu
schließen, die unser Dasein wie auch unsere zwischenmenschlichen und sozialen
Beziehungen mit seiner Liebe selbst erfüllt. Darum braucht die Menschheit
Christus: in Ihm, unserer Hoffnung, „sind wir gerettet" (vgl. Röm 8, 24).

Wie oft aber sind die Beziehungen zwischen
Mensch und Mensch, zwischen Gruppe und Gruppe, zwischen Volk und Volk nicht von
Liebe, sondern von Egoismus gekennzeichnet, von Ungerechtigkeit, von Haß, von
Gewalt! Es sind die Wunden der Menschheit, offen und schmerzend in jedem Winkel
des Planeten, wenn auch oft unbeachtet oder zuweilen absichtlich verborgen;
Wunden, die die Seelen und Leiber unzähliger unserer Brüder und Schwestern
zerreißen. Sie warten darauf, durch die verherrlichten Wundmalen des
auferstandenen Herrn verbunden und geheilt zu werden (vgl. 1 Petr 2, 24-25) und
durch die Solidarität derer, die auf seinen Spuren und in seinem Namen Werke
der Liebe vollbringen, sich tatkräftig für die Gerechtigkeit einsetzen und um
sich herum leuchtende Zeichen der Hoffnung verbreiten an den von blutigen
Konflikten heimgesuchten Orten und überall dort, wo die Würde der menschlichen
Person weiterhin mißachtet und verletzt wird. Mein Wunsch ist, daß genau dort
sich die Zeugnisse von Milde und Vergebung vervielfachen!

Liebe Brüder und Schwestern, lassen wir uns
vom strahlenden Licht dieses Festtages erleuchten; öffnen wir uns in
aufrichtigem Vertrauen dem auferstandenen Christus, damit die erneuernde Kraft
des Ostergeheimnisses sich auch in einem jeden von uns, in unseren Familien, in
unseren Städten und in unseren Nationen zeigt. In allen Teilen der Welt möge
sie sichtbar werden. Wie sollte man in diesem Augenblick nicht insbesondere an
einige Regionen Afrikas wie Darfur und Somalia, an den gepeinigten Nahen Osten
- vor allem an das Heilige Land, an den Irak und den Libanon - und schließlich
an Tibet denken; für diese Regionen unterstütze ich die Suche nach Lösungen,
die das Wohl und den Frieden schützen! Erflehen wir auf die Fürsprache Mariens,
die nach der Teilnahme an den Leiden der Passion und der Kreuzigung ihres
unschuldigen Sohnes auch die unaussprechliche Freude seiner Auferstehung
erfahren hat, die Fülle der österlichen Gaben. Maria, die in die Herrlichkeit
Christi aufgenommen worden ist, möge uns beschützen und auf dem Weg der
brüderlichen Solidarität und des Friedens geleiten. Dies sind meine
Osterwünsche an euch, die ihr hier zugegen seid, und an die Männer und Frauen
jeder Nation und auf jedem Kontinent, die durch Radio und Fernsehen mit uns
verbunden sind. Gesegnete, frohe Ostern!


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