03.10.17
Steinmeiers Einheitsrede zur Causa AfD
Am Tag der Deutschen Einheit: Keine Rückkehr zum Nationalismus und kein Schlussstrich mit der Geschichte
(MEDRUM) Zum Tag der Deutschen Einheit machte Bundespräsident Steinmeier in seiner Rede am 3. Oktober 2017 in Mainz klar, wo Mauern stehen. Er sprach sich gegen jede Rückkehr zum Nationalismus und gegen einen Schlussstrich mit der Geschichte aus.
Im Fokus von Bundespräsident Steinmeiers Rede stand der Wahlausgang vom 24. September mit seinen Folgen. Das Staatsoberhaupt hielt eine Rede zur Causa AfD, ohne die AfD namentlich zu erwähnen. Der Wiesbadener Kurier berichtete über Steinmeiers Rede unter der Überschrift "Einheitsfeier in Mainz: Steinmeiers Rede gegen Mauern, gegen Nationalisten und Schlussstrich-Zieher". Man dürfe nicht so tun, als wenn da nichts geschehen sei, meinte Steinmeier. Vor allem dürfte das Wahlergebnis nicht nur bei Parteien, Fraktionen und Koalitionsverhandlungen abgeladen werden, denn das Signal sei an alle Deutschen gegangen und diese müssten es auch beanworten. Zwar sei die große Mauer quer durch unser Land weg, aber am 24. September sei deutlich geworden, dass andere Mauern entstanden seien, die unserem gemeinsamen "Wir' im Wege stünden, er meine vor allem die Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung, Wut, hinter denen tiefes Misstrauen gegenüber der Demokratie und ihren Repräsentanten, dem sogenannten "Establishment" geschürt werde. Und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gerichtet, meinte Steinmeier, sie könnten der Demokratie jetzt einen großen Dienst erweisen und zeigen, dass Demokraten die besseren Lösungen haben als die, die Demokratie beschimpften. Sie könnten beweisen, dass durch den Tabubruch vielleicht der nächste Talkshowplatz gesichert sein könne, aber noch kein einziges Problem gelöst sei. Mit diesen Worten griff Steinmeier seine Kritik an den Medien auf, denen er erst vor wenigen Tagen eine Mitschuld für das Erstarken der AfD gab, weil diejenigen, die für jede neue Provokation eine neue Einladung in eine Talkshow erhielten, sich zum Provozieren ermuntert fühlten.
Auch die Kontroverse um die Flüchtlingspolitik nahm Steinermeier in den Blick. Er machte deutlich, dass gerade die Deutschen aufgrund ihrer Geschichte der humanitären Hilfe verpflichtet seien. Steinmeier forderte darüber hinaus, dass Deutschland sich Gedanken machen soll, wie viel Zuwanderung es will und auch brauche. Dazu gehöre, sich Migration nicht wegzuwünschen, sondern durch Definition legaler Zugänge zu steuern und zu kontrollieren. Wenn sich die Politik sich dieser Aufgabe annehme, gebe es eine Chance, die "Mauern der Unversöhnlichkeit" abzutragen. Ebenfalls nicht verhandelbar sei in dieser deutschen Demokratie das Bekenntnis zu unserer Geschichte, die für heranwachsende Generationen bleibende Verantwortung bedeute. Zum Deutsch-Sein gehöre die Absage an jedes völkische Denken, an Rassismus und Antisemitismus, und gehöre die Verantwortung für die Sicherheit Israels. Steinmeier: "Die Verantwortung vor unserer Geschichte kennt keine Schlussstriche – ich füge hinzu: erst recht nicht für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages."
Zu oft habe er nach der Bundestagswahl gelesen, viele Menschen seien enttäuscht von Deutschland, von der Demokratie und ihren Institutionen. Er sei überzeugt, dass das Deutschland geschaffen werden könne, das sich die überwältigende Mehrheit der Deutschen wünsche. Durch eine Politik, die die Zukunft in die Hand nehme und offene Fragen nicht wegmoderiere, könne ein demokratisches, weltoffenes und europäisches Land geschaffen werden, das zusammenhalte.