Markus Lanz: Gesprächsrunde zum Thema "Kind um jeden Preis"
Programmhinweis
Heute, 3. Juli, um 00.00 Uhr sendet das ZDF die Gesprächsrunde mit "Markus Lanz" zum Thema: "Kind um jeden Preis". Als Gäste sind geladen:
Felicitas Schirow
wollte unbedingt ein Kind, obwohl sie unfruchtbar ist. Die 51-Jährige fand eine Eizellenspenderin, ließ sie von ihrem Mann befruchten und in ihre Gebärmutter einpflanzen. Weil dieses Verfahren in Deutschland verboten ist, wurde der Eingriff in Tschechien vorgenommen. Vor drei Monaten wurde dann Sohn Luca Joel geboren. Warum die glückliche Mutter die Strapazen der schwierigen Schwangerschaft und Kosten in Höhe von 50.000 Euro für den Nachwuchs auf sich nahm, erzählt sie Markus Lanz.
Prof. Dr. med. Heribert Kentenich
setzt sich für die Lockerung des Embryonenschutzgesetzes ein. Der Reproduktionsmediziner hat schon etwa 1000 Müttern mit Hilfe von künstlicher Befruchtung zu Kindern verholfen.
Dr. Giovanni Maio
ist Professor für Bioethik. Der Ethiker hält eine Lockerung des deutschen Embryonenschutzgesetzes für nicht vertretbar und spricht sich gegen eine Selektion im Reagenzglas aus.
In der Auseinandersetzung mit der Reproduktionsmedizin wird sich Dr. Giovanni Maio für den Embryonenschutz aussprechen, da die Reproduktionsmediziner durch neue Verfahren überzählige Embryonen in Kauf nehmen wollen, um ihre Schwangerschaftsraten zu steigern. Er hofft, dass die Diskussion ihm die Gelegenheit dazu geben wird, seinen kritischen Standpunkt zu diesen lebensgefährdenden Techniken adäquat zu vertreten und würde sich freuen, wenn möglichst viele die Diskussion verfolgen würden.
Aussagen des Deutschen
Ethikrates zum menschlichen Leben
aus dem Jahr 2001
„... besteht zwar Einigkeit darüber, dass der Schutz menschlichen Lebens ein vorrangiges
moralisches und verfassungsrechtliches Gebot darstellt; Uneinigkeit herrscht
aber über die
Reichweite des Schutzanspruchs, der menschlichem Leben während seiner frühen embryonalen
Entwicklung zukommen sollte.
...“
„Entscheidende Bezugspunkte sind die
Unantastbarkeit der Menschenwürde und die grundlegende Bedeutung des
Lebensschutzes. Auch wenn im Nationalen Ethikrat, nicht anders
als in Gesellschaft und Politik, die Meinungen darüber
auseinander gehen, ob der Embryo im frühesten Stadium Träger der Menschenwürde
ist und welche Konsequenzen für seinen Anspruch auf Lebensschutz daraus zu
ziehen sind, besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die Würde des
Menschen verbietet, Embryonen vor der Nidation
[1]
für beliebige Zwecke zu verwenden.“
„Denn die Stammzellgewinnung erfolgt in den
ersten Tagen nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle, also vor dem
Zeitpunkt, zu dem bei ungestörter natürlicher Entwicklung die Einnistung in die
Gebärmutterschleimhaut (Nidation) beginnt. Aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2
Satz 1 GG lässt sich weder ein Würdeschutz noch ein »absoluter« Lebensschutz
dieses frühen embryonalen Lebens ableiten. Die gegenteilige Auffassung vermengt
nicht allein die Gewährleistungsgehalte beider
Normen; sie übergeht insbesondere auch die zentrale Frage nach der
Rechtsträgerschaft, also den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um in vollem
Umfang am Lebens- oder auch Würdeschutz teilzuhaben.“
„Insgesamt zeigt sich, dass dem Grundgesetz das
Konzept eines individuellen Grundrechtsschutzes und der allgemeinen
Rechtsordnung das Konzept eines vorgeburtlich abgestuften Lebensschutzes zugrunde
liegt, das im Einklang mit begründeten ethischen Überzeugungen und unseren
moralischen Intuitionen steht.“
„Für eine entsprechende
normative Betrachtung
zum Beginn des Lebens ist konstitutiv, dass sowohl unseren ethischen Grundüberzeugungen als auch den
einschlägigen Rechtsregeln Stufungen der moralischen Wertung und
des rechtlichen Schutzes zugrunde liegen, die den Phasen der
Entwicklung
menschlichen Lebens entsprechen. In
allen entwickelten Rechtsordnungen wird die Tötung eines geborenen Menschen stärker bestraft als die eines
Ungeborenen. Ein sieben Monate alter Fötus genießt stärkeren
rechtlichen Schutz und größeren moralischen Respekt als ein Embryo drei Wochen nach der Nidation. Mit der Geburt wird der moralische Respekt unbedingt, und das Lebensrecht lässt
dann Abwägungen und Differenzierungen grundsätzlich nicht mehr zu.“
Für die hier zu betrachtende Entwicklungsphase noch vor der
Nidationsfähigkeit gilt, dass wir es dabei zwar mit artspezifischem
menschlichen Leben (human life), noch nicht aber mit individuellem und personalem Leben (human being) zu tun haben.
Bis zur Ausbildung des so genannten Primitivstreifens (12.–14. Tag nach der
Befruchtung) besteht die Möglichkeit
der Mehrlingsbildung eines jeden so definierten Embryos. Zumindest bis zu
diesem Zeitpunkt hat sich noch kein individueller Mensch entwickelt, der allein
als Träger von Grundrechten in Betracht kommt. Dem lässt sich nicht überzeugend
das so genannte Potenzialitätsargument
entgegenhalten, wonach die in der embryonalen Frühform angelegte
Möglichkeit, zu einem Menschen heranzuwachsen, genügen soll, um diese unter den
vollen Schutz des Lebensrechts zu stellen.
Das Potenzialitätsargument mag zwar
ausreichen, um einen »besonderen« Status des Embryos zu rechtfertigen, kann aber nicht einen moralischen und rechtlichen Status begründen, der mit dem eines
Fötus oder geborenen Menschen
vergleichbar wäre. dass mit der
Festlegung des genetischen Programms diese Frühform embryonalen Lebens bereits in rechtsethisch entscheidender
Weise mit dem geborenen Menschen, zu dem sie sich entwickeln könnte, identisch ist. Diese These würde verkennen, dass der Mensch mehr ist als die Summe seiner Gene
und dass seine Identität sich nicht im Vollzug seines genetischen Programms erschöpft: Auch eineiige Zwillinge sind
genetisch identisch, ohne dieselbe personale Identität zu besitzen.“
„In der ethischen Diskussion wird weiter
vertreten, schon der frühe Embryo sei aufgrund seiner
Gottesebenbildlichkeit ebenso zu schützen wie der geborene
Mensch. Doch beruht diese Sicht auf religiösen Glaubenssätzen über Schöpfung und Schöpferwillen, die zwar Respekt und Achtung verdienen,
aber nicht das Fundament einer
allgemeinverbindlichen säkularen Moral und entsprechender
Rechtsregelungen bilden können.“
„Schließlich leuchtet auch das Argument nicht ein, die Verschmelzung
von Ei- und Samenzelle sei der einzige willkürfrei zu bestimmende Einschnitt in
einem ansonsten kontinuierlich ablaufenden Prozess der Entstehung menschlichen
Lebens. Von zumindest gleicher, wenn nicht höherer Evidenz ist etwa die
Nidation, die aus dem Embryo erst eine »Leibesfrucht« macht und unabdingbare
Voraussetzung seiner weiteren Entwicklung ist. Setzt man die Zäsur für den
Lebensschutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hier, so cum grano salis zu einem
Zeitpunkt, an dem aus artspezifischem menschlichen Leben ein biologisch
individualisierter Embryo geworden ist.“
„Doch selbst wenn man den grundgesetzlichen Lebensschutz bereits mit
dem Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnen lässt, schließt
dies nicht aus, dass der Gesetzgeber einen abgestuften vorgeburtlichen
Lebensschutz auf den Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG stützt. Im
einen wie im anderen Fall nimmt man eine jener vielen Stufungen vor, die
verbreiteter moralischer Empfindung und ethischer Beurteilung entsprechen und
die in allen Rechtsordnungen etwas ganz Selbstverständliches sind. An solchen
Stufungen ist auch die bundesdeutsche Rechtsordnung reich, wie dies nicht
zuletzt die den Schwangerschaftsabbruch regelnden Normen (insbesondere die
Dreimonatsfrist für den Abbruch nach erfolgter Beratung) und die Zulässigkeit
des Gebrauchs von so genannten Nidationshemmern (Spirale) zum Ausdruck
bringen.“
„Postuliert man hingegen für Embryonen in vitro den gleichen Lebens- und Würdeschutz wie für geborene Menschen, so zieht das schwerwiegende und nicht zu rechtfertigende rechtliche Wertungswidersprüche nach sich. Denn nach dem
derzeit geltenden und verfassungsrechtlich unumstrittenen Recht ist die Verwendung nidationshemmender
Mittel, die befruchtete Eizellen an der Einnistung hindern und somit
Embryonen abtöten, uneingeschränkt
möglich. Dieser Befund wird auch nicht dadurch
infrage gestellt, dass die Nidationshemmer vielleicht in vielen Fällen schon die Befruchtung
verhindern. Der Gesetzgeber ging
seit jeher davon aus, dass die Nidation gehemmt wird, und hat dies ebenso für zulässig erklärt wie das
Bundesverfassungsgericht in seiner einschlägigen Judikatur.“
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