20.08.11
Die Deutschen ein Volk von Kranken?
"Vorsicht Operation!" In neuem Internetportal warnen Ärzte vor überflüssigen Operationen
(MEDRUM) Mehr als 18 Millionen Bundesbürger haben sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2010 in eine stationäre Krankenhausbehandlung begeben. Das sind mehr als 22 Prozent der Gesamtbevölkerung (jeder Fünfte). Zugleich warnen namhafte Ärzte vor überflüssigen Operationen.
Die Zahl der Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt hat mit mehr als 18 Millionen Menschen eine neue Rekordmarke erreicht. Knapp acht Tage verbrachten die Patienten im Durchschnitt in einem von mehr als 2000 Krankenhäusern. Etwa eine Million Menschen, davon 827.000 Vollkräfte, waren damit beschäftigt, die Patienten während ihres Krankenhausaufenthaltes zu betreuen. Das heißt: 2 von je 100 Erwerbstätigen in Deutschland sind mit der Betreuung von Krankenhauspatienten beschäftigt. Für die stationäre Unterbringung der Patienten standen mehr als 500.000 Betten zur Verfügung. Das reicht sogar für 182 Mio. Bettentage oder 18 Millionen Patienten mit einer durchschnittlichen Liegedauer von 10 Tagen.
Die große Zahl betreuter Krankenhauspatienten kann nicht unbedingt als ein Indikator für eine gute Gesundheitsversorgung angesehen werden. Eine Gruppe namhafter deutscher Chirurgen trat vor einigen Tagen an die Öffentlichkeit und sagten: Viele OPs in Deutschland sind überflüssig.Sie haben jetzt ein Internetportal gegründet, das Patienten beraten will: "Vorsicht Operation", heißt das neue Portal. Beispielsweise sagen die Ärzte zum Thema Knieoperationen: "Studien aus Deutschland und den USA belegen jetzt, dass ein Drittel dieser Operationen überflüssig ist." Diese Tatsache ist nicht nur mit Blick auf die Kosten, sondern besonders auch hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken von Bedeutung, die mit jeder Operation verbunden sind.
Neues Ärzteportal → www.vorsicht-operation.de
Leserbriefe
Unheilbar krankes Gesundheitswesen
Immer wieder erfüllt sich das Wort Gottes, dass die Geld-/Habgier die Wurzeln allen Übels ist.
Mein Mann ist seit über 40 Jahren an Morbus Bechterew erkrankt. Aufgrund der Schmerzen hat er jahrzehntelang Rheuma- und Schmerzmedikamente eingenommen, u.a. auch Diclofenac. Im letzten Jahr hatten sich dadurch Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre gebildet. Da er diese Medis nicht mehr nehmen darf, wurde ihm ein Schmerzpflaster (Morphium) verabreicht. Allerdings führte dies auch nicht zur erheblichen Linderung der Schmerzen, hinzu kamen verstärkte Depressionen trotz Antidepressiva.
So ging mein Mann in eine Schmerzklinik im Frühjahr dieses Jahres. Dort wurde das Schmerzpflaster am 1. Tag des Aufenthaltes sofort abgesetzt und ihm mehrere starke Medikamente verabreicht. Hier stellte sich schon die Frage, inwieweit durch diesen "Giftcocktail" Wechselwirkungen entstehen. Auch diese "umfangreiche Schmerztherapie", die im Prinzip nur aus einer Anzahl von Medikamenten bestand, wurde keine große Verbesserung erreicht. Dies hätte dazu führen müssen, dass weitere Untersuchungen erfolgen, wo das Gallenleiden hätte festgestellt werden können. Nach ca. 4 Wochen bekam mein Mann nachts eine Gallenkollik. Wir verständigten den diensthabenden Arzt, der es nicht für nötig hielt, zu kommen, da mein Mann bereits ein Paracetamol-Zäpfchen genommen hatte (im Nachhinein haben wir festgestellt, dass er Paracetamol nicht bei den eingenommenen Medikamenten hätte nehmen dürfen). Mein Mann musste dann wegen den Beschwerden fast alle Medikamente absetzen, was u.a. zu einem Entzug führte, der ihn bald in eine Psychiatrie gebracht hätte.
Ich möchte nicht wissen, wieviele Menschen durch Nebenwirkungen u.a. in Psychiatrien landen. Nur mit Gottes Hilfe und unterstützendem Gebet konnte dies verhindert werden. Letztlich hatte mein Mann so große Beschwerden, dass er nichts mehr essen konnte und wiederum in ein Krankenhaus musste. Dort wurden umfangreiche Untersuchungen unternommen und festgestellt, dass "etwas" an der Galle sei, was nicht hingehört (evtl. ein Carzinom oder Abzess). Mein Mann wurde dann an der Galle operiert. Es war eine sehr komplizierte OP. Es mussste auch noch 2 Tage später eine weitere OP erfolgen, da er innere Blutungen hatte. Die Chirurgen sagten, dass die Gallenblase fast aufgelöst war und dies eine "längere Sache" sei. Daher hatte mein Mann auch trotz der ganzen Medikamente immer noch große Schmerzen. Die OP war lebensnotwendig. Vielleicht hätte sie vermieden werden können, wenn beim ersten stationären Krankenhausaufenthalt eine präzisere Diagnose gestellt worden wäre und wenn die Schmerzklinik nicht so extreme Schmerzmedikamente verabreicht hätte. Auch der Hausarzt war sehr oberflächlich mit der Behandlung.
Viele Ärzte nehmen sich keine Zeit mehr für die Patienten. Sie nehmen den Rezeptblock und schreiben Medikamente auf, so dass ich mir manchmal die Frage stelle, ob die meisten von ihnen lediglich "Pharma-Agenten" sind. Sicherlich dürfen die Ärzte nicht alle über einen Kamm geschoren werden, mit meiner Hausärztin bin ich sehr zufrieden, aber vor allem durch die Gesundheitsreform sind die Ärzte bestrebt, so viel Patienten wie möglich täglich "durchzuschleusen". Auch fehlt vielen die Berufung zum Arzt; Mediziner zu sein reicht einfach nicht aus. Letztlich werden durch die vielfach oberflächlichen Behandlungen - Symptombehandlung und nicht Wurzelbehandlung! - mehr Kosten im Gesundheitswesen herbeigeführt.
Ich habe ein Zitat gelesen, was die Wahrheit über das Gesundheitswesen sehr gut zum Ausdruck bringt: "Eine Gesellschaft, in der das Geschäft mit der Krankheit zu einem einträglichsten hat werden können, ist selber krank." Kurt Marti (* 31. Januar 1921 in Bern), ein Schweizer Pfarrer und Schriftsteller.