22.07.11
Kein Absturz in eine Schuldenunion
Ein Kommentar zur Eurokrise und Hilfe für Griechenland
von Norbert Geis
(MEDRUM) Das für mich entscheidende Kriterium für die ausstehenden Entscheidungen zur Stabilisierung des Euros und der Hilfen für Griechenland wird sein, Schaden von Deutschland und der Europäischen Währungsunion abzuwenden. Dies geht nur, wenn zukünftig staatliche Misswirtschaft und Haushaltskrisen in der Eurozone verhindert werden. Jedoch ist es im Interesse aller Eurostaaten, Griechenland im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen.
Bereits im März hatten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf ein umfassendes Paket zur Stabilisierung der Eurozone geeinigt. Ziel dieser Maßnahmen ist die Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Verstöße gegen den Stabilitätspakt sollen in Zukunft früher und automatisch sanktioniert werden. Schließlich sollen mit dem „Euro-Plus-Pakt" die teilnehmenden Staaten zu innenpolitischen Reformen verpflichtet werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit ihre Kreditwürdigkeit zu steigern. Dadurch sollen zukünftig staatliche Misswirtschaft und Haushaltskrisen in der Eurozone verhindert werden. Falls ein nationaler Haushalt in der Euro-Zone trotzdem in eine finanzielle Schieflage gerät und damit die Stabilität des Euro gefährdet, steht für solche Notfälle ab 2013 ein Europäischer Stabilisierungsmechanismus (ESM) bereit.
Gleichzeitig konnte die Bundesregierung in den Verhandlungen im Europäischen Rat einige wichtige Anliegen durchsetzen. So wurde die Einführung von Euro-Bonds verhindert, die tatsächlich die Euro-Staaten in eine Haftungsgemeinschaft vereinigt hätten und den kriselnden Ländern die Anreize genommen hätten, vernünftig zu wirtschaften. Dieser Weg gewährt die notwendige Hilfe, ohne die Stabilität zu gefährden.
Im Falle Griechenlands heißt das: Griechenland wird im Rahmen der vorgesehenen Stabilisierungsmaßnahmen unterstützt, muss aber selbst die Grundlage für die dauerhafte Wiederherstellung seiner Wettbewerbsfähigkeit durch die dafür notwendigen Reformen schaffen. Der in die Diskussion gebrachte Schuldenschnitt ist allerdings gefährlich. Bei einem Verbleib Griechenlands in der Währungsunion hätte ein Schuldenschnitt unüberschaubare Risiken. Auch andere Länder, die hoch verschuldet oder überschuldet sind, könnten dann auf einen Schuldenschnitt pochen. Die Europäische Union würde zu einer Schuldenunion werden, deren Scheitern vorprogrammiert wäre. An dieser Stelle erinnere ich daran, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ursprünglich geschlossen gegen die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone gestimmt hatte, da schon damals haushaltspolitische Ungereimtheiten bekannt waren. Griechenland und anderen kriselnden Ländern würden mit einem einfachen Schuldenschnitt die Anreize genommen, vernünftig zu wirtschaften. Das aber würde die Europäische Währungsunion nicht verkraften und diese letztlich mit unkalkulierbaren Folgen sprengen. Dies muss auf alle Fälle vermieden werden. Bei einem Schuldenschnitt halte ich es für geboten, dass Griechenland vorübergehend aus der Währungsunion ausscheidet und erst nach dem Erfolg der notwendigen Reformen wieder Mitglied der Währungsunion wird.