FDP-Generalsekretär will Wahlrecht für Kinder als Grundrecht von Geburt an
von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Der Generalsekretär der FDP Dirk Niebel hat sich jetzt gegenüber der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" für die Einführung eines Wahlrechtes von Kindern ausgesprochen, wie "idea" berichtet.
Das Wahlrecht sei ein Grundrecht, das von Geburt an als Grundrecht auch Kindern gewährt werden müsse. Damit begründet FDP-Generalsekretär Dirk Niebel (Berlin) seinen Vorstoß gegenüber der Tagespost, ein Wahlrecht für Kinder und Jugendliche einzuführen. Er argumentiert damit auf einer Linie, die auch in MEDRUM in einem Artikel vom 15.07.08 als bedenkenswert eingeschätzt hatte.
Der Journalist in Sachen Familienfragen Jürgen Liminski bekam bereits vor einigen Tagen von der '"Tagespost" das Forum geboten, sich in einem Artikel für ein Familienwahlrecht auszusprechen. Das gewichtige Grundrechtsargument, mit dem vermutlich am ehesten für ein Familienwahlrecht plädiert werden kann, ließ Liminski in seinen Betrachtungen allerdings unerwähnt. Dirk Nebel stößt jetzt jedoch genau in diese Zielrichtung vor und spricht davon, dass Kinder nicht länger von einem Grundrecht ausgegrenzt werden dürften. Nebel setzt sich terminologisch also weniger für ein Familienwahlrecht, als vielmehr für ein Wahlreicht von Kindern ein. Eine juristische Betrachtung spräche ebenfalls für ein Wahlrecht von Kindern. Er geht davon
aus, dass dies auch die politische Debatte beeinflussen werde. Wer also nicht bereit ist, Kindern das Wahlrecht einzuräumen,
verweigert ihnen ein Grundrecht, so die Folgerung, die aus der
Argumentation von Dirk Nebel zu ziehen ist.
Nach Meinung von Dirk Nebel sollten die Eltern das Wahlrecht solange treuhänderisch ausüben, bis sie als Heranwachsende selbst politisch entscheiden können. Nebel spricht von 17 Prozent der Bevölkerung, der man bisher das Wahlrecht vorenthalten habe. Geht man von einer Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl von etwa 70 Prozent der Wahlberechtigten Eltern aus, und geht man ferner davon aus, dass vielleicht ein Viertel dieser Stimmen für die FDP als Bonuseffekt abgegeben werden könnten, käme die erkleckliche Stimmenzahl von etwa 2,5 Millionen zusätzlichen Wählerstimmen zustande, fast die Hälfte der Stimmen, die die FDP bei der Bundestagswahl 2005 erreichte. Es könnten jedoch auch mehr werden. Käme es tatsächlich zu einem Familienwahlreicht, würde dies sicher auch zu einer Mobilisierung vieler Familien führen, die anderenfalls der Gruppe der Nichtwähler angehören könnten.
Die Vorstellungen von Nebel laufen im Ergebnis auf die Schaffung eines Familienwahlrechtes hinaus.
Ob der FDP-Generalsekretär mit seinem Vorstoß am Ende allerdings Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Vor drei Jahren hatten Politiker im Innenausschuss und Familienausschuss des Bundestags einen solchen Antrag bereits zurückgewiesen. Auch der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), plädiert für ein Familienwahlrecht. Er hält dies für notwendig, damit Familien und ihre Belange in angemessener Weise demokratisch repräsentiert werden. Erzbischof Zollitsch hingegen hat sich bereits im April gegenüber der Tagespost skeptisch geäußert. Er hält ein Familienwahlrecht, so wünschenswert es sei, die Mitsprache von Familien und Kindern zu stärken, für politisch und praktisch schwer durchsetzbar.
Am Ende könnte das Wählerstimmenkalkül der großen Parteien den Ausschlag geben. Ohne ihre Zustimmung wird es ein solches Wahlrecht wegen fehlender Mehrheit ohnehin nicht geben. Sie dürften sich aber nur dann zu einem Kinder- oder Familienrecht entscheiden, wenn es nicht nur juristisch unbedenklich ist, sondern wenn sie dadurch auch ihre Wählerfelle nicht davon schwimmen sehen. Immerhin fällt bei der Überlegung, ein Familienwahlrecht einzuführen, die nicht unerhebliche Klientel von Singles und Paaren ohne Kinder ins Gewicht. Schon heute sind fast 40 Prozent aller Haushalte Einpersonen-Haushalte, hinzu kommen Ehepaare und Lebensgemeinschaften ohne Kinder. Das sind Größenordnungen, die bei Wahlen ausschlaggebend für Erfolg oder Niederlage sein können. Einen solchen Erfolg dem Wahlrecht von Kindern und Familien zu opfern, würde von den Parteien eine innere Größe verlangen, die man realistisch betrachtet kaum finden wird.
MEDRUM-Artikel -> Jürgen Liminski favorisiert Einführung des Familienwahlrechtes