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Menschenverschmutzung

Familie


17.08.08
Menschenverschmutzung

Für manche Menschen sind andere Menschen nur Umwelt.

von Stefan Sedlaczek

(MEDRUM) Der Umweltverschmutzung treten die Menschen, Unternehmen, ja
selbst Regierungen heute engagiert entgegen. Es ist erkannt, daß
Umweltverschmutzung viel mehr schadet, als man noch vor Jahrzehnten oder gar
vor hundert Jahren gemeinhin annahm. Mit ungeheuren Ausgaben und unzähligen
Vorschriften suchen die etatistischen Gesellschaften unserer Zeit einem Problem
Herr zu werden, welches sie selber schufen. Statt Umweltverschmutzung zu
vermeiden, suchen sie diese zu regeln. Nicht zuletzt die Versteigerung von Verschmutzungsrechten
macht klar, daß selbst marktsimulierender Etatismus, basierend auf dem
Neoliberalismus eines – sicherlich in vielerlei Hinsicht verdienten – Milton
Friedman [1] nicht an die Wurzeln des Problems rührt.

Wie konnte es eigentlich dazu kommen, daß
Umweltverschmutzung legal wurde? Legal, leider. Denn normal ist das nicht, daß
man etwas versaut, was einem nicht einmal gehört. In einer Rückblende schauen
wir in das prosperierende 19. Jahrhundert, welches zunächst ein großes
Bevölkerungswachstum zeitigte, um dann mit den industriellen Techniken die
entstandenen Probleme zu lösen und Wohlstand für die breite Bevölkerung zu
schaffen vermochte. Die - inzwischen verstaatlichten - Gerichte [2] wurden von
den Geschädigten angerufen, als die ersten Schornsteine die Nachbargrundstücke
mit ihren ungefilterten Emissionen erheblich störten und beeinträchtigten. Die
staatlichen Gerichte erkannten durchaus das Potential der modernen Fabriken und
wiesen die Kläger, trotz der offensichtlich unbestreitbaren Eigentumsverletzung
ab (und dies erstmalig in der Geschichte der Menschheit). Die Begründung: Die
modernen Fabriken dienen dem Gemeinwohl, die Emissionen sind im „öffentlichen
Interesse“ [3].

Dieses „öffentliche Interesse“ begegnet uns heute in einem
ähnlichen Zusammenhang bei der Beschulung unserer Kinder. Nicht mehr die
eigenen Eltern, sondern zunehmend staatliche Institutionen [4] erziehen die
nachwachsende Generation. Dies erfolgt, so die Bescheide der Schulbehörden, im
„öffentlichen Interesse“ [5]. Dabei ist Bildung etwas sehr Intimes, die Auswahl
der Bausteine, die ich zu meiner Bildung verbauen möchte, sollten mir nutzen,
nicht schaden [6]. Oft aber hört man als Argument für Schule, daß das Gute an
Schule das Schlechte sei [7]: Die Probleme der Schule befähigen angeblich die
Menschen an diesen zu reifen. Daß ein fauler Apfel im Obstkorb die umliegenden
Früchte verdirbt, wird verdrängt. Und: Freiwillig setzt sich niemand Schaden
aus. Deshalb greifen die fehlgeleiteten Politiker – wie so häufig – zu Gewalt
und Schulzwang[8]. Bewußt und gezielt werden junge Menschen verschmutzt, es
werden Dinge gelehrt, die ihnen schaden, sie sollen – statt ihren ihnen eigenen
Weg zu finden – demokratisch über andere bestimmen lernen [9]. Bestimmung statt
Berufung, danach trachtet das etatistische System, welches auf Befehl, nicht
auf Markt beruht [10]; ein System, welches „Volk“, „Mehrheit“ und Partei über
die Rechte des Menschen stellt. Sich selbst zu bilden und zu wählen, wie man
sich bildet, ist das vornehmste Recht des Menschen, auch das der jungen
Heranwachsenden. Auch die Leute des Staates haben kein Recht, ihm dieses Recht
zu nehmen und ihn in staatlich verweste Bildungsanstalten zu zwingen, die ihm
allzu oft schaden und immer Zeit stehlen.

Zum Schutze vor staatlicher Menschenverschmutzung im
angeblich „öffentlichen Interesse“ haben Kinder ihre Eltern. Niemand kann sie
so gut schützen und ihnen auf ihrem Weg helfen, wie die eigenen Eltern. Niemand
begleitet Kinder so aufwendig und liebevoll wie die eigenen Eltern [11]. Es gibt
Ausnahmen, die publikumswirksam verbreitet werden. Diese liegen aber im
Promillebereich [12] und immer waren Staatsleute involviert und nutzten nichts.
Wer sich die Mühe macht, dies auch nur zu verfolgen, erkennt dies leider
leicht.

Es ist verständlich, daß beflissene Politiker die
Staatsgewalt zu gebrauchen trachten, um Mißstände zu beseitigen. Sie greifen
dabei dann auf ein Instrumentarium zurück, das einzige, welches ihnen zur
Verfügung steht – die Staatsgewalt (Bertrand de Jouvenel: Über die
Staatsgewalt, 1969) -, welche mehr Schaden anrichtet, als nutzt. [13] Dies liegt
in der Natur der Sache: Wer den Eltern Verantwortung abnimmt, wird, derart
enteignet, verantwortungslose Eltern vorfinden. Wer Familienarmut
subventioniert, wird mehr Familienarmut erhalten (Mehr davon ist der Sinn von
Subventionen [14]). Wer Bildung monopolisiert, wird schlechtere Bildung
bekommen. Alle diese Gesetzmäßigkeiten sind bekannt [15]. Sie können auch nicht
via Staatsgewalt und bewaffneter Polizei ausgehebelt werden [16]. Eine Lösung der
gegenwärtigen und zunehmenden furchtbaren Menschenverschmutzung wird die
Rückbesinnung auf die Subsidiarität sein: eine – so gut wie Menschen möglich -
Verwirklichung von Eigenverantwortlichkeit, Kinderliebe, Nächstenliebe und
Engagement in der Gemeinschaft. Hier findet jeder seine Berufung.



Anmerkungen

[1] Milton Friedman: Kapitalismus und Freiheit

[2] Murray N. Rothbard: Eine neue Freiheit, S. 222

[3] ebenda, S. 248

[4] Bettina Kuß: Die Einführung der Schulpflicht als Folge
der Institutionalisierung von Schule, Studienarbeit 2005 im Seminar
Vergesellschaftung von Erziehung - Schule als Institution, Bergische
Universität Wuppertal

[5] Eine Vielzahl derart lautender Bescheide aus
verschiedenen deutschen Bundesländern liegen dem Autor vor.

[6] Lernen und Bildung: Verordneter Pluralismus?
bildungsfreiheit.net, 2006

[7] So Reinhold Beckmann im Gespräch mit Dagmar und Tilman
Neubronner, dazu E-Mail des Autors auf Anfrage. Siehe auch die unzähligen Fälle
von Bürokratiegewalt (Altensteig, Bautzen, Bremen, Erlangen, Hamburg,
Paderborn, Überlingen und viele weitere), Lehrergewalt, Schülergewalt und
Schulmobbing. In der Schule werden Handlungen akzeptiert, oft gutgeheißen, die
am Arbeitsplatz oder in der Öffentlichkeit selbstverständlich Strafanzeigen und
Schadenersatzforderungen zeitigen.

[8] schulzwang.info

[9] Siehe z.B. die Anzeige von Amnesty-International in
Union 01/2007.

[10] Roland Baader: Markt oder Befehl

[11] Siehe z.B. Unerzogen-Magazin.

[12] Nach Daten der polizeilichen Kriminalstatistik des BKA
betrifft grobe Vernachlässigung von Kindern (§ 225 StGB) ungefähr 0,07% der
Kinder.

[13] Suchte man früher die Staatsgewalt zu beherrschen und
zu begrenzen, indem man sich zum Beispiel eine Verfassung gab oder Gott
anerkannte, so nutzt man heute/gebraucht man heute die Staatsgewalt einfach zum
eigenen Vorteil, noch schlimmer: Parteien wettbewerben um die Staatsgewalt und
ihren größtmöglichen Gebrauch/Mißbrauch.

[14] Stefan Blankertz: Kritische Einführung in die Ökonomie
des Sozialstaates

[15] www.mises.de

[16] Erlanger Fall und Übergriff in Überlingen, im übrigen wandte sich schon 2005 der Bund der Kriminalbeamten offen gegen Schulzwang, siehe Die Welt vom 04.11.2005



Zum Verfasser des Artikels

Diplom-Verwaltungswirt Stefan Sedlaczek ist Chefredakteur von www.bildungsfreiheit.org, einer Publikation des Institutes für Wertewirtschaft (Wien).

Weitere Information: Stefan Sedlaczek