Der Aufschwung ist dahin - Die Stimmung der Wirtschaft ist schlecht geworden
Ifo-Index für die konjunkturellen Erwartungen sank auf tiefsten Wert seit sechs Jahren
(MEDRUM) Am Tag nach der Pressekonferenz der Bundeskanzlerin teilte gestern der Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, mit, dass sich die Stimmung in der Wirtschaftung kräftig verschlechtert hat.
Die Stimmung von 7000 Unternehmen, die nach Ihrer Lage und ihren Aussichten gefragt werden, ist so schlecht wie seit 2005 nicht mehr. Erstmals fiel der Wert unter die Hundertermarke. Der Geschäftsklimaindex des ifo Instituts fiel von 101,2 auf
97,5 Punkte. Der Wert für die Zukunftserwartungen fiel sogar auf den tiefsten Wert seit sechs Jahren. Es sank von sank von 94,6 auf 90 Punkte.
"Diese Ergebnisse legen nahe, dass der konjunkturelle Aufschwung zu
Ende geht.", sagte der Präsident des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn,
am Donnerstag in München. Auch der Bund der Deutschen Industrie beurteilt die Lage so, dass der Aufschwung zu Ende sei. Die Ergebnisse des ifo-Institutes konterkarieren die durchgängig positive Bilanz, die die Bundeskanzlerin am Vortag bei der Bundespressekonferenz noch gezogen hatte. Die Bilanz der "Alles-ist-Gut-Kanzlerin", wie der "Spiegel" die Kanzlerin nach der Pressekonferenz nannte, steht damit zumindest aus wirtschaftlicher Sicht auf tönernen Füßen.
Der Aufschwung ist bei den Menschen angekommen, verkündete Angela Merkel noch vor acht Monaten. Die Opposition hielt ihr entgegen: "Die Menschen haben das Gefühl, dass der Aufschwung bei ihnen nicht ankommt“. Sicher ist, dass ein großer Teil der Bürger von einem Aufschwung wenig gefühlt hat. Er ist trotz Verbesserung der Arbeitslosenstatistik über viele hinweg gegangen, ohne bei ihnen anzukommen. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, der Zeitarbeitsverhältnisse und der Rückkgang der Reallöhne zwingt zu einer differenzierenden Beurteilung der Frage, ob der Aufschwung bei den Menschen angekommen war. Der Streit über die Frage, ob der Aufschwung bei den Menschen ankomme
oder sie nicht erreicht, dürfte damit vorerst beendet sein. Er erledigt sich von selbst.
Auch wenn die Volkswirtschaftler derzeit nicht mit einem Einbruch der Konjunktur rechnen, scheint jetzt sicher zu sein, dass der Aufschwung vorerst eine Pause einlegen wird, die länger sein dürfte als die politische Sommerpause dieses Regierungsjahres. Es deutet darauf hin, dass mit schrumpfendem Wachstum und seinen ungünstigen Einflüssen auf Arbeitsmarkt und Beschäftigung zu rechnen ist. Statt Aufschwungshoffnungen werden Abstiegsängste neue Nahrung erhalten. Dies könnte nicht nur wegen der Diskussion um die Kilometerpauschale Schatten über die Wahlen in Bayern werfen, die über das Vorwahljahr hinausreichen und auch die Aussichten für die Bundestagswahl im kommenden Jahr verdunkeln könnten.
Der Aufschwung ist also zu Ende, bevor ihn viele gefühlt haben. Was nun, Frau Merkel? Erstmal Sommerpause? Die wirtschaftliche Entwicklung kennt keine Sommerpause. Exkanzler Schröder hätte vor einigen Jahren womöglich zu einer Politik der ruhigen Hand raten, wie er seinerzeit in seiner ersten Amtszeit das Nichtstun genannt hatte. Ob er dieses Mal damit richtig läge?
Süddeutsche Zeitung: -> ifo-Index sinkt deutlich
MEDRUM-Artikel -> Der Merkel-Auftritt im Sommertheater