14.03.09
Gender Mainstreaming im Programm der EKD
Gleichstellung, Geschlechterdemokratie und "Geschlechtergerechtigkeit als Ausdruck biblischer Gerechtigkeit"
(MEDRUM) Die in der Regierungszeit der Rot-Grünen Koalition eingeführte Strategie des Gender Mainstreaming, mit der durch den Staat die Gender-Ideologie in der Gesellschaft durchgesetzt werden soll, ist auch zum festen Bestandteil der Gedankenwelt in der EKD geworden.
Auf einer Tagung "Zukunftsprojekt oder Luxus?" am 20. und 21. März beschäftigt sich die EKD mit der "Geschlechtergerechtigkeit in der Evangelischen Kirche". Die Gleichstellung der Geschlechter in Kirche und Gesellschaft ist schon seit 20 Jahren ein wichtiges Thema in der EKD. Mit den Synodenbeschlüssen von Bad Krozingen im Jahr 1989 und dem Beschluß der Leipziger Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen (BEK) im Jahr 1990 habe man endgültig mit kulturellen und religiös begründeten Traditionen gebrochen, die die Diskriminierung von Frauen in Kirche und Gesellschaft über Jahrhunderte hinweg legitimiert hätten, heißt es in der Ankündigung der jetztigen Tagung. Ein Symposium soll Antworten geben, wie Männer und Frauen in der Kirche beheimatet werden können, die neue Lebensentwürfe jenseits der traditionellen Männer- und Frauenrollen leben wollen.
Dazu spricht insbesondere die Landesbischöfin Margot Käßmann zum Thema "Perspektiven der Geschlechtergerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft", die als Bischöfin in die Schlagzeilen geriet, als sie sich von ihrem Mann 2007 scheiden ließ, und die ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Christine Bergmann, die von 1998 bis 2002 dem Kabinett von Gerhard Schröder angehörte. Bergmann wird zum Thema "Instrumente zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit im Wandel. Perspektiven für die Gleichstellungsarbeit" sprechen. Im Hauptteil der Tagung werden unterschiedliche Aspekte der Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit in vier Foren behandelt.
- Forum 1: Nach vorn oder zurück?
Geschlechtergerechtigkeit in der weltweiten Ökumene
- Forum 2: Kulturelle Normen und Geschlechtergerechtigkeit - ein Gegensatz?
Perspektiven für eine multikulturelle Gesellschaft
- Forum 3: Alte Gräben oder neue Brücken?
Rollenarrangement und Zeitmanagement in Bewegung. Perspektiven für das Geschlechterverhältnis
- Forum 4: „Good will" oder „sanktionsbewehrte Normierung"?
Instrumente zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit im Wandel. Perspektiven für die Gleichstellungsarbeit
Als Mitveranstalter tritt erstmals das EKD-weite "Evangelische Zentrum Frauen und Männer" in die Öffentlichkeit. Es wird seit 2009 von den eigenständigen Verbänden "Männerarbeit der EKD" und "Evangelische Frauen in Deutschland" getragen. Daher wird auch die Gemeinschaft Männerarbeit der EKD als Mitveranstalter mitwirken. Sie wird durch Pfarrer Heinz-Georg Ackermeier, Theologischer Vorsitzender der Männerarbeit der EKD und Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der Ev. Kirche von Westfalen, Iserlohn, sowie durch Rainer Volz, Leiter der Männerarbeit der Ev. Kirche im Rheinland, Düsseldorf, vertreten sein.
Die Thematik der jetzigen Tagung bettet sich in das Dachkonzept des Gender Mainstreaming ein, das schon seit einiger Zeit Eingang in die Gedankenströmung der Evangelischen Kirche gefunden hat. So hat die Synode der Nordelbischen Kirche (NEK) auf ihrer Sitzung im Februar 2004 beschlossen, in einem Prozess das "Gender Mainstreaming Verfahren" in ihrer Kirche einzuführen. Dieser Strategie hatte sich auch das Bischofkollegium der Nordelbischen Landeskirche im Jahr 2007 für die Umsetzung der Gender-Ideologie angeschlossen. Das Bischofskollegium stellte dazu fest: "Damit sind die Geschlechterrollen im Blick auf mehr Geschlechtergerechtigkeit veränderbar. Mit der Umsetzung des Gender Mainstreaming Verfahrens wird systematisch dieses Ziel verfolgt. ...Die Dienststellenleitungen an den unterschiedlichen Orten unserer Nordelbischen Kirche sind eingeladen, ihr passgenaues Modell zur Umsetzung des Gender Mainstreaming Verfahrens zu finden." Mit dem Beschluss der Nordelbischen Synode vom Februar 2004 wurde die Einführung von Gender Mainstreaming verpflichtend, so die Gender-Beauftragte der NEK.
Die praktische Stellenwert der Gender Mainstreaming Strategie für die EKD wird an einer Broschüre deutlich, die unter der Überschrift "Das alles ist möglich" von der ehemaligen Gender-Beauftragten der nordelbischen Landeskirche und Juristin Ingeborg Kerssenfischer herausgegeben wurde. Darin wurden die Kirchenkreise, Kirchengemeinden und Dienste, Werke und Einrichtungen aufgerufen, Modellprojekte für die Implementierung der Gender-Ideologie zu entwickeln. So wurden Geschlechterrollen in allen Bereichen zu einem zentralen Bestandteil bei Entscheidungen und Prozessen gemacht. Zu diesen Projekten gehören ebenso Projekte, die sich entweder ausschließlich an Frauen oder Männer wenden.
In diesen Ansatz hat sich auch die Männerarbeit der EKD eingebunden. Sie sieht in der Gender Mainstreaming Strategie eine deutliche Akzentverschiebung des Feminismus. Ebenso wie der Beschluß der NEK geht auch die Männerarbeit der EKD von dem grundlegenden Axiom der Gender-Ideologie aus, die Rollen der Geschlechter seien veränderbar, und stuft die Vorstellung, dass der vorherrschende männliche Lebensentwurf die Norm bilde, als Ideologie ein. Ziel sei es, heißt es in einem Thesenpapier, das die Mitgliederversammlung der Gemeinschaft der Männerarbeit der EKD am 08.05.2003 in Hannover verabschiedet hatte, demokratische Verhältnisse zwischen Männern und Frauen herzustellen und die Geschlechterdemokratie zu implementieren. Hierachien und Unterordnungen sollen analysiert, reflektiert und gezielt verändert werden. Die Arbeitsgemeinschaft will dabei eine "hegemoniale" Männlichkeit überwinden und ein positives Männerbild entwickeln. "Die aktive Gestaltung des Geschlechterverhältnisses soll Bestandteil des politischen Prozesses werden", so das Thesenpapier (im Anhang beigefügt).
Die Arbeitsgemeinschaft der Männerarbeit der EKD hat sich für eine Umsetzung der politischen Strategie der Gender-Ideologie in der Männerarbeit in der EKD ausgesprochen. Dem biblischen Wort "... und schuf sie als Mann und Frau..." wurde der politische Strategiebegriff "Gender Mainstreaming" an die Seite gestellt. Damit will die Männerarbeit verdeutlichen, dass sie sich für ein Geschlechterverhältnis einsetzt, das auf der Verschiedenheit und Gleichwertigkeit von Männern und Frauen beruhe, das an die Bibel anknüpfe. Dabei soll die Gender-Ideologie Instrument sein, um
- eine neue Qualität der Gemeinschaft von Männern und Frauen in der Kirche anzustreben
- neue Leitbilder zu erstellen und Prioritäten zu bestimmen
- Geschlechtergerechtigkeit als Ausdruck der biblischen Vorstellung von Gerechtigkeit zu definieren.
Veranstalter der EKD-Tagung in Hannover sind das aus der Frauenarbeit stammende Referat für Chancengerechtigkeit der EKD und das Evangelische Zentrum Frauen und Männer.
Veranstaltungsorte sind der Neustädter Hof und die Stadtkirche St. Johannis sowie das Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers in 30169 Hannover. Beginn ist am 20. März 2009, 13.00 Uhr, und Ende am 21. März 2009, 13.00 Uhr. Weitere Information über die Veranstaltung ist im Anhang beigefügt.