21.08.08
Deutsche Geburtenrate gehört unverändert zu den niedrigsten Geburtenraten Europas
Notizen zu den neuesten Zahlen der amtlichen Statistik
von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Im Jahr 2007 kamen in Deutschland 685.000 Kinder zu Welt, teilte gestern das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Die durchschnittliche Kinderzahl betrug 1,37 Kinder pro Frau.
Im Jahr 2007 hat sich die Geburtenrate auf der zweiten Stelle nach dem Komma verändert, genau besehen um vier Hundertstel, nämlich um 0,03 von 1,34 auf 1,37. Im Jahr 2006 betrug die Zahl der geborenen Kinder etwa 673.000 Kinder. Bei jüngeren Frauen sei die Geburtenrate zurückgegangen. Der Zuwachs um Hundertstel erklärt sich den Angaben des Bundesamtes zufolge durch ein Geburtenplus bei den Frauen im Lebensalter zwischen 30 und 40 Jahren.
Wie idea berichtet, hat die Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Geburtenentwicklung positiv kommentiert. Von der Leyen hat die Zahl der Geburten vor allem unter dem Aspekt "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" betrachtet. Verbesserte Perspektiven der Frauen im Berufsleben, Ausbau der Kinderbetreuung, Elterngeld und die geplante Erhöhung des Kindergeldes sind demnach von der Ministerin als positive Faktoren einer Zuwachsrate genannt worden, die familien- und kinderfreudigen Menschen noch keine wirklich großen Hoffnungen machen kann.
Zum zeitlichen Kontext der neuesten Zahlen: Die Jahre 2006 und 2005 markierten ein Rekordtief mit Geburtenzahlen von 676.000 und 673.000. Die Zahlen für 2007 markieren demgegenüber zwar ein leichtes Plus, liegen aber ebenso noch deutlich unter der Zahl des Jahres 2004, in der 706.000 Neugeborene in Deutschland zu verzeichnen waren. Das Tief der vergangenen Jahre ist also nur geringfügig übertroffen worden.
Bei der Olympiade markieren 4 Hundertsel oft den entscheidenen Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage. Nicht so bei den Geburtenzahlen. Im Vergleich zu anderen Ländern Europas steht Deutschland dementsprechend unverändert schlecht da. Die Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner des Landes beträgt in Deutschland seit Jahren zwischen 8 und 9 Geburten, während in anderen Ländern wie Frankreich und Großbritannien mehr als 12 Kinder pro 1000 Einwohner jährlich geboren werden. An diesen grundsätzlichen Verhältnissen hat also auch der Zuwachs bei der Geburtenrate um einige Hundertstel nichts geändert. Den Analysen von Eurostat zufolge gehört Deutschland bei der Geburtenzahl zu den Schlußlichtern in Europa. Auch ein Vergleich mit dem Nachkriegsjahr 1946 macht deutlich, wo wir heute stehen. Damals betrug die Zahl der Geburten in Deutschland 922.000 Geburten. Kaum jemand dürfte die materiell ärmlichen Lebensverhältnisse dieses Jahres herbeisehnen. Es wäre heute jedoch höchst erfreulich, wenn die damalige Zahl der Geburten heute oder in naher Zukunft erreicht werden würde. Die Geburtenrate hätte dazu nicht um 4 Hundertstel, sondern um 5 Zehntel ansteigen müssen. Aber selbst dann würde sie jetzt 1,84 Kinder pro Frau betragen und läge immer noch unterhalb der Schwelle, die für die Regeneration einer Gesellschaft erforderlich ist.
Ob zum Beispiel der Ausbau von Kinderkrippen an unseren deutschen Verhältnissen wirklich etwas ändern wird, bleibt abzuwarten und darf zumindest bezweifelt werden. Das deutsche Familiennetzwerk, das sich für die Stärkung der Familien ausspricht, dürfte von Kinderkrippen jedenfalls kaum eine Besserung bei den Geburtenzahlen erwarten. Es hat nämlich dieses Jahr zum Stopp des Krippenausbaus aufgerufen. Auch von der Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe, die dem Bundestag von Sachverständigen und Experten vorgeschlagen wurde, ist - unbeschadet von der Einführung eines Adoptionsrechtes - ebenso wenig Besserung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft zu erwarten, wie durch eine Einführung besonderer Grundrechte für Kinder. Vielleicht aber wäre die Abschaffung des Gender Mainstreaming und die Einführung eines Wahlrechtes für Kinder und Familien ein erster Schritt in die richtige Richtung.
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Leserbriefe
Geburtenzahlen
Die Zahl der Geburten hängt auch immer von der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter ab.
Nach den Jahren 1965-1970 kam der berühmte "Pillenknick"; mit meinen 40 Jahren gehöre ich mit "überdurchschnittlichen" 2 Kindern zu diesen geburtenstarken Jahrgängen.
So kann es nicht überraschen, wenn die aktuellen Geburtenzahlen nicht stabil sind.
Irgendwo habe ich aber gelesen, man solle aus lauter Lamento über die nicht geborenen Kinder nicht vergessen, sich um die vorhandenen - und deren Eltern - zu freuen und zu kümmern. Dem stimme ich zu.
Wenn ich allerdings in meinem Bekanntenkreis eine alleinerziehende kinderreiche Mutter und eine alleinstehende Frau sehe, die letztens, nach kurzer "Arbeitsphase" ihre Arbeit wieder verloren hat - beide haben keine Möglichkeit, ihr Leben finanziell irgendwie geregelt zu bekommen - macht mich das sehr betroffen. Ich denke an die Managergehälter von bis zu 30 Mill. im Jahr - und wievielen Menschen man durch Teilen das Leben doch erleichtern könnte... .
Fangen wir bei uns an, packen mit an, wenn wir Not und Schwierigkeiten um uns herum sehen.
Vielleicht freut sich eine junge Mutter über das Angebot, mal eine Weile mit einem "schwierigen" Kind zu spielen, oder ähnliches. Nicht gleich "denunzieren" und dem Jugendamt melden, sondern integrierend auf Menschen zugehen, Zivilcourage zeigen, Nächstenliebe - das ist heute wichtig wie selten!