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Der Merkel-Auftritt im Sommertheater


24.07.08


Der Merkel-Auftritt im Sommertheater

(MEDRUM) Alle Jahre wieder kommt sie, die Sommerpause der Politik. Dies
ist ein Zeitpunkt, an dem Regierungsverantwortliche gerne Bilanz ziehen
und das vorweisen wollen, was sie bewegt haben. Das tat gestern die
Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Bundespressekonferenz.

Sie nannte als positive Leistungen der Regierung:

  • das Sinken der Arbeitslosigkeit
    (1,6 Millionen neue Arbeitsplätze in drei Jahren, im Jahr 2005 38,5 Millionen Erwerbstätige, heute 40,2 Millionen)
  • die Halbierung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung

    (von 6,6 auf 3,3 Prozent, durchschnittlich für jeden
    Zahlenden 270 Euro weniger im Jahr.
  • das Sinken der Neuverschuldung
    (Nettokreditaufnahme
    10,5 Milliarden Euro in 2009, 6 Milliarden in 2010, von 2011 und 2012 keine Neuverschuldung
  • den Ausbau der Kinderbetreuung für Unter-Dreijährige
  • die wirksame Reform des Elterngeldes
  • das zweite Klimaschutzpaket
  • die Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung
    (Höchstsatz bis 2009 von 19,9 Prozent durch Anhebung des Renteintrittalters von 65 auf 67 Jahre)

Als Projekte für die weitere Regierungsarbeit nannte sie

  • die Gesundheitsreform mit dem Gesundheitsfonds
  • die Erhöhung des Kindergeldes und Kinderfreibetrags
  • die Erbschaftsteuerreform,
  • die Fortsetzung der Haushaltspolitik
  • den Bildungsgipfel zwischen Bund und Ländern.

Die Bundeskanzlerin zog insgesamt ein positives Fazit der
Regierungsarbeit und kündigte an, dass die Große Koalition ihre
"erfolgreiche" Arbeit, an der beide Seiten ihren Anteil gehabt hätten,
nach der Sommerpause fortsetzen werde.

Für den "Spiegel" hat sich die Bundeskanzlerin als
"Alles-ist-gut-Kanzlerin" präsentiert. Sie halte "eisern" durch und
lasse sich die Dinge nicht kleinreden, schreibt Severin Weiland am 23.
Juli. Das ist die Wertung des Spiegelautors, der sich ansonsten
weitgehend in der Darstellung eines belanglosen "Drumherums" erschöpft,
das die Köpfe der Journalisten gestern bewegt hat, zum Beispiel die
Frage, weshalb Merkel nicht mit dem Vizekanzler erschienen sie oder die
Frage, ob ihr Beck oder Steinmeier lieber sei, schließlich auch die
Tatsache, dass die Kanzlerin nicht mehr in der Hauptstadt sei, wenn der
Wahlkämpfer Obama in Berlin spreche, sondern dann schon in Bayreuth
weile, um "Parsifal" zu erleben, und dass Merkel vielleicht um 19.00
Uhr den Fernseher einschalte, um Heute-Nachrichten zu sehen. Dies habe
die Journalisten zum Lachen gebracht. Sicher, dass mag alles furchtbar
wichtig sein, für die Journalisten, wenn es für den Bürger nichts
Wichtigeres gäbe.

Die gestrige Aufführung scheint also nicht nur ein politisches,
sondern auch journalistisches Sommertheater gewesen zu sein. Über den
Unterhaltungswert für den Bürger liesse sich trefflich streiten.


Der Spiegel-Artikel -> Die Alles-ist-gut-Kanzlerin.

Die Pressemitteilung der Bundesregierung -> Arbeit der Koalition entschlossen fortsetzen.