06.07.08
„HIV und AIDS als christliche Herausforderung“
(MEDRUM/BQ) Mit dem Buch „HIV und AIDS als christliche Herausforderung“ betreten Deutschlands Evangelikale Neuland. Das Buch hat eine doppelte Absicht. Zum einen will es Christen aufrufen, sich der HIV/AIDS-Tragödie zu stellen und sich selbstkritisch zu fragen, wieso sie oft so zurückhaltend auf dieses spezielle Leid vieler Menschen reagiert haben. Zum anderen will es aufzeigen, wie viel engagierte Christen weltweit bereits getan haben und derzeit tun, auf der Ebene der weltweiten strategischen Planung ebenso wie konkret vor Ort.
Dazu haben sich zwei Hilfswerke, World Vision Deutschland und Gebende Hände, mit dem Forschungsinstitut Institut für Lebens- und Familienwissenschaften (ILFW) zusammengetan und deutsche und internationale Experten gebeten, ihre Sicht der Dinge oder ihre Erfahrungen verständlich zusammenzufassen. Der erste Band widmet sich den grundsätzlichen Fragen des Auftrags als Christen und der Darstellung der weltweiten Lage zum Thema. Ein zweiter Band widmet sich länderspezifischen Beiträgen, konkreten Einblicken in die Arbeit vor Ort, sowie Stimmen von Betroffenen.
„Unsere Aufgabe als Christen“, so die Herausgeber
Kurt Bangert und
Thomas Schirrmacher in ihrem Vorwort, „ist es nicht, auf eine Welt zu warten, die uns besser gefällt, oder die Welt zunächst in eine handlichere Form zu bringen, bevor wir etwas unternehmen, sondern unsere christliche Verantwortung ist es, wie Daniel oder Josef in der Welt zu wirken, wie wir sie hier und jetzt vorfinden und in ihr die Liebe unseres Gottes konkret zu bezeugen.“
Kurt Bangert ist seit fast drei Jahrzehnten in der Entwicklungsarbeit tätig, davon 12 Jahre in Asien, Afrika und Amerika sowie auf Reisen in 80 Ländern. Er ist der Leiter für Dokumentation und Forschung bei World Vision Deutschland und unter anderem Verfasser des Buches „Janet und der Graue Tod. Kinder in einer Welt mit AIDS“.
Thomas Schirrmacher ist Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz, Kuratoriumsvorsitzender des Hilfswerkes ‚Gebende Hände' und als Professor für Ethik Leiter des Instituts für Lebens- und Familienwissenschaften.
Interview mit dem Herausgeber Kurt Bangert
BQ: Wie sind Sie persönlich zur Beschäftigung mit der Thematik HIV und AIDS gekommen?
Bangert:
Wir bei World Vision Deutschland haben uns – auch auf mein Drängen hin – 2001 dazu entschlossen, HIV und AIDS zu einem wichtigen Themenschwerpunkt zu machen. Nicht nur, weil die Lage es erforderte, gerade in Afrika mehr Aufklärung und Prävention zu unternehmen, sondern auch, weil wir die Menschen hierzulande über die dramatische Entwicklung auf dem schwarzen Kontinent und anderswo informieren wollten. Wir als Entwicklungsorganisation konnten nicht länger tatenlos zusehen, wie die Erfolge unserer Armutsbekämpfung zusehends durch das Wegsterben von Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter zunichte gemacht wurden.
BQ: Woran liegt es, dass sich manche Christen im Westen mit dem Thema so schwer tun?
Bangert:
Viele bei uns im Westen ordnen HIV und AIDS vorwiegend Randgruppen zu und meinen, die Epidemie könne sie selbst nicht betreffen. Außerdem sind viele bei uns der Meinung, die Betroffenen seien doch selbst schuld an der großen Verbreitung von HIV und AIDS gerade in Afrika. Es gibt Experten, die haben, was Afrika betrifft, schon vor Jahren resigniert. Resignation ist aber eine Haltung, die wir uns als eine christliche Organisation nicht aneignen wollen. Es gibt keine Alternative zur Hoffnung. Deshalb nennen wir unsere HIV/AIDS-Arbeit auch „Hope Initiative“.
BQ: Was tun Christen in Afrika und Asien, um Betroffenen zu helfen?
Bangert: Nachdem Christen anfangs nicht recht wussten, wie sie mit dem Problem HIV und AIDS umgehen sollten, und manche Christen dazu neigten, die Betroffenen zu verurteilen, haben sich die christlichen Kirchen heute zur Speerspitze im Kampf gegen HIV und AIDS und zur Versorgung von HIV-Infizierten, AIDS-Kranken sowie den durch AIDS verwaisten Kindern gemacht. Es gilt mehr und mehr die Devise, das niemand wegen seiner Infizierung oder Erkrankung verurteilt werden darf, gleichgültig auf welche Weise er sich infiziert haben mag. Christliche Gruppen sind dazu aufgerufen, sich als „heilende Gemeinschaften“ zu verstehen.
BQ: Was tun Hilfswerke wie World Vision und Gebende Hände, die die beiden Bücher initiiert haben?
Bangert:
World Vision hat die HIV/AIDS-Aufklärung und die Betreuung von Betroffenen in viele seiner großen Entwicklungsprojekte integriert. Wir haben Handbücher und Tool-Kits zur Aufklärung und Betreuung entwickelt, um hauptberufliche und ehrenamtliche Helfer mit geeigneten Methoden vertraut zu machen. Unser besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Schutz der Kinder. Wichtig ist für uns, dass HIV-infizierte Eltern durch medizinische Behandlung möglichst lange am Leben bleiben, um für ihre Kinder noch lange zu sorgen; dass infizierte Mütter den Virus nicht an ihre Neugeborenen weitergeben; und dass durch AIDS verwaiste und gefährdete Kinder ausreichend versorgt und betreut werden, um ihr eigenes Leben meistern zu können.
BQ: Sie engagieren sich vor allem für die von HIV und AIDS betroffenen Kinder? Können Sie uns einen Einblick in die Lage geben?
Bangert:
International haben wir uns am Zustandekommen des UN-„Handlungsrahmens“ für die durch AIDS verwaisten und gefährdeten Kinder beteiligt. Der Handlungsrahmen sieht neben gezielten Maßnahmen auch eine bessere Koordinierung dieser Maßnahmen vor – und zwar lokal, national und international. Auf der kommunalen Ebene geht es vor allem darum, die Familien und Haushalte zu stärken, die von HIV und AIDS betroffen sind, die Kommunen und Dorfgemeinschaften zu informieren und zu mobilisieren, damit die Betroffenen nicht marginalisiert, sondern integriert und ausreichend betreut werden. Und vor allem geht es darum, die gefährdeten Kinder zu identifizieren und regelmäßig zu besuchen, um sicherzustellen, das sie nicht stigmatisiert und diskriminiert werden, sondern alle Leistungen erhalten, auf die sie ein verbrieftes Recht haben: Ernährung, Gesundheitsversorgung, Bildung und Betreuung.
Schriftenreihe des Instituts für Lebens- und Familienwissenschaften:
Bezug über den Buchhandel oder online über www.genialebuecher.de
Zum Hilfswerk World Vision
Seit über 50 Jahren gibt es die weltweite Hilfsorganisation World Vision. Der Gründer Bob Pierce begann in den 50er Jahren, Patenschaften für Kriegswaisen in Korea zu vermitteln. World Vision Deutschland e.V. gibt es seit 1979.
Unter dem Dach von World Vision gibt es mehr als 2 Millionen Patenschaften. Unter dem Dach von World Vision Deutschland mehr als 150.000.
Weitere Information: worldvision
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