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Paulusjahr in Tarsus eröffnet

22.06.08


Paulusjahr in Tarsus eröffnet

Mit einem ökumenischen Gottesdienst wurde gestern durch Walter Kardinal Kasper das Paulusjahr in Tarsus eröffnet. Ein ökumenisches Gebet in der Kirche des Apostels Paulus leitete die Feierlichkeiten in Tarsus ein. Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper machte als erster mit einer Messe von der neuen Regelung Gebrauch, dass die nach dem Völkerapostel benannte Kirche wieder etwas mehr Kirche und etwas weniger Museum sein darf.

Für die Dauer des internationalen Paulusjahrs, also bis zum 29. Juni 2009, dürfen Pilger in der Kirche wieder ohne Einschränkungen Gottesdienste feiern. Papst Benedikt XVI. hat dieses Gedenkjahr aus Anlass des 2.000. Geburtstags des
Apostels ausgerufen. Die katholische Kirche wird vom
Juni 2008 bis Juni 2009 das zweite Jahrtausend seit der Geburt des
heiligen Paulus feiern. Im Laufe des Jahres werden Tausende Pilger in der
antiken Hafenstadt erwartet.

Die Bischöfe in der Türkei sehen dies als ein Ereignis für alle
christlichen Gemeinschaften, da Paulus ein Lehrer für alle Jünger
Christi ist. Dieser Jahrestag ist von ganz besonderer Bedeutung für alle Christen in der Türkei leben. Der Apostel der Heiden ist ein Sohn dieses Landes und hat dort den Großteil seines Amtes ausgeübt. Er legte in weniger als 30 Jahren die meisten der 10.000 Meilen seiner Reisen zurück. Vor allem aber hat er hier auch Feindschaft, tödliche Gefahr, Gefängnis, Schläge und Entbehrungen aller Art erfahren, um Jesus Christus und sein Evangelium zu verkünden.

Durch das Paulsjahr sollen und wollen die verschiedenen christlichen Kirchen in der Türkei näher zusammenrücken, sagte Luigi Padovese, der Vorsitzende der türkischen Bischofskonferenz. Denn die Situation der rund 100.000 Christen in der Türkei sei zwiegespalten: Zwar könne laut Verfassungsartikel 24 jede Glaubensgemeinschaft uneingeschränkt Gottesdienste feiern, doch eine wirkliche Religionsfreiheit herrscht nicht, sagte Otmar Oehring, der beim katholischen Hilfswerk Missio für Menschenrechtsfragen zuständig ist: "Religionsfreiheit würde heißen, dass der Einzelne in Gemeinschaft mit anderen seinen Glauben öffentlich leben kann und dass er natürlich auch für diesen Glauben werben kann, dass er sich organisieren kann mit den anderen seiner Glaubensgemeinschaft, dass eine solche Glaubensgemeinschaft vom Staat rechtlich anerkannt wird, eigenes Personal ausbilden kann. Und all das ist in der Türkei nicht möglich."

Zu den Eröffnungsfeiern am Samstag war auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eingeladen. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte Erdogan im Vorfeld um Unterstützung für den Kirchenbau
gebeten. Sein „leidenschaftlicher Wunsch" sei es, „zum Geburtstag des
Weltapostels in Tarsus ein christliches Gotteshaus und eine christliche
Pilgerstätte dem Weltapostel zum Geburtstag schenken zu können." Zu der Initiative hätten ihn die „nicht unerheblichen Spannungen" um
den Bau einer großen Moschee in Köln inspiriert, so Meisner. „Ich
wollte durch meine Initiative die interreligiösen Beziehungen
verbessern." Dabei habe er viel Unterstützung aus dem Erzbistum, der
Politik und der Weltkirche erfahren. Mitte April erhielt er eine erste Antwort Erdogans. Dazu sagte
Meisner, sie entspreche „noch nicht den Erwartungen und Hoffnungen der
katholischen Kirche".

Zum Auftakt des Paulus-Jahrs 2008 hat der Erzbischof von Köln den
Wunsch nach einer christlichen Pilgerstätte im türkischen Tarsus bekräftigt. Paulus sei neben seiner überragenden Bedeutung für das Christentum
„auch für die Weltzivilisation von nicht zu unterschätzendem Einfluss",
schreibt der Erzbischof. In
seinem Brief an den Apostolischen Vikar für Anatolien und Vorsitzenden der
Türkischen Bischofskonferenz, Bischof Luigi Padovese, bedauert er, dass
türkische Muslime in Köln „kein besonderes Interesse“ für das Anliegen zeigten.
Dabei solle die Initiative auch dem interreligiösen Dialog dienen. Meisner will im Herbst mit einer Delegation der Deutschen Bischofskonferenz dorthin reisen.

Was die Chancen betrifft, dass Christen in der Geburtsstadt des Apostels Paulus auch dauerhaft eine kirchliche Pilgerstätte bekommen, blickt der deutsche Botschafter positiv in die Zukunft. Er glaube, die Aussichten seien gar nicht so schlecht. Er sei sehr zuversichtlich, berichtete die ARD.


FAZ.net-Artikel: -> St. Paul darf wieder Kirche sein