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Veranstaltungen

  • Unterzeichner Erklärung "Freiheit und Selbstbestimmung"


    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Ihrem Wunsch entsprechend wurden Sie in in die Unterzeichnerliste der Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung" aufgenommen.

    Wir nehmen gerne Ihre Fragen oder Wünsche entgegen. Eine aktualisierte Liste der Unterzeichner, die mit öffentlicher Namensnennung einverstanden sind, finden sie unter diesem Link  unterzeichner-der-erklaerung-fuer-freiheit-und-selbstbestimmung.

    Gemäß Ihren Angaben wurden Sie in den Verteiler für weitere Information über die Entwicklung um den Marburger Kongreß aufgenommen. Sollten Sie dazu dennoch keine weitere Informationen wünschen, bitten wir um eine kurze Nachricht; die Mitteilung "keine weitere Info" genügt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Redaktion MEDRUM


    Ein ergänzender Hinweis:

    Falls Sie die Anregung zur Unterzeichnung der Erklärung in ihrem Familien, Freundes- oder Bekanntenkreis weitergeben wollen, genügt es folgenden Link weiterzugeben:

    Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung" -> Online-Unterzeichnung

    Information über die Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung" -> Pressemeldung


  • Süddeutsche Zeitung: "Streit um schwulenfeindlichen Kongress an der Uni Marburg"


    29.04.09

    Süddeutsche Zeitung: "Streit um schwulenfeindlichen Kongress an der Uni Marburg"

    (MEDRUM) Die Süddeutsche schreibt in ihrer Ausgabe vom 29.04.09 über die Kontroverse um den Internationalen Kongreß Psychotherapie und Seelsorge in Marburg vom 20. bis 24. Mai 2009. In der Überschrift spricht die Zeitung von einem "schwulenfeindlichen Kongreß".

    Das Thema des Kongresses laute zwar "Identität", kaum einer spreche aber dieses Thema, so die Verfasserin des Artikels, Charlotte Frank. "Die Gegner sehen darin ein Forum für 'pseudowissenschaftliche Homoheiler und Umpoler', weil Referenten zu Wort kämen, die 'Homosexuelle zu Heterosexuellen umtherapieren wollen', kritisiere der Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Zudem habe die Akademie 'vielseitige Verbindungen in fundamentalistische Kreise'", wird das Marburger Aktionsbündis "Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus" im Artikel zitiert.

    Frank nimmt die Kritik an der Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin Christl Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft auf und stellt fest, sie stünde einem Institut vor, das Homosexuelle unter anderem schon als "psychologisch und biologisch unreife Menschen" bezeichnet habe. Sie sei wie Markus Hoffmann "für ihre zweifelhaften Ansichten über Lesben und Schwule bekannt", so Frank.

    Als Kritiker des Kongresses werden neben dem LSVD und Marburger Aktionsbündnis auch die grünen Landtagsabgeordneten Angela Dorn und Kai Klose und der Präsident der Fachhochschule Frankfurt, Detlev Buchholz, sowie die evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck genannt. Die evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck habe sich von der Veranstaltung "distanziert", schreibt die Süddeutsche Zeitung. "In unserer Kirche ist für Homosexuelle Platz, auch für homosexuelle Pfarrerinnen und Pfarrer", wird der Sprecher der Landeskirche zitiert.

    In Marburg sei man dennoch weit davon entfernt, den Kongreß oder die kritisierten Veranstaltungen wie in Graz 2007 oder beim Christival 2008 abzusagen. Dabei könne die Universitätsleitung auf eine Unterschriftenaktion setzen, die im Internet mehr als 400 Unterschriften, darunter der Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und der Salzburger Weihbischof Andreas Laun, gesammelt habe. Beim Kongreß sei man bestrebt, divergierende Meinungen an einen Tisch zu bringen, habe der Vorsitzende der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge, Martin Grabe, erklärt. Obwohl Charlotte Frank zu Beginn ihres Artikels selbst darauf verweist, dass das Thema des Kongresses nicht der Homosexualität gewidmet ist, stellt sie der Erklärung von Grabe indes die Feststellung am Schluß ihres Artikels gegenüber: "Allein: Unter den 120 Vortragenden ist kein Vertreter einer Homosexuellen-Organisation".

  • Marburger Kongreß


    29.04.09

    Süddeutsche Zeitung: "Streit um schwulenfeindlichen Kongress an der Uni Marburg"

    (MEDRUM) Die Süddeutsche schreibt in ihrer Ausgabe vom 29.04.09 über die Kontroverse um den Internationalen Kongreß Psychotherapie und Seelsorge in Marburg vom 20. bis 24. Mai 2009. In der Überschrift spricht die Zeitung von einem "schwulenfeindlichen Kongreß". ... lesen Sie mehr...


    28.04.09

    Gegen "reparative" Therapie bei Homosexualität

    LSVD informiert über Erklärung des Vereins "Berufsverband deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie"

    (MEDRUM) In seinem Internetportal gibt der LSVD eine Stellungnahme des Vereins "Berufsverband deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie" (BVDP) wieder, derzufolge der BVDP zur öffentlichen Diskussion um „Konversionstherapien" oder „reparative Therapien" bei Homosexualität im April 2009 Stellung bezogen hat. Dieser Stellungnahme zufolge lehnt der Verein "reparative Therapien" ab. ... lesen Sie mehr...


    28.04.09

    Was in Marburg erwartet werden kann

    Deutsche Ärztezeitung berichtet über Streit um Marburger Kongreß

    (MEDRUM) Die deutsche Ärztezeitung berichtet mit einem Artikel von Gesa Coordes in der Ausgabe vom 27.04.09 über den Kritik am Kongreß Psychotherapie und Seelsorge vom 20. bis 24. Mai 2009 in Marburg. ... lesen Sie mehr...


    28.04.09

    Interview der Oberhessischen Presse mit einer "Homohasserin"

    Dr. Christl Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft nimmt Stellung

    (MEDRUM) In der Oberhessischen Presse stellte sich Christl Vonholdt den Fragen nach Vorwürfen, die vom Lesben- und Schwulenverband, von den hessischen Grünen, vom Marburger Aktionsbündnis "Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus" und dem Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90 / Die Grünen, Volker Beck, gegen sie erhoben wurden. ... lesen Sie mehr...



  • Richard Cohen: "Homosexualität zu ergründen ist nicht homophob"


    29.04.09

    Richard Cohen: "Homosexualität zu ergründen ist nicht homophob"

    Beitrag in Erziehungstrends über Entwicklung der Debatte zur Homosexualität und Erkenntnisse Richard Cohens

    (MEDRUM) In der Diskussion, ob eine "Konversionstherapie" oder "reparative" Therapie akeptabel ist, spielen die Stellungnahmen und Entscheidungen der Amerikanischen Vereinigung für Psychologie (APA) eine wichtige Rolle. Das Internetportal "Erziehungstrends" beleuchtete dazu Hintergründe der Entwicklung seit den 70er Jahren und stellt die neueren Erkenntnisse von Richard Cohen, dem Autor des Buches "Coming Out Straight" in einer interessanten Abhandlung von Thomas Otten in 2006 dar.

    1973 wurde Homosexualität begleitet von intensiven Debatten aus dem Internationalen Katalog der psychiatrischen Erkrankungen, dem DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), gestrichen.  Tomas Otten schreibt dazu, die Streichung sei eine erzwungene politische Entscheidung und nicht das Ergebnis einer wissenschaftlichen Analyse gewesen. "In den folgenden Jahren wurde die Homosexualität aus der Liste der Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation .. gelöscht.", so Erziehungstrends weiter und berichtet dann eingehend über die Erkenntnisse von Richard Cohen, der sich in seinem Buch Coming Out Straight. Understanding and Healing Homosexuality (Oak Hill Press September 2001) umfassend mit Fragen der Sexualität befasst hat. Er hat dabei auch auf neueres Datenmaterial zurückgegriffen und sich wie der Präsident des NARTH, Joseph Nicolosi für die Erforschung der Homosexualität und für therapeutische Angebote zur Veränderung einer homosexuellen Lebensform ausgesprochen. Cohen trat entschieden dagegen ein, dies als homophob zu verurteilen.

    Otten stellt die Auffassung Richard Cohens dazu wie folgt dar: "Es sei aufrichtig zu bedauern, dass homosexuelle Menschen immer noch Gegenstand von böse gemeinten Sprüchen und aggressiven Handlungen sind. Die personeneigene Würde jedes Menschen sei stets zu achten in Worten, Gesetzgebungen und Taten. Doch lasse sich ebenso wenig akzeptieren, dass auch nur die leiseste Kritik an homosexuellem Verhalten oder der wissenschaftliche Versuch, es tiefer zu ergründen, als Homophobie disqualifiziert werde. Man müsse fortschreiten können zu einer wirklich vorurteilsfreien Forschung, bei der untersucht werden kann, ob nicht doch viele scheinbar unheilbare Fälle von Homosexualität mittels moderner psychotherapeutischer Techniken zu heilen sind."

    Dr. Nicolosi, Präsident der National Association for Research and Therapy of Homosexuality (NARTH), die einigen therapeutischen Fragen andere Auffassungen als Cohen vertritt und in den letzten 25 Jahren mehr als 1000 homosexuell empfindende Männer begleitete, die Veränderung suchten, äußerte sich erst vor wenigen Tagen anläßlich einer Konferenz in London im Interview mit der BBC am 24.04.09 zu dieser Problematik. Er erwiderte auf Fragen nach dem Therapieangebot zur Veränderung einer homosexuellen Lebensform: "Es ist sehr leicht zu sagen, sie wollen sich nur ändern, weil sie unter gesellschaftlichem Druck stehen. Wir können doch deswegen eine Person und ihren Wunsch nicht ignorieren, ihre Homosexualität zu verändern. Da kommt jemand und sagt, ich möchte meinen Lebensstil verändern. Ich lebe jetzt und will nicht fünfzig Jahre warten. Was wollen Sie dem Mann sagen? Wollen Sie ihn wegschicken? Wir haben diesen Wunsch zu respektieren, wenn er das will. Es ist doch nicht unser Recht ihm zu sagen, daß er seinen Lebensstil nicht verändern darf."

    Weitere Information: Erziehungstrends - kontrovers

  • Interview mit Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz


    30.04.09

    Leib und Geschlecht: Gaben für die Identität und Menschwerdung

    Interview "DIE FREIE WELT" mit Prof. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz

    (MEDRUM/ DIE FREIE WELT) Vom 20. bis 24. Mai findet in Marburg der 6. Internationale Kongress für Psychotherapie und Seelsorge statt. Der Kongreß steht unter der Thematik „Identität – der rote Faden in meinem Leben“.

    FreieWelt.net sprach mit Professorin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, die auf der Tagung den Eröffnungsvortrag zum Thema „Sich finden und sich verlassen. Vorsicht vor dem nur identischen Ich“ halten wird.

    FreieWelt.net: Frau Professorin, können Sie bitte kurz schildern, was aus religionsphilosophischer Sicht überhaupt unter dem Begriff Identität zu verstehen ist?

    ImageProf. Gerl-Falkovitz (Bild links): Identität kann eventuell auch zur Falle werden: „Ich bin nun mal so.“ Auf diesen Punkt werde ich in meinem Eröffnungsvortrag zur Konferenz einen besonderen Akzent legen. Gefahren liegen darin, in einmal gegebenen oder aus Trägheit übernommenen Bedingungen zu verharren und nicht mehr oder zu wenig zuzulassen, dass das Leben, die Selbstbildung und religiös gesehen auch die Gnade gewaltige Veränderungen und Überraschungen hervorbringen kann. „Werde, der du bist“, heißt die alte Formel. Identität meint also ein wunderbares Werden und keinen Kokon.

    FreieWelt.net: Sie zeichnen also ein eher negatives Bild von Identität?

    Prof. Gerl-Falkovitz: Nein, ein mehrdeutiges! Ich will aufzeigen, dass im Begriff der Identität neben einer notwendigen Stabilität auch die Möglichkeit der Verhärtung mitschwingt. Bei Augustinus läßt sich gut studieren, welche Gefahren auch aus einer „Fixierung im Ich“ erwachsen können. Er spricht vom notwendigen „Auszug aus sich selbst“ – wohin? Natürlich zu einem ungeahnt schöpferischen Grund, dem göttlichen Du. Dieser läßt sich in vielerlei Begegnungen und Anforderungen des Lebens freilegen.

    Umgekehrt geht es im eigenen Lebensentwurf auch nicht um hektisches Tun, das sich jeden Tag neu zu irgendetwas Neuem entschließen muß. Es kann nicht um ein unentwegtes „Sich-selbst-Entwerfen“ gehen, das führt zur Horizontlosigkeit. Es gibt ja „unerschöpfliche Gaben“, die grundsätzlich zu einem dazugehören, der Partner, die Kinder. Diese „Gaben“ haben den Charakter des Unerschöpflichen und gleichzeitig Stabilen, das den Menschen immer wieder neu beglücken kann. Von Martin Buber stammt der Satz: „Am Du gewinnt sich das Ich“. Am „Es“ gewinnt es sich nicht.

    FreieWelt.net: Kaum ein Teilbereich der menschlichen Identität wurde in den letzten Jahren so intensiv diskutiert wie seine Geschlechtsidentität. Welche Position würden Sie dazu aus religionsphilosophischer Perspektive formulieren?

    Prof. Gerl-Falkovitz: Zunächst ein statistisches Faktum: Nur bei einem verschwindend geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung kann man von biologischer Nicht-Festlegung sprechen. Der Genotyp, also die genetische Grundausstattung, stellt sich bei der überwältigenden Mehrheit der Menschen eindeutig dar. Aber geschlechtliche Identität kann nicht einfach auf biologische Fakten reduziert werden. So spielt auch die soziale Prägung eine Rolle, die Kultur, vor allem auch die soziale Umgebung, und zwar nicht nur die Eltern, sondern gerade auch die Gleichaltrigen. Im Phänotyp, in der Erscheinung, der Kleidung, im „Ausdruck“ sind die Geschlechtsidentitäten daher variabel. Das sind „weiche“ Faktoren.

    Meine Haltung zur Genderdiskussion ist daher ambivalent. Zum einen ist es unbestreitbar, daß es nicht-biologische Prägungen der Geschlechtsidentität gibt. Diese können aber nicht als reiner Selbstentwurf begriffen werden, als ob Geschlecht gar nicht vorgegeben sei und sich der Mensch seine Geschlechtsidentität auf einer tabula rasa freihändig konstruiere.

    Bei Helmuth Plessner finden wir die schöne Unterscheidung zwischen Körper und Leib. Diese Unterscheidung wird uns durch die deutsche Sprache wunderbar erleichtert, denn im Englischen oder Französischen gibt es kein richtiges Äquivalent zum deutschen Begriff „Leib“. Im Gegensatz zum rein materiellen, „toten“ Körper (engl.: body; frz.: le corps), den ich kultivieren und prägen, sozusagen „schnitzen“ kann, hat der „Leib“ von sich aus eine Aussage, er ist „lebendig“ und kein verfügbares Material. So wie der Leib ist auch das mit ihm verbundene Geschlecht eine „Gabe“, der Leib spricht sich in seinem Geschlecht selbst als Mann oder Frau aus – mit Folgen für Seele und Geist.

    Alle großen Kulturen haben jahrtausendelang weitgehend übereinstimmend das soziale Geschlecht aus der biologischen Vorgabe heraus kulturell bestimmt und auch weiterentwickelt. Ein „Funktionstausch“ zwischen Mann und Frau ist erst seit dem 19./20. Jahrhundert in der westlichen Kultur möglich geworden. Zum einen waren jetzt die technischen Voraussetzungen dazu vorhanden: Es kam nicht mehr einfach auf (männliche) Körperkraft an. Eine wesentliche Ursache ist aber auch die im jüdisch-christlichen Kulturraum entstandene Vorstellung von der gleichen Würde aller Menschen. Den Vorrang der Menschlichkeit vor der Geschlechtlichkeit zu behaupten, hat im gemeinsamen „Ebenbild“ (Gen 1, 28) seine religiöse Wurzel. Das meint allerdings nicht die „Abschaffung“ von Frau und Mann, sondern ihre „Menschwerdung“. Ohne den biblischen Impuls gäbe es keine Freiheitsbewegungen, auch wenn sie heute weithin atheistisch beansprucht werden. Der Historiker Toynbee sprach von den „herausgerissenen Blättern“, die ihre Herkunft aus „dem Buch“ nicht mehr kennen. So verliert auch das Geschlecht seinen Charakter als „Gabe“ und wird zur „Habe“, über die ich scheinbar autonom verfüge.

    FreieWelt.net: Welche Grundlinien für Therapie und Seelsorge lassen sich aus diesen Einsichten ableiten?

    Prof. Gerl-Falkovitz: Zunächst ist festzuhalten, dass Seelsorge und Therapie nicht dasselbe sind. Allerdings haben beide Richtungen eine „analoge Struktur“. Grundsätzlich gilt es da einzugreifen, wo es Leid gibt, vor allem subjektiv empfundenes Leid. Leid ist dabei nicht gleichzusetzen mit Krankheit; dies ist nur eine einzige Form unter vielerlei Leiden. Sowohl (verengte) Identität als auch (haltlose) Nicht-Identität können zu inneren Konflikten führen.

    Identität ist nicht unbedingt als Rettungsanker anzusehen. Es gibt zu enge Identitäten, die verhindern, daß Menschen ihre Möglichkeiten entfalten. Viele Menschen bleiben schlicht auf einer Stufe ihrer Entwicklung „stecken“. Auch dort kann Therapie ansetzen, um Potenziale hervorzuholen. Es geht also immer um eine Gratwanderung: nicht zusätzliches Leid zu verursachen, aber auch die falsche Behaglichkeit, das „dumpfe Stubenglück“ zu vermeiden.

    FreieWelt.net: Im Vorfeld des Marburger Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge ist jetzt eine erregte Diskussion aufgeflammt. Homosexuellenverbände haben einer Reihe von Referenten vorgeworfen, das „Umpolen“ von Homosexuellen anzustreben und „Homophobie“ zu verbreiten. Die Verbände fordern – unterstützt von Politikern – die Kongressveranstalter auf, die Referenten wieder auszuladen. Die Stadt Marburg solle im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung dem Kongress die Räume kündigen. Welche Position haben Sie zu den Vorwürfen und zu den Forderungen an Kongressveranstalter und Stadt?

    Prof. Gerl-Falkovitz: Die Vorwürfe sind schon deshalb nicht gedeckt, weil sich der Kongress insgesamt nicht mit Homosexualität beschäftigt. Ein Bekannter von mir sagte neulich, er müsse sich jetzt wohl ein neues Grundgesetz kaufen, da offenbar das Grundrecht über Meinungs- und Redefreiheit geändert worden sei.

    FreieWelt.net: Sie sind Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Offensive Junger Christen (OJC), einer ökumenischen Kommunität unter dem Dach der Evangelischen Kirche Deutschlands. Die Kommunität setzt sich nach Selbstauskunft „offensiv für eine Erneuerung in Kirche und Gesellschaft“ ein. Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit der Kommunität und welche Funktion kommt in diesem Zusammenhang dem wissenschaftlichen Beirat zu?

    Prof. Gerl-Falkovitz: Die Kommunität leistet gute Arbeit in sehr unterschiedlichen Bereichen. Neben der Kinder- und Jugendarbeit und der Paarberatung sind vor allem die vielfältigen internationalen Austauschbeziehungen vor allem nach Ost- und Westeuropa und in den Nahen Osten von Bedeutung. Die Kommunität pflegt etwa Austauschprogramme mit traumatisierten israelischen und palästinensischen Jugendlichen.

    Wichtig dabei ist, daß das Christentum ausdrücklich nicht in einer konfessionell eingeschränkten Bedeutung verstanden wird. Christentum ist über Freiheit definiert, auch über die Freiheit in Bezug auf Andersdenkende und Andersgläubige. Der Wissenschaftliche Beirat wacht über die Seriosität der Bemühungen der Kommunität und ist auch als Vorsorge gegen die Gefahren des Fundamentalismus und der Kleinkariertheit gedacht.

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    Prof. Dr. phil. habil. Dr. theol.h.c. HANNA BARBARA GERL-FALKOVITZ ist Professorin für Religionsphilosophie

    und vergleichende Religionswissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Dresden. Sie habilitierte 1979  über die italienische Renaissancephilosophie an der Universität München.

    Ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind:

    • Religionsphilosophie des 19. und 20. Jhs. (Hegel, Kierkegaard, Nietzsche, Newman, Guardini, Edith Stein, Simone Weil);
    • Religionsphilosophische Anthropologie der Geschlechter;
    • Theologische Grundlegung der Neuzeit (Nicolaus Cusanus, Böhme, Bruno, Hegel, Schelling, Baader);
    • Ethik der Weltreligionen.

    Gerl-Falkovitz gehört zu den Erstunterzeichnern der Erklärung "Für Freiheit und Selbstbestimmung", mit der über 370 Bürger und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für die Rede- und Wissenschaftsfreiheit eintreten, die sie durch Forderungen nach der Absage des Kongresses und mehrerer Seminarveranstaltungen gefährdet sehen.


    Abdruck des Interviews mit Genehmigung von DIE FREIE WELT, 29.04.09.

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