31.05.08
Kasernen, Bajonette, Helme und Soldaten - Werke der Toleranz?
Ein Plädoyer für solidarische Wachsamkeit von Demokraten und Christen
von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Paul Böhm, der Architekt der Kölner Großmoschee nannte Moscheen Bauwerke, die für Toleranz stehen. Sind Moscheen Werke der Toleranz, wie Böhm meinte, oder sind sie Werke der Islamisierung, wie es Kritiker befürchten?
Den Kritikern des Moscheenbaues hielt der Architekt Böhm in der Debatte um den Bau der Kölner Moschee einst entgegen: „Das kann ich gar nicht verstehen. Das ist doch auch Teil unserer demokratischen Kultur, dass das Prinzip der Gleichheit praktiziert wird. Was mich stört, ist eine Kritik, die sich irrationaler oder unqualifizierter Argumente bedient. Da werden dann persönliche Strukturen oftmals mit diffusen Vorbehalten wie Überfremdung oder Islamisierung, weltpolitischen Problemen wie Terror oder globalen Sorgen als Stellvertreter-Ängste für die Ablehnung des Moscheebaus instrumentalisiert."
Es ist Böhm ganz sicher zuzustimmen, dass Fremdenfeindlichkeit und Überfremdungsängste nicht instrumentalisiert werden dürfen und irrationale oder unqualifizierte Argumente auf Widerspruch stoßen müssen. Solche Vorbehalte dürften gegenüber den Worten des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan allerdings wohl kaum bestehen, dessen Rede in Köln am 11. Februar großen Protest auslöste. Er äußerte sich beispielsweise auch 1997, damals als Oberbürgermeister Istanbuls, öffentlich über Moscheen und zitierte aus einem Gedicht des Vordenkers des türkischen Nationalismus Ziya Gökalp, in dem es heißt: „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten. Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufspringen, bis wir am Ziel sind."
Ob es statthaft ist soweit zu gehen, wie es in der neuesten Ausgabe des ACP-Magazines erscheint, in der die Islamisierung Deutschlands - in Anlehnung an eine Überspitzung im CICERO - als Projekt des türkischen Staates bezeichnet wurde, ist vermutlich eine sehr umstrittene Frage. Unbestreitbar ist hingegen wie der ACP berichtet , dass die derzeit rund 2500 Moscheen Eigentum der - im Grundbuch eingetragenen - Ditib sind (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) und damit letztlich dem türkischen Staat gehören. Es ist auch nicht zu bestreiten, dass auf diese Weise regelmäßig rund 500 bis 600 Ditib-Imame in Deutschland tätig sind, von der Türkei bezahlt und von ihr angeleitet und überwacht werden. „Die Ditib-Imame sind Staatsfunktionäre, die zugleich die Lehren des Islam und politische Ziele der türkischen Regierung, also einen „Staatsislam" verkünden. Selbst die Freitagsgebete werden in Ankara formuliert.", schreibt der ACP. Das diese Zusammenhänge nicht ausschließlich als Quell der Freude einer gottesfürchtigen Religiosität und toleranten Humanität betrachtet werden können, wurde bereits mehrfach schmerzlich erfahren, wie jüngst bei der Ausladung der Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher, als man die Freiheit der Rede und Wissenschaft den scharfen Attacken aus moslemischen Kreisen opferte (MEDRUM-Artikel 24.05.08).
Vor diesem Hintergrund dürfte es zumindest verständlich zu sein, wenn Kritiker ihrerseits Paul Böhm vorhalten, er habe sich unqualifizierter Argumente bedient. Demokratische Christen dürfen es gerade auch um der Glaubensfreiheit willen nicht hinnehmen, wenn die Demokratie instrumentalisiert wird. Das ist eine Lehre aus der deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts. Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit, möchte man Paul Böhm stellvertretend für alle entgegenhalten, die Bestrebungen aus islamischem Kreis in falschverstandener Toleranz oder Sorglosigkeit Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellen. Ihm kann allerdings zugute gehalten werden, dass er es vermutlich eher als seine Aufgabe verstanden hat, den Baufortschritt zu überwachen. Dafür wurde er bezahlt. Für eine Wachsamkeit in der Demokratie hingegen ist mit keiner Entlohnung zu rechnen.
Den Preis für mangelnde Wachsamkeit bezahlen indes alle Demokraten. Was hat es geholfen, dass allein die SPD im Deutschen Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte? Bedauerlicherweise nichts. Auch sie und mit ihr alle Sozialdemokraten und Deutschen wurden in die bittere Mithaftung aller Deutschen genommen. Das war und bleibt eine unausweichliche Konsequenz der kollektiven Verantwortung, die zugleich als Appell an Intellekt und Vernunft, - nicht an Instinkte - verstanden werden muss, Demokratie solidarisch zu bewahren. Seien wir also tolerant und wachsam zugleich.
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